EU will Patentschutz der Corona-Impfstoffe nicht aussetzen

Vorstoß von US-Präsident Joe Biden verpufft

Indien und Südafrika haben bereits im Oktober 2020 bei der Welthandelsorganisation (WTO) einen Antrag zur vorübergehenden Aussetzung des Patentschutzes der Impfstoffe gestellt. In der vergangenen Woche trat US-Präsident Joe Biden als Unterstützer der Forderung auf. Wir erklären, welche Gründe laut Kanzlerin Angela Merkel gegen die Aufhebung des Patentschutzes sprechen.  

Maschinelle Herstellung von Impfstoffen

Das Wichtigste in Kürze:

  • US-Präsident Joe Biden spricht sich für die Aufhebung des Patentschutzes der Impfstoffe aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt dies jedoch strikt ab.
  • Damit ist sie nicht allein. Die Mehrheit der Staats- und Regierungschefs, vor allem in der EU, sehen die Forderung Bidens skeptisch. Laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei es viel wichtiger, den Export der Vakzine zu erlauben und Lieferketten zu sichern.
  • Es gibt mehrere Gründe, die gegen eine Aufhebung sprechen: Zum einen die Gefahr vor Qualitätsverlust, zum anderen der fehlende Ansporn von Herstellern. 

Die Freigabe der Patente ist kein Wundermittel

Nachdem bereits im Oktober 2020 Indien und Südafrika bei der WTO einen Antrag zur Freigabe der Patentrechte eingereicht haben, zieht nun US-Präsident Joe Biden nach. Auch seiner Meinung nach sollten die Patentrechte über die Dauer der Pandemie aufgehoben werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele weitere Staats- und Regierungschefs sehen dies allerdings kritisch. Von der Freigabe der Patente könne man kein Wunder erwarten, so Angela Merkel. Viel wichtiger wäre es laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, allen produzierenden Ländern den Export zu erlauben und dafür zu sorgen, dass Lieferketten sichergestellt sind. Besonders die amerikanischen Exportverbote stehen in ihrer Kritik.

Die Bundeskanzlerin macht klar, dass die Hersteller sich nicht auf Patenten ausruhen, sondern um eine Ausweitung der Produktion bemüht sind. Ihrer Meinung nach überwiegt der Nutzen einer Aufhebung der Patentrechte nicht die Risiken. Außerdem sei der Patentschutz nicht entscheidend für die schnellere Verbreitung von Impfstoff. Dies ist von den Pharmaunternehmen und deren Innovationen abhängig. Es müssten Lieferketten erweitert, Produktionsstätten errichtet und Lizenzen vergeben werden. 

Qualitätsverlust und fehlender Ansporn

Im Falle einer Freigabe der Patente könnten zwei Probleme auftauchen. Es könnte zu einem Qualitätsverlust kommen, wenn die Herstellung komplizierter Impfstoffe nicht mehr in den Händen der Ausgangsunternehmen liegt. Außerdem ist es möglich, dass ein negatives Bild für zukünftig aktive Unternehmen entsteht. 

Die Forschung nach Impfstoff stellt ein zeitaufwendiges Unterfangen dar, dessen Wert mitunter an der Patentierung liegt. Es ist denkbar, dass im Falle einer Aufhebung mit weniger Engagement in Zukunft gerechnet werden kann. Schließlich könnte das Gefühl aufkommen, dass die „gelungene Arbeit“ schlussendlich sowieso weggenommen wird. Das gilt besonders, weil die Impfstoffe auf einer neuen und komplexen Methode beruhen. Die Pharmaindustrie hat auf eigenes Risiko Zeit und Geld in die Erforschung des Impfstoffes gesetzt und mit dem mRNA-Impfstoff einen völlig neuartigen Weg gefunden, das Virus zu bekämpfen. Dieser Wissensvorsprung wird nicht leichtfertig aus der Hand gegeben.

Freigabe der Patente ist unwahrscheinlich

164 Mitglieder der Welthandelsorganisation müssten der Aufhebung der Patentrechte zustimmen, damit diese freigegeben werden können. Allein die Ablehnung von EU-Seite macht dies unmöglich. Außerdem wird die Einwilligung der Pharma-Unternehmen und deren Unterstützung benötigt. Auch diese sind der Idee eher abgeneigt. BioNTech will stattdessen weiterhin ärmeren Ländern mit einem nichtgewinnbringenden Preis für das Vakzin entgegenkommen.  

(Stand 11.05.2021)


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