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Hotel Mama rechnet sich – aber wie lange?

Nestwärme mit Preisvorteil
Mit durchschnittlich knapp 24 Jahren ziehen junge Deutsche aus dem Elternhaus aus – früher als der EU-Durchschnitt. Mehr als jeder 4. junge Erwachsene bleibt dennoch länger – aus guten Gründen. Wer das tut, spart bares Geld. Aber: wie viel? Und wann wird es teuer, nicht zu gehen?
  • Ob junge Erwachsene länger im Elternhaus wohnen, hängt nicht nur von der Bindung an die Eltern ab, sondern etwa auch davon, ob sie studieren oder in Ausbildung sind, wie hoch der wirtschaftliche Druck oder wie angespannt der Wohnungsmarkt ist.

  • Wer zu Hause bleibt, kann monatlich bis zu 1.200 Euro sparen – doch wer zu lange im Nest hockt, startet später ins Berufsleben und verpasst wichtige finanzielle Chancen.

  • Söhne verlassen das Elternhaus später als Töchter – ein europaweites Phänomen. Und auch zwischen dem Norden und Süden Europas gibt es Unterschiede. 

Zwischen Komfort und Kosten

In Deutschland verlassen junge Erwachsene im Durchschnitt mit 23,9 Jahren das Elternhaus, während der EU-Durchschnitt bei 26,2 Jahren liegt. Selbstständig sind sie oft schon früher. Woran liegt’s also? Ist es der stille Geschirrspül-Zauber, der verlässliche Wäschekorb-Service oder überhaupt das Rundum-sorglos-Paket, was die jungen Menschen hält? Oder liegt es schlicht daran, dass sich Miete, Strom- und Versicherungskosten mit keinem WG-Kühlschrank der Welt toppen lassen?

Die finanziellen Vorteile des Verbleibs

Wer bei den Eltern bleibt, spart nicht nur den Sprung ins kalte Wasser, sondern auch Geld. Das Leben im Elternhaus bietet erhebliche Einsparpotenziale:

  • Miete und Nebenkosten: Diese entfallen vollständig – je nach Wohnort kann das durchschnittlich eine monatliche Ersparnis von 400 bis 800 Euro bedeuten.
  • Lebenshaltungskosten: Allein für Lebensmittel, Haushaltsartikel und Drogeriewaren geben junge Erwachsene im Schnitt 250 bis 350 Euro pro Monat aus. Im Elternhaus sinkt dieser Betrag deutlich – oft um die Hälfte oder mehr.
  • Versicherungen: Meistens sind junge Erwachsene weiterhin über die Eltern mitversichert, zum Beispiel in der Haftpflichtversicherung. In der elterlichen Wohnung sind sie auch über deren Hausratversicherung geschützt. Bei Kfz-Versicherungen werden viele junge Fahrerinnen und Fahrer als Zweitfahrer oder über spezielle Familientarife günstiger versichert. Dadurch lassen sich 30 bis 50 Euro monatlich sparen.

Insgesamt können so monatlich zwischen 555 bis 1.200 Euro (bundesweit durchschnittlich 1.130 Euro) eingespart werden – was einem jährlichen Sparpotenzial von maximal 14.400 Euro entspricht.

Anders als die Eltern
Früher zogen sie später aus

Junge Erwachsene wohnen zwar oft noch recht lange zuhause. Aber viele verlassen das Nest sogar deutlich früher, als ihre Eltern es taten: Liegt heute also das durchschnittliche Auszugsalter in Deutschland bei 23,9 Jahren, lag es in den 1980er-Jahren bei etwa 26 Jahren; auch in den 90ern blieb das so.

Diese Entwicklung zeigt, dass junge Erwachsene heute früher den Schritt in die Selbstständigkeit wagen als in den Jahrzehnten zuvor. Trotz Herausforderungen wie steigenden Mieten und längeren Ausbildungszeiten entscheiden sich heute viele etwas früher bewusst für ein eigenständiges Leben. Das ist vor allem Ausdruck veränderter Lebensrealitäten: Der Auszug aus dem Elternhaus ist längst nicht mehr nur eine Frage des Geldes, sondern ein Zeichen für den Wunsch nach Unabhängigkeit und Eigenverantwortung. Tatsächlich meinen Generationenforscher: Wer länger bleibt, traut sich oft weniger zu.

Hotel Mama hat Stammgäste – besonders die Söhne

Die Miete da draußen tut vielen weh. Doch Söhne scheinen das Hotel Mama besonders zu schätzen. Ihnen fällt der Abschied schwerer: Während junge Frauen in Deutschland im Schnitt mit 23,1 Jahren ausziehen, sehen viele junge Männer den Neustart gelassener und gehen erst mit 24,6 Jahren. Sicher ist: Der männliche Trend zur verlängerten Nestwärme hält an.

Norden früh, Süden spät:  Europa zieht unterschiedlich aus

Das ist europaweit gleich: Überall (nur Malta bildet eine Ausnahme) sind Töchter beim Auszug schneller als Söhne. Ansonsten folgt der Abschied vom Elternhaus in ganz Europa dem gleichen Drehbuch.

Nur die Klappe fällt nicht überall zur gleichen Zeit: In Finnland sind viele junge Erwachsene schon mit gut 21 Jahren in den eigenen vier Wänden unterwegs – skandinavisch unabhängig eben. Und auch in Dänemark und Schweden sind sie mit fast 22 Jahren meist flügge.

Ganz anders das Bild im Süden: In Italien oder Bulgarien genießen junge Erwachsene die familiäre Nestwärme im Schnitt bis Anfang 30. Besonders spät verlassen junge Menschen das Elternhaus in der Slowakei und Griechenland (mit über 30 Jahren) und in Kroatien (mit über 31 Jahren). Die Gründe sind oft kulturell – oder schlicht finanziell. Ob das an den familiären Bindungen oder den Wohnkosten liegt? Wahrscheinlich beides – aber vielleicht ist die italienische Mama auch einfach überzeugender als jede Mietwohnung.

Zwischen Klischee und Realität
Hotel Papa: Auch Väter können Vollpension

Die salopp-ironische Bezeichnung „Hotel Mama“ gibt es schon länger. Die Popularität des Begriffs wurde dann durch verschiedene Medienformate gesteigert, etwa durch die ZDF-Fernsehreihe „Hotel Mama“ und den französischen Kinofilm „Tanguy – Der Nesthocker“. Dabei wurde auf die traditionelle Rollenverteilung angespielt – obwohl die Realität aufgeholt hat, weckt der Begriff oft noch Bilder von duftendem Sonntagsbraten, frisch gefalteter Wäsche und einem Kühlschrank, der nie leer wird. Kein Wunder, dass sich das Stereotyp so hartnäckig hält: In vielen Köpfen ist Mama nun mal die Chefin im Wohlfühlbetrieb. Aber die Wirklichkeit ist differenzierter:

  • Viele wachsen mit ihren Eltern auf, doch in jeder 5. Familie werden die Kinder allein oder getrennt erzogen.
  • Und: Immer mehr Väter sind heute ebenfalls Alleinerziehende und übernehmen Aufgaben, die früher als „mütterlich“ galten. Laut dem 10. Familienbericht des Bundesfamilienministeriums lag der Anteil der Väter unter den Alleinerziehenden im Jahr 2023 bei 18 Prozent. Zum Vergleich: 2022 waren es 15 Prozent, 2012 sogar nur 10 Prozent.

Das Hotel Papa gibt’s längst auch mit WLAN, Waschküche und Warmherzigkeit.


Aus guten Gründen: Die MamaPapaSuite im ElternInn

Junge Erwachsene bleiben heute nicht nur aus Bequemlichkeit länger zuhause, sondern oft, weil sie keine andere Wahl haben. Hohe Mieten und ein angespannter Wohnungsmarkt, befristete Jobs und unsichere Arbeitsverhältnisse bremsen den Start in die Unabhängigkeit. Zudem nutzen viele das Elternhaus – ob bei Mutter oder Vater oder beiden – als sicheren Raum während Ausbildung, Studium oder Neuorientierung. Was früher als Nesthocken galt, ist heute oft eine wirtschaftlich sinnvolle Übergangszeit. Das Hotel Mama ist also kein Symbol für Bequemlichkeit, sondern für Pragmatismus, Rückhalt und in vielen Fällen: für smarte Finanzplanung. Alles will also sorgfältig budgetiert und entschieden sein.

Miete ist der Kostentreiber

Die Tabelle zeigt: Ob Studium oder Ausbildung – wer auszieht, muss rechnen. Wer nicht mehr bei den Eltern wohnt, zahlt drauf – vor allem im Studium. Studierende geben im Schnitt 54 Prozent ihres Einkommens für Miete aus, Auszubildende rund 42 Prozent. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung liegt der Anteil bei 24,5 Prozent (Statistisches Bundesamt, 2024). Für viele junge Menschen wird Wohnen damit zum echten Kraftakt.

Jetzt sparen – später draufzahlen?
Warum es für Nesthocker irgendwann teuer werden kann, nicht zu gehen

Wer lange im Elternhaus bleibt, spart zwar kurzfristig – zahlt aber unter Umständen später drauf. Denn wer spät auszieht,

  • startet oft später ins Berufsleben,
  • zahlt später in die Rentenversicherung ein, 
  • beginnt verzögert mit dem Vermögensaufbau und
  • lernt erst später, finanziell eigenständig zu handeln.

Auch berufliche Chancen können sich verschieben, wenn der Absprung aus dem Elternhaus zu lang hinausgezögert wird. Hinzu kommt: Ohne eigene Mietverträge, Stromabrechnungen oder Versicherungen fehlt vielen jungen Erwachsenen die Bonität für spätere Miet- oder Kreditanfragen. Die Komfortzone empfiehlt sich daher finanziell eher nicht als Dauerwohnsitz.

ElternInn rechnet sich – aber nicht für Mama oder Papa

Für die Eltern bedeuten später ausziehende „Kinder“: höhere Ausgaben. Vor allem Haushalte mit mittlerem oder geringem Einkommen spüren das deutlich. Doch viele Eltern tragen dennoch die Mehrkosten und zahlen – so weit wie nötig und möglich – still mit: Denn so herausfordernd der Alltag mit erwachsenen Kindern manchmal sein mag, es ist auch ein schönes Gefühl, sie noch ein Stück begleiten zu dürfen. Schließlich haben sie ihre Kinder nicht bekommen, um sie möglichst schnell wieder loszuwerden. Familien kennen nun mal keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Kleingedrucktem.

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Stand:  27.06.2025

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