
Viele Anlegerinnen und Anleger prüfen, ob sie ihren Fokus von US-ETFs auf europäische Indizes verlagern sollten.
Europa punktet durch günstigere Bewertungen und politische Unterstützung für ESG-Anlagen – ist aber nicht risikofrei.
Wer sein ETF-Depot anpassen möchte, sollte Schritt für Schritt vorgehen, breit streuen und sich beraten lassen.
Umschichtung ist real, aber nicht radikal – noch
Die Lage in den USA sowie die Stärke europäischer Aktien führen dazu, dass Investitionen im US-Markt deutlich nachlassen. Viele Menschen betrachten Europa als strategische Alternative. Das zeigt sich besonders bei Exchange Traded Funds (ETFs; auf Deutsch: börsengehandelte Indexfonds). Eine Neugewichtung weg von US-orientierten ETFs hin zu Europa-Indizes ist derzeit das große Thema.
Allein im ersten Quartal 2025 flossen 26,7 Milliarden Euro in Europa-ETFs. Das geht aus aktuellen Studien des Research-Unternehmens Morningstar und des Vermögensverwalters Amundi hervor. US-Aktien-ETFs verzeichneten demnach im selben Zeitraum 9 Milliarden Euro und damit deutlich geringere Zuflüsse. Auch US-Investoren hätten ihr Geld verstärkt in europäische ETFs angelegt: Im ersten Quartal 2025 sei das mit 10,6 Milliarden US-Dollar siebenmal mehr gewesen als im Vorjahr.
ESG-Investments, die neben finanziellen Kennzahlen auch Nachhaltigkeitskriterien (Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) berücksichtigen, verdeutlichen diesen Trend: Im Februar 2025 flossen 3,2 Milliarden Euro aus US-ESG-ETFs ab, während europäische ESG-ETFs 2 Milliarden Euro anzogen.
Die Bewegung ist also spürbar, aber hält sich noch in Grenzen. Doch Morningstar und J.P. Morgan gehen davon aus, dass sich der Strategiewechsel – insbesondere mit ESG-Fokus – in naher Zukunft weiter verstärken dürfte.
Was unterscheidet US- und Europa-ETFs?
US-ETFs
- Starke Konzentration auf Tech (Klumpenrisiko)
- Hohe Abhängigkeit von US-Politik und -Konjunktur
- Wechselkursrisiko für Euro-Anleger und -Anlegerinnen
Europa-ETFs
- Breiter über Branchen verteilt
- Wirtschaftlich und politisch heterogener
- Geringere Volatilität, aber auch weniger Wachstumsdynamik
Dafür oder dagegen?
Unsicherheit in den USA
Die Politik unter Präsident Donald Trump sorgt für erhebliche Unsicherheit an den Finanzmärkten:
- Strafzölle auf Importe,
- eine konfrontative Handelspolitik gegenüber China, der Europäischen Union (EU) und anderen Partnern sowie
- die ablehnende Haltung gegenüber ESG-Investments
verunsichern viele Investoren und Investorinnen. Besonders die Ankündigung neuer Zölle und die Unberechenbarkeit der US-Wirtschaftspolitik lassen viele nach Alternativen suchen.
Hohe Bewertungen am US-Aktienmarkt
US-Aktien galten lange als Wachstumsmotor und waren im MSCI World und anderen globalen Indizes stark übergewichtet. Doch nach jahrelanger Outperformance sind viele US-Titel inzwischen hoch bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) vieler US-Unternehmen liegt deutlich über dem historischen Durchschnitt. Daher droht nun ein erhöhtes Rückschlagpotenzial.
Attraktivere geldpolitische Rahmenbedingungen: Europa holt auf
Im Gegensatz dazu haben europäische Aktien in den vergangenen Monaten eine bessere Entwicklung gezeigt: Der Index STOXX Europe 600 legte seit Jahresbeginn um rund 6 Prozent zu, während der US-Index S&P 500 um etwa 6 Prozent gefallen ist. Die Bewertungen europäischer Aktien sind im historischen Vergleich moderat. Und viele Unternehmen profitieren von einer sich stabilisierenden Wirtschaft.
Geldpolitik: EZB vs. Fed
Während die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bei Zinssenkungen zögert, hat die Europäische Zentralbank (EZB) bereits mehrfach ihre Geldpolitik gelockert und die Leitzinsen gesenkt. Das könnte europäischen Aktien zusätzliche Unterstützung geben und macht sie für viele Anlegerinnen und Anleger attraktiver.
ESG-Trends und nachhaltige Investments
Die ablehnende Haltung der US-Regierung gegenüber nachhaltigen Investments verunsichert viele Menschen. In Europa hingegen wächst das Angebot an ESG-konformen ETFs. Das ist vor allem für nachhaltig orientierte Investitionen ein wichtiger Umschichtungsgrund.
US-Markt bleibt langfristig attraktiv
Trotz aktueller Unsicherheiten bleibt der US-Markt langfristig einer der innovativsten und wachstumsstärksten. Viele der weltweit führenden Technologieunternehmen und Marken kommen aus den USA. Wer den US-Anteil zu stark reduziert, verzichtet auf diese Wachstumsmöglichkeiten.
Europa birgt ebenfalls Risiken
Auch Europa hat mit geopolitischen Spannungen, politischen Unsicherheiten und strukturellen Herausforderungen zu kämpfen. Einzelne Länder stehen vor Wahlen, und die wirtschaftliche Erholung ist nicht in allen Regionen gleich stark.
Wechselkurs-Risiken können belasten
Eine stärkere Fokussierung auf europäische Aktien erhöht das Wechselkurs-Risiko für Menschen, die international diversifizieren wollen. Schwankungen zwischen Euro und anderen Leitwährungen wie dem US-Dollar können die Rendite beeinflussen und zu unerwarteten Verlusten führen. Insbesondere wenn der Dollar gegenüber dem Euro aufwertet, kann das die Rendite europäischer ETFs mindern.
Kosten und steuerliche Aspekte
Jede Portfolioanpassung verursacht Transaktionskosten oder andere Gebühren und kann Steuern auf Kursgewinne auslösen. Wer häufig umschichtet, schmälert automatisch seine Rendite – und läuft Gefahr, durch kurzfristige Marktbewegungen Verluste zu realisieren.
Diversifikation nicht aufgeben
Ein ausgewogenes Portfolio deckt verschiedene Regionen und Anlageklassen ab. Eine zu starke Konzentration auf Europa kann die Risikostreuung verschlechtern. Außerdem sind europäische Indizes oft weniger stark in zukunftsträchtigen Sektoren wie Technologie oder Gesundheitswesen vertreten als US-Indizes. Das kann dazu führen, dass Anleger und Anlegerinnen wichtige Wachstumsbranchen untergewichten und ihr Depot weniger breit aufgestellt ist.
Tipps für die Umschichtung in der Praxis
Wer sich für eine Anpassung seines ETF-Portfolios entscheidet, sollte dabei strategisch und überlegt vorgehen und sich am besten vorher beraten lassen. Denn auch an der Börse gilt: Wer mit Köpfchen und Gelassenheit vorgeht, kommt meist weiter als mit dem schnellen Verkauf und Kauf von Fondsanteilen. Mit diesen praktischen Tipps gelingt der Strategiewechsel möglichst effizient, kostengünstig und steuerlich optimiert – und Sie behalten auch in turbulenten Marktphasen einen kühlen Kopf:
Langsam statt radikal: Portfolioanpassung schrittweise in Raten vornehmen.
Steuerlich klug: Freistellungsauftrag nutzen, ggf. mit realisierten Verlusten verrechnen.
Kosten prüfen: Ordergebühren und Spread beachten.
Rebalancing planen: Zielgewichtung klar definieren.
Emotionen rausnehmen: Nicht aus Angst oder Gier handeln, sondern rational.
Wenn umschichten – dann mit Augenmaß
Der aktuelle Trend zielt darauf ab, US-Indizes in Europa-ETFs umzuschichten. Doch die Frage bleibt: Ist das wirklich richtig? Die Antwort: Wer langfristig Vermögen aufbauen will, sollte auf globale Diversifikation setzen. Dazu gehören auch weiterhin die USA. Dennoch kann es sinnvoll sein nachzusteuern. Denn Europa ist im Kommen.
Wenn Sie bisher sehr stark auf US-Titel gesetzt haben, kann eine Teilumschichtung interessant für Sie sein. Wichtig dabei:
- breit streuen,
- Kosten niedrig halten,
- ruhig bleiben und
- langfristig denken.
Die perfekte Streuung gibt es nicht. Aber ein Depot, das USA, Europa und andere Regionen gleichzeitig abbildet, ist robust aufgestellt – für viele Marktszenarien.
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Häufige Fragen zur Umschichtung
Europa-ETFs zogen im ersten Quartal 2025 deutlich mehr Kapital an als US-ETFs – vor allem im Bereich nachhaltiger Anlagen.
Viele europäische Aktien sind aktuell noch vergleichsweise niedrig bewertet, obwohl ihre Kurse seit Jahresbeginn deutlich gestiegen sind. Außerdem kommen ihnen die positiven Impulse durch die Lockerung der Geldpolitik der EZB zugute. Branchen wie Industrie, Technologie und Luxusgüter sind besonders gefragt.
Auch europäische Märkte sind nicht frei von Risiken – etwa durch geopolitische Spannungen, Konjunktursorgen oder politische Unsicherheiten in einzelnen Ländern. Zudem kann eine starke Reduzierung des US-Anteils die globale Diversifikation und damit die Risikostreuung beeinträchtigen.
Eine vollständige Umschichtung ist selten ratsam. Es ist immer gut, das Portfolio breit aufzustellen. Regionale Schwerpunkte sollten Sie maßvoll verschieben. Dabei hilft es, die aktuelle Gewichtung zu überprüfen und Ihr Portfolio (wenn nötig) schrittweise umzustellen (Rebalancing), um von den aktuellen Trends zu profitieren. Lassen Sie sich beraten.
Stand: 13.05.2025
