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Blick auf Frankfurt. Im rechten Bildteil ist die EZB zu sehen.

EZB senkt erneut die Zinsen  was das für Ihr Geld bedeutet

Dritte Lockerung in einem Jahr
Die Europäische Zentralbank hat erneut die Leitzinsen gesenkt – zum dritten Mal in diesem Jahr. Das deutliche Nachlassen der Inflation hat diesen weiteren Schritt möglich gemacht. Warum das die deutsche Wirtschaft in Schwung bringen und den Immobilienmarkt beleben sollte, erfahren Sie hier.
Das Wichtigste in Kürze
  • Die EZB hat im Oktober die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt.

  • Es ist bereits die dritte Senkung in diesem Jahr nach den Schritten im Juni und September.

  • Niedrigere Zinsen helfen, die Konjunktur zu beleben.

EZB setzt auf Lockerung

Die EZB hat erneut die Zinsen gesenkt – zum dritten Mal in diesem Jahr. Der Hauptrefinanzierungssatz, oft als der wichtigste Leitzins bezeichnet, beträgt nun 3,5 Prozent, der Haupteinlagensatz 3,25 Prozent. Das teilte der EZB-Rat am 17. Oktober in Frankfurt mit.

Die hohe Inflation hatte die EZB veranlasst, mit deutlichen Zinssteigerungen die Wirtschaft abzukühlen. Nun wechselt sie von der Bremse aufs Gaspedal. Denn niedrigere Zinsen senken die Kosten der Unternehmen und erleichtern Verbrauchern die Kreditaufnahme. Die erhoffte Folge: Mehr Investitionen, mehr Neubau, mehr Aufschwung.

Dritte Lockerung in einem Jahr
DSGV-Präsident Ulrich Reuter: „Richtige Entscheidung“

"Die EZB schafft mit ihrer Entscheidung mehr Raum für dringend notwendige Investitionen in die technologische und nachhaltige Anpassung unserer Wirtschaft. Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums und Deutschlands."

Inflationsrate auf tiefstem Stand seit drei Jahren – weitere Entwicklung im Auge behalten

Nach der Zinssenkung im September war zunächst kein weiterer Schritt erwartet worden. Aber nachdem die Inflation im selben Monat erstmals seit mehr als drei Jahren wieder unter das Zwei-Prozent-Ziel der Notenbanken gefallen war, sprachen sich mehrere EZB-Vertreter für weitere Lockerungen aus. EZB-Präsidentin Christine Lagarde gab zuletzt deutliche Hinweise auf eine weitere Senkung.

Im September 2024 betrug die Inflationsrate verglichen mit dem September 2023 im Euroraum 1,8 Prozent, in Deutschland sogar nur 1,6 Prozent. Ein plötzlicher Anstieg der Inflation ist erstmal nicht zu erwarten, da sowohl die Konjunktur als auch der Arbeitsmarkt Schwächen zeigen. Voraussetzung für weitere Zinsschnitte ist, dass sich das Inflationsziel nachhaltig im Zwei-Prozent-Bereich stabilisiert.

Vor allem die starken Preisrückgänge bei der Energie haben laut Statistischem Bundesamt (Destatis) für die geringere Teuerungsrate gesorgt. Die Zeit der starken Preiserhöhungen auf Waren und Dienstleistungen scheine damit zunächst einmal vorbei. Das Abebben der Inflation ist Destatis zufolge grundsätzlich eine gute Nachricht für die schwache deutsche Wirtschaft und die Verbraucher, die wegen der Energiekrise und gestiegener Lebensmittelpreise zeitweilig an Kaufkraft verloren haben.

3 kurze Fragen an

Dr. Reinhold Rickes

Chefvolkswirt des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV)

„Entscheidung der EZB stärkt unsere Zukunftsfähigkeit“

Im Interview spricht  Reinhold Rickes über das aktuelle Vorgehen der EZB, die Chancen ihrer Entscheidung sowie die Wichtigkeit kleiner Schritte. 

Herr Dr. Rickes, mit dem heutigen Zinsschnitt hat die EZB zum dritten Mal in diesem Jahr die Leitzinsen gesenkt. Wie bewerten Sie das Tempo der Zentralbank bei diesem Vorgehen?

Die Europäische Zentralbank hat die Zeichen der Zeit gut erkannt. Mit ihren drei Zinssenkungen hat sie die Chance genutzt, den Prozess der Dis-Inflation – also das Sinken der Inflationsrate – weiter zu ermöglichen und zudem gegen die schwächelnde Konjunktur gegenzusteuern. Dabei hat sie die möglichen Auswirkungen aktueller Risiken, wie die anhaltenden Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die Spannungen zwischen China und Taiwan sowie die Konsequenzen von Schutzzöllen sowie auch die erhöhten Lohnsteigerungen und deren Wirkungen auf das Wachstum stets im Blick behalten. Das ist besonders wichtig, denn alle diese Faktoren und Krisen könnten ein Wieder-Ansteigen der Inflation auslösen.

Wie beurteilen Sie die Chancen und Risiken der Zinssenkungen für die deutsche und europäische Konjunktur? Führen sie tatsächlich zu mehr Investitionen und damit mehr Zukunftsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft?

Es zeigt sich bereits jetzt, also nur vier Monate nach der ersten Zinssenkung, dass diese Maßnahme ihre Wirkung entfaltet: Die Kredite werden günstiger. Das gilt sowohl für Unternehmens- als auch für Konsumenten- und Immobilienkredite. Insgesamt ist dort nach einer Bodenbildung wieder ein leichtes Erwachen der Nachfrage zu verzeichnen. Insofern bremsen aktuell im Vergleich zu den beiden letzten Vorjahren höhere Zinsen nicht mehr so stark das Wachstum. Und: Die Aussicht auf noch weitere Zinssenkungen macht dringend notwendige Investitionen wieder attraktiver. Das ist besonders wichtig, um in so zentralen Bereichen wie Klimaschutz, Digitalisierung und Infrastruktur wettbewerbsfähig zu bleiben.

Zugleich stärken die niedrigeren Zinsen die Konjunktur, also die allgemeine Wirtschaftsaktivität. So tragen sie zu mehr Wachstum bei. Und: Sie helfen, den tiefgreifenden Strukturwandel zu finanzieren, den die deutsche und europäische Wirtschaft unbedingt durchlaufen müssen. Unterm Strich können sie auch dazu beitragen, mehr Optimismus in der Bevölkerung auszulösen. Und Optimismus fördert – im Gegensatz zu Unsicherheit – das Wachstum. Alles in allem entsteht so mehr Zukunftsfähigkeit.

Was ist Ihre Empfehlung: Brauchen wir bald weitere Senkungen, oder könnten sie die Inflation wieder anfachen?

Wenn wir Volkswirtinnen und Volkswirte derzeit über die angestrebten Zielwerte der Zinspolitik sprechen, ist unser Referenzwert das sogenannte „neutrale Leitzinsniveau“. Also ein Leitzins, mit dem die Geldpolitik weder restriktiv noch expansiv wirkt. Konkret zeigen unsere Schätzungen in der Sparkassen-Finanzgruppe, dass dieser neutrale Leitzins gerade mit Blick auf 2025 in einer Spanne zwischen 2,25 und 3,0 Prozent liegen dürfte. Mit der heutigen Senkung beträgt der Leitzins nun 3,25 Prozent.

Mit Blick auf den Referenzwert für das neutrale Niveau bremst also das jetzige Leitzinsniveau die Wirtschaftsaktivität noch leicht, auch wenn grundsätzlich jede Zinssenkung belebend wirkt. Daher gilt es jetzt, diese Belebungen mit Blick auf weitere EZB-Entscheidungen zu verstärken.

Vorausgesetzt die Inflationsrate bleibt stabil im Bereich um die 2,0 Prozent, sollten weitere Senkungen des Leitzinses folgen. Dann könnten die Preise stabil gehalten und die Wirtschaftstätigkeit angekurbelt werden. Das könnte die EZB schon im Dezember mit einer weiteren Zinssenkung um 25 Basispunkten angehen, gefolgt von mindestens zwei weiteren ebenso kleinen Zinsschritten im kommenden Jahr. Aufgrund der beschriebenen geopolitischen und anderen Risiken ist es aber wirklich wichtig, sehr bedacht und datengetrieben in kleinen Schritten vorzugehen. Insgesamt legt damit die Geldpolitik eine Grundlage für die Überwindung der gegenwärtigen Stagnation. Gefordert bleibt jetzt die Wirtschaftspolitik, mit strukturellen Reformen Wege aus der Stagnationsfalle zu ebnen.

Das bedeutet die erneute Zinssenkung für Kreditnehmer, Sparer und Anleger

Auch wenn die nunmehr dritte Senkung des Leitzinses sehr spontan erfolgte, hatten viele Finanzinstitute ihre Zinsen bereits im Vorfeld angepasst. Für Menschen, die eine Immobilie finanzieren möchten, sind das gute Nachrichten. Denn die Bauzinsen, die sich an der Verzinsung von Bundesanleihen orientieren, sind weiter gefallen. Für zehnjährige Kredite waren nach Angaben der FMH-Finanzberatung zuletzt 3,41 Prozent pro Jahr fällig (Stand: 16.10.2024), ein deutlicher Rückgang gegenüber den 3,66 Prozent Anfang Juni und den mehr als 4 Prozent Ende Oktober 2023.

Im Gegensatz dazu bekommen Sparerinnen und Sparer nun niedrigere Zinsen als vor ein paar Monaten. Brachte Festgeld mit einem Jahr Laufzeit Anfang Juni durchschnittlich knapp 3 Prozent Zinsen, sind es aktuell noch gut 2,7 Prozent. Das ermittelte das Vergleichsportal Verivox bei einem Vergleich der Konditionen von etwa 800 Banken und Sparkassen für eine Anlagesumme von 10.000 Euro (Stichtag: 15.10.2024).

Zugleich bedeutet der Zinsschnitt gute Nachrichten für Aktionärinnen und Aktionäre. Denn die EZB-Entscheidung beflügelt die Aktienkurse: Der wichtigste deutsche Aktienindex DAX legte schon in Erwartung der Entscheidung seine Rekordreise fort auf mehr als 19.600 Punkte. Die historische Marke von 20.000 Punkten ist zum Greifen nah.

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Stand: 17.10.2024

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