„Bitcoin-Kursanstiege sind nicht nachhaltig“
Der rasante Zuwachs der Kryptowährung ist abenteuerlich – ebenso wie ihre Verluste
Der Bitcoin hat in den vergangenen Monaten eine wahre Rally verzeichnet, um dann wieder einzubrechen: In nur drei Monaten verdreifachte sich sein Kurs – um dann später wieder fast ein Drittel zu verlieren. Dennoch scheint die digitale Währung mittlerweile bei Zahlungsdienstleistern und in Investorenkreisen salonfähig zu werden. Zu Recht?

Nachdem der Bitcoin im Oktober 2020 noch bei 12.000 US-Dollar notiert wurde, markierte er am 8. Januar 2021 ein historisches Allzeithoch bei 41.000 Dollar. Doch schon wenige Tage später rutschte er wieder auf gut 26.000 Dollar ab. Dennoch steigt das Renommee der Kryptowährung weltweit. So halten Analysten der Investmentbank JP Morgen sogar einen Kurs von bis zu 146.000 Dollar für möglich.
Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank BadenWürttemberg (LBBW), warnt aber Privatanleger vor einem voreiligen Einstieg: Der Kurs des Bitcoins sei extrem volatil und nicht nachhaltig – er könne jederzeit weiter abstürzen, sagt er im Interview mit Sparkasse.de.

Herr Burkert, was hat dem Bitcoin in den vergangenen Monaten einen solchen Höhenflug beschert?
Dafür sind im Wesentlichen drei Faktoren verantwortlich: Der Bitcoin ist nicht mehr das Nischen-Anlageobjekt, als das er vor über zehn Jahren gestartet ist. Mittlerweile investieren nicht nur private, sondern auch institutionelle Anleger wie Fonds und Banken in den Bitcoin.
Da seine Anzahl auf 21 Millionen Stück begrenzt ist, führt die derzeitige Nachfrage zu einem umso höheren Anstieg seines Kurses. Und aufgrund des anhaltenden Zinstiefs nutzen ihn immer mehr Anleger als Alternative zu ihren früheren Investitionen.
Was bedeutet das für die weitere Entwicklung?
Die Euphorie im Markt ist irreführend, denn anders als bei Aktien oder Gold ist der Bitcoin nicht mit einem Wert hinterlegt. Er generiert keinen Cashflow, keine Dividendenausschüttung. Er ist und bleibt hochspekulativ. Seine Kurszuwächse sind überhaupt nicht nachhaltig. Das zeigt sich an der aktuellen Achterbahnfahrt.
Wie groß sind die Risiken, wenn ich als Privatanleger in Bitcoin investiere?
Ebenso wie die Ertragschancen sind auch die Risiken immens: Die Analysten der Investmentbank JP Morgen haben in einer Studie errechnet, dass der Kurs des Bitcoin auf bis zu 146.000 Dollar steigen kann. Aber das ist vorerst reine Theorie.
Was wir in den vergangenen Jahren gesehen haben und auch jetzt wieder sehen, ist eine brutale Volatilität: Diese Kursschwankungen sind gerade für Privatanleger gefährlich, da sie den Verlauf nicht ständig kontrollieren. So können sie in kürzester Zeit ihre komplette Investition verlieren.
Immer öfter entstehen klimafreundlichere Varianten der Kryptowährungen, wie etwa BitGreen. Was ist der Vorteil dieser Technologien?
Ihr Anspruch ist, den Energieverbrauch beim Mining, also dem Schürfen der digitalen Währungen, und bei der Speicherung deutlich zu reduzieren. Außerdem versprechen sie, dafür nur Strom aus regenerativen Quellen zu nutzen.
Das ist auch bitter nötig. Denn allein durch das Mining von Kryptowährungen könnte die Erderwärmung in den kommenden 30 Jahren um zwei Grad zunehmen. Ob dieser Anspruch der Klimafreundlichkeit tatsächlich umsetzbar ist und umgesetzt wird, ist vorerst nicht belegbar. Generell gilt: Je digitaler, desto größer ist unser Energieproblem.
Nach Amazon will auch PayPal den Bitcoin für Zahlungen akzeptieren. Haben Kryptowährungen generell eine Zukunft als Zahlungsmittel?
Das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Ihre hohe Volatilität widerspricht dem eigentlich. Dennoch sieht es erstmal danach aus, dass sich der Krypto-Trend in diese Richtung entwickelt.
Auch Facebook will seine eigene digitale Währung einführen, den Diem. Bis vor wenigen Monaten war er noch als Libra Coin bekannt. Der Diem soll das erste globale Geld werden und unter anderem über WhatsApp verschickt werden können. Das lässt sich nicht ignorieren.
Die Europäische Zentralbank und andere Notenbanken wollen den Markt der Kryptowährungen regulieren und zum Teil auch eigene digitale Währungen schaffen, um den aktuellen Wildwuchs einzudämmen. Ist das realistisch?
Die Initiativen der Notenbanken zeigen, dass sich die wenigsten Nationen das Währungsmonopol wegnehmen lassen wollen. Zumindest gilt das für die Industrieländer. Andererseits gibt es genügend Schwellen- oder Entwicklungsländer, denen es womöglich nicht gelingt, die Hoheit über die Produktion digitaler Währungen zu behalten.
Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie rufen einige Menschen zur Nutzung von Kryptowährungen auf. Sie wollen so einer „staatlichen Kontrolle“ entgehen. Ist dieses Ansinnen ernst zu nehmen? Und müssen wir uns womöglich darauf einstellen, dass sich eine finanzielle Parallelwelt entwickelt?
Der Aufruf zum Boykott eines vermeintlichen Überwachungsstaates ist nicht neu. Auch einige Befürworter des Bargelds pochen darauf, nur um damit „freie und unkontrollierbare Bürger“ bleiben zu können. Die Nutzung von Kryptowährungen ist jedoch in diesem Zusammenhang neu.
Aber wir Menschen mögen es bequem. Neue Zahlungsarten setzen sich dann durch, wenn sie sicher und zuverlässig sind. Solange der Bitcoin und die anderen digitalen Währungen so starken Schwankungen unterliegen, werden nur wenige Menschen sie nutzen.
Sollten sie sich aber stabilisieren, könnten auch sie sich durchsetzen. Ob als Wertanlage oder Zahlungsmittel: In jedem Fall ist es wichtig, die Entwicklung des Bitcoins und der anderen Kryptowährungen im Blick zu behalten.
Mehr Informationen rund um die Kryptowährung Bitcoin finden Sie hier.
(Stand: 27.01.2021)
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