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Eine Frau im gelben T-Shirt steht mit einem Einkaufswagen vorm Kühlregal. Sie schaut sich die Produkte genauer an.

Inflationsrate: Was wurde wie viel teurer seit 2019?

Faktencheck
Die Inflation ist gedämmt. Um nur noch 1,9 Prozent stiegen die Preise im August 2024 verglichen mit dem Vorjahresmonat. Manches wurde aber auf 5-Jahressicht erheblich teurer. Andere Dinge überraschenderweise nicht. Jeder hat die Preissteigerungen unterschiedlich wahrgenommen. Stimmt Ihr Gefühl?
Das Wichtigste in Kürze:
  • Die Inflationsrate ist im August 2024 gefallen. Gegenüber dem Vorjahresmonat stiegen die Preise gemittelt um 1,9 Prozent.

  • Im 5-Jahres-Vergleich zeigt sich: Die Gaspreise haben sich fast verdoppelt, zuletzt wurde insbesondere Fernwärme teurer.

  • Im Durchschnitt sind unter anderem die Mieten sowie die Preise für Kleidung und Pauschalreisen langsamer gestiegen als die Einkommen der Menschen.

Die Inflation verliert an Schrecken. Statt Mogelpackungen und Preiserhöhungen begegnen Ihnen in den Läden wieder vermehrt Rabatte und Sondergrößen? Der Eindruck trügt nicht, denn die Inflationsrate ist deutlich niedriger als noch 2022 und 2023.

Wie das Statistische Bundesamt  (Destatis) ermittelt hat, stiegen die Preise im Durchschnitt von August 2023 bis August 2024 um 1,9 Prozent. Zu Spitzenzeiten im Herbst 2022 und dem folgenden Winter betrug der Preisanstieg knapp 9 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum.

Magische Linie

Die Inflationsrate erreicht damit den niedrigsten Stand seit März 2021. Eine gewisse Teuerung – von etwa 2 Prozent – ist sogar von der Europäischen Zentralbank erwünscht, um die Preise stabil zu halten und die Wirtschaft anzukurbeln. Dieses Ziel ist damit erreicht.

Zugleich erhielten die Menschen in Deutschland im Durchschnitt höhere Löhne und Gehälter. Die sogenannten Reallöhne waren zuletzt gestiegen, viele Menschen können sich wieder mehr leisten.

Ein Blick auf die einzelnen Produkte

Da die Inflationswelle verebbt, lohnt sich ein Blick auf das nun herrschende Preisniveau. Welche Produkte und Dienstleistungen sind besonders teuer geworden in den letzten Jahren? Aus den Destatis-Daten lässt sich ablesen, wie stark sich die Preise seit 2020 verändert haben. Auf der Detailebene liegen die Daten erst für Juli vor. Aufschlussreich sind sie trotzdem. Wir haben in der folgenden Tabelle die wichtigsten und auffälligsten Waren und Leistungen ausgewählt.

Öl und Zucker erheblich teurer

An der Spitze stehen Zucker und Olivenöl. Deren Preis hat sich innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppelt. Unter den Lebensmitteln hat sich Obst vergleichsweise wenig verteuert: Hier stiegen die Preise im selben Zeitraum um etwa 23 Prozent.

Exakt verdoppelt haben sich seit 2019 Kohlebriketts. Erdgas ist mit plus 92 Prozent ebenfalls ganz vorne dabei. Überraschend ist dabei, dass die Gaspreise laut der Statistikbehörde noch immer nahe am Maximum aus dem Jahr 2023 stehen, während die Neuvertragspreise und auch die Weltmarktpreise seitdem deutlich gefallen sind. Allerdings schlugen sich auch die enormen Krisenausschläge – zeitweilig drohte eine Gasmangellage – nur gedämpft nieder, was vermutlich mit einer hohen Zahl günstigerer Altverträge zusammenhängt.

Fernwärme auf dem Höhepunkt, Benzin wieder billiger

Deutlich direkter wurden die Weltmarktpreise bei Flüssiggas, Heizöl und auch Benzin weitergereicht. Der Preis für Flüssiggas hatte sich von Juli 2019 bis April 2022 nahezu verdreifacht. Seither wurde es aber wieder viel billiger, sodass im 5-Jahres-Vergleich ein moderateres Plus von 58 Prozent bleibt. Ähnlich sieht es bei Heizöl aus. Das hatte sich zeitweise mehr als verdoppelt im Preis, kostet nun aber nur noch 32 Prozent mehr als im Juli 2019.

Anders bei Fernwärme: Diese war noch bis Anfang dieses Jahres vergleichsweise günstig. Von Juli 2019 bis Dezember 2023 betrug das Plus 35 Prozent. Seitdem stiegen die Preise innerhalb der ersten 7 Monate dieses Jahres um weitere 32 Prozent.

Innerhalb der letzten zwölf Monate wurden Policen für Kfz-Versicherungen und Ähnliches stark erhöht (+29 Prozent), nachdem sie zuvor eher stagnierten.

Günstig wohnen, teuer fliegen

Immerhin stiegen die Mieten – für viele, die nicht im Eigentum wohnen, der größte Ausgabenposten – nur um recht moderate 9 Prozent. Neuvermietungen, zumal in Ballungsgebieten, dürften jedoch deutlich darüber liegen.

Besonders teuer wurden auch Flugreisen (+73 Prozent). Pauschalreisen dagegen kosten ähnlich viel wie vor fünf Jahren (+10 Prozent). Neuwagen sind um 22 Prozent teurer geworden, Gebrauchte hingegen um 35 Prozent.

Kaum im Preis gestiegen sind auch Produkte aus dem Gesundheitsbereich, wie Brillen, Hörgeräte und Medikamente. Einiges was importiert wird, wurde sogar billiger (oder besser). Dazu zählen Fernseher und Computer. Nur wenig mehr als vor fünf Jahren kosten Bekleidung und Schuhe. 

Gehälter halten fast Schritt

Entscheidend ist natürlich, wie sich die Gehälter in der Zeit entwickelt haben. Vom zweiten Quartal 2019 bis zum zweiten Quartal 2024 stiegen die durchschnittlichen Löhne und Gehälter um 16,6 Prozent.

Die Inflation aller Produkte und Dienstleistungen lag mit 19,5 Prozent etwas höher.

Warum die gefühlte Inflation höher ausfallen kann

Obwohl die Inflationsrate im August 2024 – verglichen mit dem Vorjahresmonat – nur 1,9 Prozent betrug, erscheint die Teuerung vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern im Alltag höher. Dafür gibt es mehrere Gründe:

  1. Selektive Wahrnehmung: Menschen neigen dazu, Preiserhöhungen stärker wahrzunehmen als Preisreduktionen oder stabile Preise. Dies führt dazu, dass die Wahrnehmung der Inflation oft höher ist als die tatsächliche.
  2. Alltägliche Ausgaben: Häufig gekaufte Artikel wie Lebensmittel und Benzin haben einen überproportionalen Einfluss auf die Wahrnehmung der Inflation. Wenn die Preise für solche alltäglichen Güter steigen, wird die Inflation stärker gespürt. Werden Laptops beispielsweise günstiger oder haben eine höhere Leistung zum gleichen Preis, wird das weniger bemerkt. In die offiziellen Daten fließt es dennoch mit ein.
  3. Medienberichterstattung: Die Art und Weise, wie über Inflation in den Medien berichtet wird, kann auch die Wahrnehmung beeinflussen. Häufige Berichte über steigende Preise können dazu führen, dass Menschen glauben, die Inflation liege höher, als sie tatsächlich ist.
  4. Persönliche Finanzlage: Die individuelle finanzielle Situation spielt ebenfalls eine Rolle. Personen mit geringerem Einkommen, die einen größeren Anteil ihres Einkommens für Grundbedürfnisse ausgeben müssen, spüren Preiserhöhungen stärker.
  5. Regionale Unterschiede: Die Inflationsraten können regional variieren. In einigen Gebieten oder Städten könnten die Preise schneller steigen als im nationalen Durchschnitt, was die Wahrnehmung der dort lebenden Menschen beeinflusst.
  6. Psychologische Faktoren: Inflationserwartungen können auch psychologisch bedingt sein. Wenn Menschen erwarten, dass die Preise steigen werden, fallen ihnen Preisänderungen auch stärker auf.

Nur eine Sommerpause?

Es könnte sein, dass die Inflation nur eine „Sommerpause“ macht. Das sagt der Deka-Chefvolkswirt, Dr. Ulrich Kater. Sie könnte also nur vorübergehend so niedrig sein. Der Grund: Genau vor einem Jahr waren die Öl- und Energiepreise etwas angestiegen, sodass der jetzige Vergleich günstig ausfällt. Dieser Effekt bliebe nur erhalten, wenn Energie und Öl im Herbst nochmals im Preis fallen würden.

Ein anderer Faktor ist die Lohnentwicklung. Denn während Energie im August 2024 gut 5 Prozent günstiger war als im August 2023 und Waren genauso teuer, kosteten Dienstleistungen 3,9 Prozent mehr. Die sind in der Regel zu großen Teilen von den Personalkosten geprägt.

Keine dramatischen Preissteigerungen in Sicht

Möglich aber, dass die Tarifabschlüsse und Gehaltserhöhungen künftig weniger hoch ausfallen als in den vergangenen Monaten, da nun die Inflation insgesamt nachgelassen hat – und hohe Forderungen somit schlechter begründet werden können.

Aber auch nach Ende einer Sommerpause würde die Inflationsrate dann eher um ein paar Zehntel bis anderthalb Prozent zusätzlich steigen – nichts im Vergleich zu den dramatischen Teuerungen 2022, als die Preise innerhalb von zwölf Monaten um knapp 9 Prozent gestiegen waren.

Wie entwickeln sich die Zinsen?

Insgesamt hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer Politik erreicht, was sie wollte. Die höheren Zinsen haben die Konjunktur gebremst, den Jobmangel etwas gedämpft und damit den Unternehmen weniger Anlass gegeben, die Preise zu erhöhen. Ergebnis: Auch in der gesamten Eurozone lag die Inflation im August der ersten offiziellen Schätzung zufolge bei 2,2 Prozent.

Da die Inflationsrate nun wieder am EZB-Ziel von 2 Prozent angekommen ist, bleibt die Frage, wie schnell die Zinsen gesenkt werden. Ein Blick an die Anleihenmärkte hilft, weil dort in der Regel die Preise die Zukunftserwartungen widerspiegeln. Die Rendite 2-jähriger Bundesanleihen ist innerhalb eines Jahres um 0,7 Prozentpunkte gefallen, wie Daten von Bloomberg  zeigen. Die EZB hat die Leitzinsen bisher aber nur um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Weitere Senkungen werden also erwartet.

Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater mahnt aber zur Vorsicht: „Ende des Jahres werden die Inflationsraten absehbar wieder leicht ansteigen. Maßvolle Zinssenkungen in diesem und im kommenden Jahr sind deshalb die beste Antwort der Währungshüter auf die Beruhigung des Inflationsumfeldes.“ Die nächste Zinsentscheidung verkündet der EZB-Rat am 12. September 2024.

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Stand: 02. September 2024

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