Prinzipiell kann jeder sein Vermögen vererben, an wen er möchte, kann einen Alleinerben festlegen oder bestimmte Personen enterben. Allerdings nicht gänzlich. Der sogenannte Pflichtteil bestimmt Ansprüche auf einen Teil der Erbschaft, die von der im Testament festgelegten Erbfolge abweichen
Grundlage für den Pflichtteil ist § 2303 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Pflichtteilsberechtigt sind der Ehepartner und die Abkömmlinge sowie unter Umständen die Eltern des Erblassers.
Meist informiert das Nachlassgericht die Pflichtteilsberechtigten. Diese müssen ihren Anteil dann von den Erben einfordern.
Die gesetzliche Erbfolge regelt die Höhe des Pflichtteilsanspruchs. Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbes.
Abweichungen beim Anspruch auf den Pflichtteil können sich nur aus für den Erblasser unzumutbaren Konstellationen ergeben.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen bestimmte gesetzliche Erben nie ganz leer ausgehen. Hintergrund ist, dass der Erblasser auch nach seinem Tod noch Fürsorgepflichten hat.
Pflichtteilsansprüche ergeben sich grundsätzlich, wenn nahe Angehörige:
Der Pflichtteil ist ein auf Geld gerichteter Anspruch gegen die Erben. Das Aberkennen des gesetzlichen Pflichtteils, also eine vollständige Enterbung, ist nur in wenigen Ausnahmefällen zulässig.
Laut Erbrecht haben prinzipiell Ehepartner, Kinder und Enkel des Verstorbenen Anspruch auf einen Pflichtteil. Es gibt allerdings eine Rangfolge:
Entferntere Verwandte – und dazu gehört schon der Bruder oder die Schwester – sind nicht pflichtteilberechtigt.
Über die gesetzliche Erbfolge können Geschwister trotzdem einen Erbteil erhalten, wenn keine Erben erster Ordnung existieren und die Eltern des Erblassers bereits verstorben sind.
Der Pflichtteilsanspruch ist ein Anspruch auf Geldzahlung aus dem Nachlass. Ansprüche auf Gegenstände oder Immobilien bestehen nicht, nur anteilig auf deren rechnerischen Wert.
Um den gesetzlichen Erbteil zu berechnen, müssen Sie die genaue Erbmasse bestimmen. Dazu müssen zunächst das Vermögen, bestehend unter anderem aus Geldvermögen, Grundstücken, Wertpapieren oder Kunstgegenständen, sowie etwaige Schulden des Erblassers ermittelt werden.
Vermögen, das der Erblasser innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall verschenkt hat, muss bei der Berechnung des Pflichtteils dem Nachlass hinzugerechnet werden. Geschenke zwischen Ehegatten sind zeitlich unbegrenzt anzurechnen. Andererseits muss sich auch der Pflichtteilberechtigte erhaltene Vorleistungen anrechnen lassen.
Der Anspruch beträgt die Hälfte des Wertes, der dem Pflichtteilsberechtigten laut gesetzlicher Erbfolge zusteht. Die Höhe ist also abhängig vom Verwandtschaftsverhältnis. Beim Pflichtteil für Ehegatten ist zudem relevant, welchen Güterstand die Eheleute gewählt haben.
Erben müssen den Pflichtteilsberechtigten in einem Nachlassverzeichnis den Umfang des Nachlasses erklären. Darüber hinaus haben die Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch darauf, dass durch Gutachten die Sachwerte geschätzt werden. Zu den Pflichten der Erben gehört dann auch das Auszahlen des Pflichtteils.
Wenn es nicht zu einer gütlichen Einigung mit den Erben kommt, sollten Sie schriftlich Auskunft über die Größe des Nachlasses und aller damit verbundenen Verpflichtungen, Vorabschenkungen und Zuwendungen des Erblassers verlangen. Sie können die Zahlung des Pflichtteils fordern – und zwar sofort. Dabei spielt es keine Rolle, ob dafür genügend Bares im Nachlass vorhanden ist. Reichen die Barmittel nicht aus, um den Pflichtteil auszuzahlen, müssen die Erben Sachwerte (zum Beispiel Immobilien) aus dem Nachlass verkaufen. Weigern sich die Erben, den Pflichtteil auszuzahlen, können Sie diesen einklagen.
Nein. Eine Auszahlung zu Lebzeiten ist nicht möglich, denn der Pflichtteilsanspruch ergibt sich erst mit Eintritt des Erbfalls.
Davon unberührt bleibt die Möglichkeit der vorweggenommenen Erbfolge. So können schon zu Lebzeiten untereinander Schenkungen vollzogen und auf den späteren Erbteil angerechnet werden.
Durch den notariell beurkundeten Pflichtteilsverzicht kann der Berechtigte zudem gegen Zahlung einer Abfindung auf seinen Pflichtteil im späteren Erbfall verzichten.
Der Pflichtteil kann theoretisch bereits am Tag nach dem Tod des Erblassers eingefordert werden. Meist dauert aber die Ermittlung der Nachlasshöhe deutlich länger. Für den Anspruch gilt daher eine dreijährige Verjährungsfrist. Pflichtteilsberechtigte müssen sich also ihren Anteil spätestens innerhalb von drei Jahren auszahlen lassen.
Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden beziehungsweise der Erblasser verstorben ist. Wenn der Pflichtteilsberechtigte erst später vom Tod des Erblassers und/oder seiner Enterbung erfährt, beginnt die Verjährungsfrist mit der Kenntnisnahme. Ist allerdings ein Zeitraum von 30 Jahren vergangen, bestehen keine erbrechtlichen Ansprüche mehr.
Nicht immer ist es sinnvoll, den Pflichtteil direkt geltend zu machen. Denn bestimmen sich Ehepartner gegenseitig zum Alleinerben mit dem sogenannten Berliner Testament, werden Kinder oder Enkel enterbt, falls sie ihren Pflichtteilsanspruch bereits nach dem Ableben eines Elternteils geltend machen wollen. Das soll verhindern, dass der verbleibende Elternteil durch den Erbfall in finanzielle Nöte kommt.
Wer also direkt seinen Pflichtteil einfordert, wird durch die Klausel finanziell bestraft, da er auch nach dem Tod des zweiten Ehepartners keinen vollen Erbteil, sondern ebenfalls nur das Pflichtteil-Erbe erhält.
Erblasser oder Testamentsvollstrecker können den Pflichtteil nur aufgrund von besonderen Konstellationen entziehen. Die Beweggründe dafür müssen ausdrücklich im Testament oder Erbvertrag aufgeführt sein. Ein Pflichtteilsberechtigter kann leer ausgehen, wenn er:
Der Entzug des Pflichtteils ist personenbezogen. Enterbt also ein Erblasser seine Kinder vollständig aufgrund einer oben angeführten Konstellation, wird damit nicht gleichzeitig auch deren Nachkommen der Pflichtteil aberkannt. Den Enkeln des Verstorbenen steht also weiterhin ein Pflichtteil zu.