In Island wurde die 4-Tage-Woche bereits erfolgreich getestet, in Belgien ist sie bereits gesetzlich verankert.
In Großbritannien haben fast alle Unternehmen eines Modellversuchs die 4-Tage-Woche beibehalten
77 Prozent der Befragten in Deutschland sprechen sich für eine 4-Tage-Woche aus – die meisten allerdings nur bei vollem Lohnausgleich.
Der Umstieg auf eine 4-Tage-Woche liegt international im Trend. Auch in Deutschland wird darüber diskutiert. Doch ist eine Verkürzung der Arbeitswoche überhaupt notwendig? Schließlich arbeiten von 38 OECD -Staaten die Menschen in Deutschland am wenigsten. Inklusive Überstunden und Teilzeitvereinbarungen wird hierzulande im Durchschnitt 1.349 Stunden gearbeitet – Feiertage, Urlaub, Krankheit, Elternzeit etc. bereits abgezogen. Das sind 25,9 Stunden je Woche.
Der EU-Durchschnitt liegt bei 30,1 Stunden. Die Menschen im Spitzenreiterland Mexiko haben 2021 sogar 40,9 Stunden geschuftet.
Erheblich gesenkt wird die Arbeitszeit hier durch die hohe Zahl an Teilzeitkräften. Diese wird in Deutschland maßgeblich von Frauen beeinflusst. Denn zwar sind hierzulande etwa die Hälfte aller Frauen erwerbstätig. Allerdings arbeiten 49 Prozent von ihnen in Teilzeit , bei Männern liegt der Anteil bei 12 Prozent.
Nur auf die Vollzeitbeschäftigten bezogen, arbeiten die Menschen hierzulande deutlich länger: Sie kommen auf durchschnittlich 40,5 Stunden in der Woche.
Ein Land, dass das deutsche Arbeitspensum in den Schatten stellte, war Island. In den letzten Jahren arbeiteten Vollzeitkräfte dort zwischen 44 und 45 Stunden in der Woche. Die Konsequenz: Stress und Burnout plagten weite Teile der arbeitenden Bevölkerung. Dann zog die isländische Regierung die Reißleine: Zwischen 2015 und 2019 stiegen ausgewählte Unternehmen in Pilotprojekten auf die 4-Tage-Woche um.
Mit großem Erfolg: Trotz einer Reduzierung der Arbeitszeit (auf 35–36 Stunden die Woche) blieben Produktivität und Servicequalität der Unternehmen gleich – oder erhöhten sich sogar. Gleichzeitig verbesserte sich die mentale und körperliche Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Dem isländischen Vorbild folgen andere Länder. In Japan bot zum Beispiel das Unternehmen Microsoft seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 2019 die Möglichkeit einer 4-Tage-Woche. Diese nahmen dankend an. Das Ergebnis: Die ausgeruhte Belegschaft sorgte für einen Produktivitätsanstieg von 40 Prozent.
Einen ähnlichen Erfolg erhofft sich auch die spanische Regierung. Auf freiwilliger Basis können Unternehmen in Spanien die Arbeitszeit um mindestens einen halben Tag pro Woche reduzieren. Dafür bekommen sie staatliche Zuschüsse.
Als voller Erfolg wird ein Pilotprojekt in Großbritannien gewertet. Dort reduzierten 61 Unternehmen für ein halbes Jahr die reguläre Arbeitswoche von 5 auf 4 Tage, ohne die Gehälter anzupassen.
Von den beteiligten Unternehmen – Marketingagenturen, Finanzunternehmen, Bildungseinrichtungen, Pommesbuden und andere – gaben 92 Prozent der Arbeitgeber an, dass sie im Anschluss an das Programm mit einer kürzeren Wochenarbeitszeit weitermachen würden, wobei 30 Prozent die Änderung dauerhaft einführten. Ein Hauptgrund: Der Umsatz sank nicht.
Von der kürzeren Arbeitszeit profitierten die fast 3000 Beschäftigten. 71 Prozent berichteten, dass sie weniger an Formen von Burnout litten; auch die körperliche Gesundheit und das Wohlbefinden hatten sich verbessert.
Statt 5 wird nur 4 Tage die Woche gearbeitet – häufig fällt der Freitag weg, um das Wochenende zu verlängern.
Alternativ bleibt es bei 5 Arbeitstagen in der Woche, aber die Wochenstundenzahl wird reduziert (zum Beispiel auf 32 Stunden in Spanien oder 35–36 Stunden in Island).
Das Einkommen bleibt gleich, solange die gleiche Stundenzahl auf weniger Tage verteilt wird. Wird die Stundenzahl reduziert, sinkt das Gehalt in der Regel.
Die größten Vorteile einer 4-Tage-Woche sind zum einen der positive gesundheitliche Effekt auf Körper und Geist der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Stress wird reduziert, die Gefahr an Depressionen zu erkranken oder einen Burnout zu erleiden, sinkt. Dazu sorgt die längere Erholungsphase für einen großen Motivationsschub. Und motivierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind produktiver – ein wichtiger Aspekt für Unternehmen. Zum anderen ermöglicht ein freier Tag unter der Woche die Durchführung von Terminen, die an Wochenenden nicht stattfinden können. Dazu gehören zum Beispiel Arzttermine. Kann eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter diese Termine auf den freien Wochentag legen, beeinflussen Arztbesuch und Co. die restliche Arbeitszeit nicht mehr.
Allerdings bringt die 4-Tage-Woche auch Nachteile mit sich. Einerseits besteht die Gefahr, dass der zusätzliche freie Tag zu einer erhöhten Anzahl von Überstunden an den restlichen Tagen führt. Andererseits ist der Umstieg für manche Unternehmen nur dann machbar, wenn ganze Branchen mitziehen. Kann ein Unternehmen nur an vier Tagen der Woche Produkte verkaufen, ein Konkurrenzunternehmen aber an fünf, kann dies zu einem Wettbewerbsvorteil führen.
Die Folgen einer 4-Tage-Woche für die Rente können von Person zu Person unterschiedlich sein. Rentenansprüche sind abhängig von
Wenn Sie einmal checken möchten, wie hoch Ihre Rente später ausfällt, können Sie mit unserem Rentenrechner Ihre Situation besser einschätzen.
Allgemein gibt es diese 3 möglichen Szenarien:
Wird Ihre Arbeitszeit wegen einer 4-Tage-Woche reduziert – und es gibt keinen vollen Lohnausgleich – dann reduziert sich auch der Verdienst. Ein geringeres Einkommen hat wiederum proportionale Auswirkungen auf die Höhe der Rente.
Arbeiten Sie zum Beispiel nur an 4 Tagen in der Woche und sind dennoch vollzeitbeschäftigt (in der Regel 38 bis 40 Stunden), ändert sich für Sie nichts, da sich auch Ihr Einkommen nicht ändern wird.
Haben Sie eine 4-Tage-Woche mit verkürzter Wochenarbeitszeit vereinbart und es wird gleichzeitig voller Lohnausgleich gezahlt wird, ändert sich für Ihre Rente auch nichts.
Ausschlaggebend für die Rente ist also der Lohn.
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Die kürzere Arbeitswoche hat auch in Deutschland viele Anhänger. Eine repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag der HDI-Versicherung im Sommer 2022 zeigt: 77 Prozent befürworten die 4-Tage-Woche – davon 63 Prozent unter der Voraussetzung, dass das Gehalt unverändert bleibt; immerhin 14 Prozent würden auch auf den vollen Lohnausgleich verzichten. Nur 17 Prozent lehnen die verkürzte Arbeitswoche ab.
Besonders beliebt ist der Umfrage zufolge die Arbeitszeitreduzierung bei erwerbstätigen Bundesbürgern in Industrie- und Fertigungsbetrieben. Dort würden knapp 24 Prozent einen Tag weniger arbeiten, selbst wenn das eine entsprechende Lohnkürzung bedeuten würde.
Dabei ist der Bedarf für kürzere Arbeitszeiten oder flexiblere Arbeitsmodelle groß. Gerade bei Familien mit Kindern sind es in der überwältigenden Mehrheit Frauen, die in Teilzeit arbeiten, um die Care-Arbeit zu verrichten. Eine Abkehr von der 5-Tage-Woche könnte eben diese Care-Arbeiterinnen entlasten und für eine gerechtere Arbeitsteilung sorgen.