Das deutsche Erbrecht erlaubt jedem, für seinen Todesfall eine Regelung über sein Vermögen zu treffen. Dies geschieht durch ein Testament oder einen Erbvertrag. Der Erbvertrag muss immer notariell beurkundet werden. Das Testament kann, aber muss nicht notariell beurkundet werden.
Hat der oder die Verstorbene seinen oder ihren Nachlass nicht durch ein gültiges Testament oder einen Erbvertrag geregelt, bestimmt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) die gesetzliche Erbfolge: Diese ist in den §§ 1924 ff. BGB festgelegt.
Die gesetzliche Erbfolge gilt, wenn es kein Testament gibt, ein Testament ungültig ist oder per Testament die gesetzliche Erbfolge bestimmt wurde.
Verwandte des Erblassers oder der Erblasserin ab dem zweiten Grade erben in der Regel als Erbengemeinschaft.
Der Erbanteil am Nachlass ist nach Verwandtschaftsgrad geregelt.
„Frauen und Kinder zuerst“ – der Evakuierungskodex aus dem 19. Jahrhundert lässt sich in gewisser Weise auf die gesetzliche Erbfolge in Deutschland übertragen. Allerdings geschlechterneutral umformuliert als „Ehepartner beziehungsweise Ehepartnerin und Kinder zuerst“. Der hinterbliebene Ehepartner oder die Ehepartnerin wird beim Erbe als Erstes berücksichtigt. Gleich danach folgen die sogenannten Erben erster Ordnung: eheliche und nicht eheliche Kinder der oder des Verstorbenen. Ist der Erblasser oder die Erblasserin unverheiratet, erben nur die Kinder. Der Gesetzgeber teilt grundsätzlich alle Angehörigen in eine Rangfolge auf, die festlegt, welches Familienmitglied wann erbt. Im Erbrecht nennt man das das Parentalsystem. Ganz vorn in der Erbreihenfolge stehen dabei die Erben erster Ordnung. Gibt es keine Erben erster Ordnung, kommen die Erben zweiter Ordnung zum Zug. Gibt es hier ebenfalls keine, haben die Angehörigen der dritten oder auch der vierten Ordnung Erbanspruch.
Wie viel der Ehepartner oder die Ehepartnerin erbt, ist abhängig davon, welche Verwandten noch leben und welche Einigung die Eheleute in Bezug auf das Vermögen getroffen haben.
Wenn es noch lebende Verwandte der ersten Ordnung gibt, bekommt der Ehepartner beziehungsweise die Ehepartnerin oder eingetragene Lebenspartner und Lebenspartnerin grundsätzlich ein Viertel der Erbschaft.
Gibt es nur noch Verwandte der zweiten Ordnung oder Großeltern, erbt er die Hälfte.
Wenn es nur noch Verwandte der dritten Ordnung gibt, die nicht die Großeltern sind, erbt der Ehepartner beziehungsweise die Ehepartnerin allein. Das gilt auch bei noch lebenden Verwandten in noch weiter entfernter Ordnung.
Außerdem spielt der Güterstand der Ehe eine wichtige Rolle. Ohne einen notariellen Güterstandsvertrag, auch Ehevertrag genannt, gilt der gesetzliche Güterstand. Die Eheleute leben dann in einer Zugewinngemeinschaft.
In einer Zugewinngemeinschaft erhält der Ehepartner beziehungsweise die Ehepartnerin zusätzlich zum gesetzlichen Erbteil ein Viertel des Erbes als pauschalierten Zugewinnausgleich. Die restliche Erbschaft geht jeweils an die Verwandten des Erblassers oder der Erblasserin. So kommt ein Ehepartner beziehungsweise eine Ehepartnerin in einer Zugewinngemeinschaft im Erbfall neben lebenden Verwandten der ersten Ordnung insgesamt auf die Hälfte des Nachlasses, neben Erben der zweiten Ordnung auf drei Viertel des Nachlasses.
Bei der Gütertrennung geht nur der Teil des Vermögens in die Erbmasse ein, der dem oder der Verstorbenen gehörte. Ein Zugewinnausgleich am Ende der Ehe/Lebenspartnerschaft findet dann nicht statt.
Bei der Gütergemeinschaft gilt das Vermögen der Eheleute als gemeinschaftlicher Besitz – dem hinterbliebenen Ehepartner beziehungsweise der Ehepartnerin gehört also schon vor dem Erbfall die Hälfte. Gesetzlich erhält er oder sie neben den Erbenden der ersten Ordnung zusätzlich den Anspruch auf ein Viertel des Gesamtgutes, neben Erbenden zweiter Ordnung sogar die Hälfte.
neben einem Kind | neben zwei Kindern | bei mehr als zwei Kindern | |
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Zugewinngemeinschaft | 1/4 + 1/4 = 1/2 | 1/4 + 1/4 = 1/2 | 1/4 + 1/4 = 1/2 |
Gütertrennung | 1/2 | 1/3 | 1/4 |
Gütergemeinschaft | 1/4 | 1/4 | 1/4 |
In Einzelfällen kann es für den hinterbliebenen Ehegatten oder der Ehegattin einen höheren Erbanteil begründen, das Erbe auszuschlagen und die sogenannte güterrechtliche Regelung geltend zu machen. Er oder sie verlangt dann anstelle des pauschalierten den konkret berechneten Zugewinnausgleich sowie den Pflichtteil. Seine Rechte muss die Ehepartei gegenüber den erbenden Verwandten des oder der Verstorbenen geltend machen. Dieser Weg ist mitunter aufwändig und daher eher zu empfehlen, wenn der tatsächliche Zugewinn sehr hoch ist.
Gesetzliche Erben der ersten Ordnung, also Kinder, Enkelkinder, Urenkelkinder, erben folgendermaßen: Der Nachlass geht zu gleichen Teilen an die Kinder. Ist eines der Kinder bereits vor dem Erblasser oder der Erblasserin verstorben, geht dessen beziehungsweise deren Erbteil wiederum zu gleichen Teilen auf dessen oder deren Kinder (also Enkelkinder des Erblassers oder der Erblasserin) über.
Für die zweite Ordnung, also die Eltern des Erblassers oder der Erblasserin und deren Abkömmlinge, gilt: Leben beide Elternteile noch, erben sie allein. Ist ein Elternteil des Erblassers oder der Erblasserin vor dessen Tod verstorben, erbt der lebende Elternteil die Hälfte, die Hälfte des vorverstorbenen Elternteils geht zu gleichen Teilen an dessen Kinder, also die Geschwister des Erblassers. Sind beide Elternteile vorverstorben, geht der gesamte Nachlass zu gleichen Teilen an die Geschwister des Erblassers oder der Erblasserin. Sollten auch Bruder oder Schwester nicht mehr leben, geht deren Anteil auf ihre Kinder über, also auf die Nichten und Neffen des Erblassers oder der Erblasserin.
Für die dritte Ordnung gelten die Regeln der zweiten Ordnung entsprechend: Leben alle vier Großelternteile, erben sie allein zu gleichen Teilen. An die Stelle vorverstorbener Großelternteile treten deren Nachkommen, also Onkel, Tante, Cousins und Cousinen des Erblassers oder der Erblasserin – jeweils wieder zu gleichen Teilen.
Wenn es keinen Ehepartner oder keine Ehepartnerin beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner oder eingetragene Lebenspartnerin und auch keine weiteren Angehörigen in den ersten drei Ordnungen gibt, erbt derjenige allein, der am nächsten mit dem Verstorbenen verwandt ist.
Wenn die gesetzliche Erbfolge nicht zu den Wünschen für den eigenen Nachlass passt, kann per Testament oder Erbvertrag anderes verfügt werden – und so zum Beispiel auch ein Alleinerbe oder eine Alleinerbin festgelegt werden.
Vollständig enterbt werden weitere Verwandte damit aber im Normalfall nicht. Das Gesetz sieht einen Pflichtteil vor, der der Hälfte des gesetzlichen Erbteils entspricht. Zu den Erbpflichten des oder der Alleinerbenden gehört dann das Auszahlen des Pflichtteils an berechtigte Ehe- und Lebenspartner und -partnerinnen, Eltern oder Kinder des oder der Verstorbenen.
Abweichungen beim Anspruch auf den Pflichtteil können sich aus für den Erblasser oder der Erblasserin unzumutbaren Konstellationen ergeben, zum Beispiel bei straffällig gewordenen Pflichtteilsberechtigten.
Den Hausrat oder „Voraus“, wie der Gesetzgeber sagt – also all die Dinge, die notwendigerweise zu einem Haushalt gehören – erbt bei gesetzlicher Erbfolge grundsätzlich der Ehepartner oder die Ehepartnerin der oder des Verstorbenen.
Ob dabei auch Kunst oder Antiquitäten eingeschlossen sind, hängt davon ab, wer neben der überlebenden Ehepartei noch erbt. Luxusgegenstände fallen im Normalfall in den allgemeinen Nachlass.
Ein Erbe ist eine sogenannte Gesamtrechtsnachfolge. Das bedeutet: Wer erbt, tritt juristisch gesehen weitestgehend an die Stelle des Verstorbenen.
Vermacht werden somit zum Beispiel die Immobilie, das Auto und die Konten sowie wesentliche Rechte des Verstorbenen, aber genauso auch dessen finanzielle Verpflichtungen oder Schulden. Von laufenden Darlehensraten über Strom- und Telefonkosten bis hin zur Miete, zu Arztrechnungen, Vereinsbeiträgen oder Unterhaltsverpflichtungen – als Erbe haften Sie für alles mit Ihrem Privatvermögen. Zusätzlich kassiert der Staat bei Ihnen die Erbschaftsteuer.
Damit Sie sich mit einem Erbe nicht selbst überschulden, haben Sie das Recht, ein Erbe auszuschlagen. Um die finanzielle Situation des Erblassers oder der Erblasserin zu prüfen, gibt Ihnen der Gesetzgeber sechs Wochen Zeit. Übrigens: Wenn Sie ein Erbe ausschlagen, entfällt auch der Pflichtteil.
Das Erbe fällt dann dem oder der Nächsten in der Erbfolge zu. Wenn alle Erbberechtigten das Erbe ausschlagen, fällt es an den Staat.