Krise oder Chance – Was bedeutet die aktuelle Situation für meine Geldanlage?

Über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren und den richtigen Zeitpunkt dafür

Einige Analystinnen und Analysten sagen, nun sei die Zeit gekommen, um günstig zu investieren. Andere warnen vor einem drohenden Crash an den Kapitalmärkten. Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, gibt eine Einschätzung zur aktuellen Situation.

Ein Paar schaut zusammen auf ein SmartPhone-Display

Die hohe Inflationsrate, der Krieg in der Ukraine und die Entwicklung an den Kapitalmärkten verunsichern viele Menschen. Die Verbraucherpreise steigen, die Ersparnisse verlieren Tag für Tag an Wert. Außerdem sind die Aktienkurse in den vergangenen Monaten deutlich nach unten gegangen.

Der wichtigste deutsche Aktienindex Dax hat seit Jahresanfang 17,5 Prozent nachgegeben, die US-Technologiebörse Nasdaq sogar fast 29 Prozent. Einzelne Werte verbuchten ein noch deutlich größeres Minus: Der Kurs der Deutschen Bank ging um ein gutes Fünftel (22 Prozent) zurück, der Kurs des Streaming-Dienstleisters Netflix sogar um zwei Drittel (67 Prozent).


Dr. Kater Portrait
3 Fragen zu Geld an
Dr. Ulrich Kater
Chefvolkswirt der Deka

Herr Dr. Kater, ist das Schlimmste an den Märkten bereits überstanden? Oder müssen wir uns auf weitere Verluste einstellen?

Es ist schon eine historische Kehrtwende, die wir an den Finanzmärkten erleben. Jahrelange Null- und Negativzinsen gehen ihrem Ende entgegen. Sowohl die US-amerikanische Notenbank Fed als auch die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank of England und die Schweizer Nationalbank: Alle heben die Leitzinsen deutlich schneller an als man es ihnen noch vor kurzem zugetraut hätte.

Das ist einerseits eine positive Entwicklung. Andererseits müssen die Märkte sich auf diese neuen Zeiten einstellen. Das steckt hinter den diesjährigen Kursverlusten bei Aktien und Renten. Bei den Anleihen sollte das meiste schon vorbei sein. Die Aktien brauchen noch eine Weile, bis sich die Konjunkturperspektiven wieder verbessern. Aber für langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger werden Aktien mit jeder Kursschwäche umso interessanter.

Sollten die Menschen nun ihre Portfolios neu bestücken?

Eine grundlegende Neuorientierung ist in einem breit aufgestellten Portfolio nicht notwendig. Solche Phasen sind normal an den Aktienmärkten. Nach der guten Entwicklung der vergangenen Jahre ist immer auch eine Phase der Konsolidierung notwendig. An der grundsätzlichen Attraktivität von Aktien für das Vermögen ändert dies nichts. Im Gegenteil: Wer Angst vor einer dauerhaften Inflation hat, der findet in Aktien eine gute Möglichkeit, langfristig das Vermögen zu erhalten.

Welche Strategie empfehlen Sie generell in der aktuellen Situation?

Weiterhin ist ein hoher Aktienanteil sinnvoll, auch mit einem großen Europa-Gewicht. Langsam werden auch Anleihen wieder interessanter. Keine Lösung ist es, jetzt wieder ausschließlich auf das Sparkonto zu setzen, wenn die Verwahrentgelte im Laufe des Jahres zurückgenommen werden. Denn angesichts der hohen Inflationsraten erodiert hier die Kaufkraft des Vermögens. Und im Gegensatz zu den Aktienmärkten werden diese Verluste später nicht wieder aufgeholt.

(Stand 05.07.2022)


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