Die Europäische Zentralbank arbeitet an einer digitalen Währung, die das Bargeld ergänzen soll.
Dieser E-Euro soll das Bezahlen im internationalen Handel und im Internet einfacher und vor allem schneller machen.
Nicht nur Europa will digitales Geld auf den Markt bringen: Auch die USA, Kanada und China arbeiten an eigenen E-Währungen.
Dabei liegt den Menschen in der EU nicht nur an der Geschwindigkeit, sondern auch an der Anonymität bei der Nutzung einer digitalen Währung: Fast die Hälfte der Teilnehmenden einer Befragung der EZB wünscht sich den Schutz der Privatsphäre.
Sekundenschnelle Geldüberweisungen – und zwar weltweit: Das ist nur eine der Hoffnungen, die der digitale E-Euro erfüllen soll. Der Weg dorthin ist für die Europäische Zentralbank (EZB) jedoch noch weit.
Noch gebe es keinen festgelegten Zeitpunkt für die Einführung des digitalen Euros, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde Mitte Januar 2021. Sie rechne aber damit, dass eine 2020 eigens dafür eingesetzte Taskforce der EZB fünf Jahre benötige, um die „institutionellen, rechtlichen und praktischen Aspekte zur Schaffung eines digitalen Euros zu klären“.
Dabei betont der Finanzwirtschaftler Professor Hartmut Gischer von der Universität Magdeburg im Interview mit Sparkasse.de, dass die Einführung einer digitalen Währung bis 2025 sehr ambitioniert sei.
Und: Während in Europa und anderen Ländern wie den USA oder Kanada noch geprüft wird, testet China bereits schon.
Beim digitalen Euro geht es um die Überführung von physischem Bargeld in die digitale Welt. EU-Kommission und EZB sind sich einig, dass die Bedeutung des Bargeldes schrittweise zurückgeht. Einen digitalen Euro betrachten beide Institutionen als zusätzliche Möglichkeit zum Bezahlen und Sparen.
Derzeit prüft die EZB, unter welchen Voraussetzungen dieses digitale Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC) sicher eingeführt werden könnte. EZB-Chefin Lagarde betonte wiederholt, wie wichtig es sei, die Sicherheit einer digitalen Währung zu garantieren und das Vertrauen in diese zu stärken.
Zahlreiche Punkte sind offen – etwa, ob das digitale Geld nur Banken oder auch für den allgemeinen Gebrauch bereitgestellt wird. Ebenfalls zu klären: Soll die CBDC über eine verteilte Datenbank (z. B. Blockchain) oder ein konventionelles Datenbanksystem ausgegeben werden? Einigkeit herrscht hingegen darin, dass ein mögliches Digitalgeld das Bargeld keinesfalls ersetzen soll.
Einer der größten Vorteile wären sekundenschnelle und kostengünstige Überweisungen – auch über Landesgrenzen hinweg. Heute benötigen Überweisungen nach China häufig länger als der eigentliche Warentransport. Hinzu kommen Vorzüge wie Kleinstüberweisungen (Micro Payments) oder die Automatisierung von Transaktionen, wie sie beispielsweise im Rahmen des Internet der Dinge (IoT) Anwendung finden können.
Ein Beispiel: Mit dem Internet verbundene Maschinen könnten automatisiert am Zahlungsverkehr teilnehmen – und selbstständig Umsätze und Kosten buchen. Auch mit Blick auf künftige Innovationen im Bereich Industrie 4.0 befürworten große Teile der Industrie die Einführung eines digitalen Euros.
So könnte in Zukunft ein Kühlschrank bemerken, dass die Milch-Packung leer ist. Das mit dem Internet verbundene Gerät bestellt deshalb neue Milch – bezahlt wird mit dem E-Euro.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Anonymität: Die EZB hat Mitte April 2021 die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation zum digitalen Euro veröffentlicht. Sie zeigen, dass vor allem die Frage der Nachvollziehbarkeit der Geldströme die Menschen beschäftigt.
Was sich die Öffentlichkeit und Fachleute am meisten von einer solchen digitalen Währung wünschten, so die EZB, sei der Schutz der Privatsphäre (43 Prozent), gefolgt von Sicherheit (18 Prozent), der Möglichkeit, im gesamten Euroraum zu bezahlen (11 Prozent), keine zusätzlichen Kosten (9 Prozent) und Offline-Nutzbarkeit (8 Prozent).
Eine sehr große. Denn andere drücken aufs Tempo. China testet bereits seine staatliche Digitalwährung – Chinese Digital Currency Electronic Payment (DCEP). Seit neuestem kann die Digitalwährung erstmals auch beim Online-Shopping genutzt werden – wenn auch vorerst nur bei einem Anbieter.
Seit 2020 kommen bereits probeweise Apps zum Einsatz, mit denen in E-Yuan bezahlt werden kann. Zudem erhalten die Menschen einen Teil ihrer staatlichen Leistungen in der neuen Digitalwährung.
Mit dem digitalen Yuan reagiert die chinesische Regierung auf den Erfolg von Kryptowährungen wie dem Bitcoin. Dabei setzt Chinas Digitalwährung zwar auch teilweise auf eine Blockchain. Gleichzeitig kommen aber auch traditionelle Verrechnungsmethoden zum Einsatz.
Die Finanzminister der größten Eurostaaten (unter anderem Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien) haben sich gegen einen digitalen Schnellschuss ausgesprochen. Eine digitale Währung dürfte nicht eingeführt werden, bevor nicht alle damit verbundenen Risiken auch in der Gesetzgebung angemessen berücksichtigt worden sind.
Auch der Chef der Bundesbank, Jens Weidmann, sieht vor ersten konkreten Schritten noch Informationsbedarf. Bundesfinanzminister Olaf Scholz betonte, um die Finanzmarktstabilität zu sichern, müsse es ein „sehr klares“ Regelwerk geben.
Hinzu kommen weitere zu klärende Aspekte wie der Datenschutz und die IT-Sicherheit. Ein digitaler Euro benötigt eine absolut sichere technische Infrastruktur. Auch hier gibt es noch reichlich Klärungsbedarf.
Der IT-Branchenverband Bitkom möchte das Tempo bei der Erprobung eines digitalen Euros erhöhen, damit Europa in diesem Bereich nicht digital abgehängt wird. Unterstützung kommt auch aus der Wissenschaft: In einem offenen Brief skizzieren zahlreiche Wirtschaftsexperten eine Roadmap für einen „digital programmierbaren Euro“ bis 2024.
Dagegen mahnen die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe, dass vor einer Einführung von digitalem Zentralbankgeld die gesamtgesellschaftlichen Wirkungen überdacht werden müssten. Ihr Argument: Die Auswirkungen auf den Banken- und den Finanzsektor, die gesellschaftliche Akzeptanz und die geldpolitischen Optionen der Zentralbank hängen entscheidend von dessen Ausgestaltung ab.
Die nächste entscheidende Wegmarke hin zum digitalen Euro dürften die Ergebnisse der EZB-Taskforce sein. Erst anschließend lässt sich verlässlicher einschätzen, wann der Euroraum den E-Euro startet. Und ob es gelingen kann, den aktuellen Rückstand auf E-Yuan und andere digitale Währungen in der Konzept- und Testphase aufzuholen.
Der Finanzwirtschaftler Professor Horst Gischer von der Universität Magdeburg hebt im Gespräch mit Sparkasse.de die Vorteile für die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Einführung des digitalen Euro hervor. Er geht aber auch auf die Frage ein, ob zwingend eine supranationale Institution wie die EZB eine virtuelle Währung bereitstellen muss.
Die Nutzung digitaler Bezahlmittel wird immer selbstverständlicher, obwohl die Kurse vieler sogenannter Kryptowährungen beträchtlich schwanken. Man könnte also argumentieren, dass sie für die private Nutzung zu unsicher sind. Dennoch reißen sich die Menschen darum. Die Einführung einer virtuellen europäischen Währung bietet den Privatanlegerinnen und Privatanlegern eine stabilere Alternative, da sie eins zu eins an den Euro gekoppelt sein wird. Damit würden die Menschen nicht so schnell Gefahr laufen, einen Großteil ihres Ersparten zu verlieren.
Aber offen gestanden funktioniert der Markt der E-Bezahlmittel und ihre digitale Infrastruktur sehr gut. Das wiederum zeigt, dass es nicht unbedingt eines Eingreifens der EZB in diesen Markt braucht.
Ob die EZB bis 2025 den E-Euro einführt, weiß ich nicht. Bis dahin muss sie noch viele regulatorische, bürokratische und formaltechnische Herausforderungen lösen, wie etwa die Einführung der digitalen Konten für alle Interessierten im Euroraum. Das ist sehr aufwendig, aber machbar.
Wenn die EZB oder andere Zentralbanken eigene digitale Währungen schaffen und ihren Umlauf regeln, legen sie dafür auch die Rahmenbedingungen fest. Damit beeinflussen sie zudem den Wettbewerb der privaten Akteurinnen und Akteure. Diese können sich auch nicht mehr einer Regulierung entziehen, wie das jetzt oft der Fall ist. Bislang haben die Zentralbanken kaum Einfluss auf den Kryptomarkt.
Vor allem Sicherheit und Stabilität: Der E-Euro ist wie schon erwähnt sehr viel weniger von Kursschwankungen bedroht. Zahlungsvorgänge werden einwandfrei ausgeführt, Zahlungsströme erfolgen rechtskonform. Die EZB hat kein Interesse an der Vermarktung der Nutzerdaten oder der Verwertung anderer Informationen über die Menschen, etwa für Werbung.
Der E-Euro wird keine Zusatzkosten haben und seine Schaffung ist deutlich umweltfreundlicher als die der Kryptowährungen, da er nicht unter der Nutzung einer Unmenge von Energie verschlüsselt werden muss. Nachteile sehe ich beim E-Euro keine – solange er nicht das Bargeld ersetzt.