Ein älterer Mann und eine ältere Frau sitzen auf benachbarten Bänken im Freien und schauen voneinander Weg. Der Mann hat die Arme vor der Brust verschränkt.

Enterbung: Was Sie vorab wissen sollten, wenn Sie jemanden von der Erbfolge ausschließen wollen

Erbrecht
Nur etwa 20 Prozent der Deutschen haben ein gültiges und aktuelles Testament. Das ging aus einer YouGov-Umfrage 2022 hervor. Damit können sie selbst Einfluss darauf nehmen, wer einmal ihr Erbe antritt. Zum Beispiel die Verteilung nach eigenen Wünschen regeln, jemanden zum Alleinerben einsetzen oder aber jemanden enterben. Bei Letzterem gelten in manchen Fällen Einschränkungen, insofern es um den Pflichtteil geht.

Das Wichtigste in Kürze

Wer wann was überhaupt erbt

Stirbt jemand, ohne ein Testament oder einen Erbvertrag zu hinterlassen, gilt in Deutschland die gesetzliche Erbfolge. Bei Verheirateten spielt bei der Höhe des Erbteils die entscheidende Rolle, in welchem Güterstand sie zusammenleben (zum Beispiel Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung) und welche weiteren lebenden Verwandten es gibt. Abhängig davon kann der Ehegatte oder die Ehegattin zwischen einem Viertel und allem erben. Hat das Paar Kinder, bekommen auch diese in der gesetzlichen Erbfolge immer einen Anteil. Bei den weiteren Verwandten spielt eine Rolle, wie eng sie mit dem oder der Verstorbenen verwandt sind und wer sonst noch lebt.

Tipp: In unserem Ratgeber zur gesetzlichen Erbfolge erfahren Sie, wer Ihr Erbe antritt, wenn Sie kein Testament und keinen Erbvertrag hinterlassen.

Wie Sie Ihr Erbe mit einem Testament nach eigenen Vorstellungen anpassen können

Ist die Aufteilung Ihres Nachlasses nach der gesetzlichen Erbfolge in Ihrem Sinne, müssen Sie nichts unternehmen. Wer selbst Anpassungen vornehmen möchte, muss hingegen ein Testament oder einen Erbvertrag aufsetzen. Verheiratete können ihren Nachlass auch in einem Ehegattentestament gemeinsam regeln. Ein Testament können Sie selbst handschriftlich verfassen oder notariell aufsetzen lassen.

Diese zwei Möglichkeiten gibt es, eine Enterbung im Testament vorzunehmen

Möchten Sie im Testament jemanden, der laut gesetzlicher Erbfolge erbberechtigt ist, enterben, haben Sie dazu grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

  1. Ausdrücklich genannte Enterbung: Hierbei nennen Sie im Testament konkret, wen Sie enterben, etwa „Ich enterbe meine Tochter Julia Schmidt.“
  2. Implizierte Enterbung durch Nicht-Nennung unter den Erbenden: Sie verteilen das Erbe im Testament vollständig an die gewünschten Personen. Der oder die Enterbte geht ohne Erwähnung leer aus, zum Beispiel „Meine Erben sollen zu gleichen Teilen mein Ehemann Jonas Müller und mein Sohn Jakob Müller sein.“

Wichtig ist, dass Sie präzise formulieren. Eine Enterbung kann sich beispielsweise auch auf die Kinder der oder des Enterbten auswirken. Enterben Sie im Testament, ohne explizit zu erwähnen, dass Sie das nicht wollen, schließen Sie möglicherweise also auch die Abkömmlinge des oder der Enterbten mit aus. In unserem Beispiel oben: Wenn die Tochter Julia Schmidt Kinder hat, enterben Sie mit den obigen Formulierungen also auch Ihre Enkel und Enkelinnen. Verhindern können Sie das, indem Sie auch die Nachkommen der enterbten Person in die Formulierung einbeziehen, etwa „Ich enterbe meine Tochter Julia Schmidt. Meine Enkel Nina Schmidt und Thomas Schmidt sollen jedoch nicht enterbt werden.“

Hinweis: Jede Familie kennt Konflikte. Eine Enterbung ist ein gewaltiger Schritt, der den oder die Enterbte langfristig stark belasten kann – nicht nur gegebenenfalls finanziell, sondern vor allem auch emotional. Gesetzlich müssen Sie für eine Enterbung keinen Grund angeben. Wer sich zu einem so starken Schritt entscheidet, sollte aufgrund der Folgen für die Familie jedoch nicht aus einer kurzfristigen Verärgerung heraus handeln, sondern über eine längere Zeit nachdenken und genau abwiegen, ob dieser Schritt tatsächlich notwendig ist. Zwar können Sie eine Enterbung im Testament zu Lebzeiten jederzeit rückgängig machen. Haben Sie diese erst einmal in der Familie kommuniziert, wird das jedoch voraussichtlich Spuren hinterlassen, die sich vielleicht nicht mehr verwischen lassen.

Pflichtteil: Wenn trotz Enterbung Anspruch auf einen Teil der Erbschaft besteht

Nicht immer hat eine Enterbung zur Folge, dass der oder die Enterbte leer ausgeht. Wenn Sie Ihre Kinder oder Ihren Ehegatten beziehungsweise Ihre Ehegattin enterben, haben diese in der Regel Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil. Haben Sie weder Kinder noch eine Ehefrau oder einen Ehemann, sind auch die Eltern pflichtteilsberechtigt. Sind Ihre Kinder bereits gestorben, sind gegebenenfalls die Enkel oder Enkelinnen pflichtteilsberechtigt. Geschwister sind hingegen nicht pflichtteilsberechtigt.

Das ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) § 2303 geregelt. Demnach besteht der Pflichtteil aus der Hälfte des Anteils aus der gesetzlichen Erbfolge ohne Enterbung. Wenn Sie also beispielsweise Ihren Ehemann enterben und dieser nach der gesetzlichen Erbfolge Anspruch auf die Hälfte Ihres Erbes gehabt hätte, kann er durch die Enterbung nur noch ein Viertel des Nachlasses einfordern. Der oder die Enterbte mit Pflichtteilsanspruch kann den Pflichtteil nach der Testamentseröffnung bis zu drei Jahre lang beantragen. Danach verjährt der Anspruch.

Tipp: In unserem Ratgeber zum Pflichtteil erfahren Sie, wer genau in Ihrer Familie pflichtteilsberechtigt ist und was Sie als Enterbter oder Enterbte tun können, um Ihren Pflichtteil zu bekommen.

Enterbung mit Pflichtteilsentzug: In diesen Fällen ist sie möglich

Besteht ein Anspruch auf den Pflichtteil, können Sie diesen in der Regel nicht einschränken. In bestimmten Ausnahmefällen ist das dennoch möglich. Wenn einer der folgenden Fälle zutrifft, müssen Sie diesen in Ihrem Testament oder Erbvertrag als Grund aufführen, um auch den Pflichtteil zu entziehen – anders als bei einer herkömmlichen Enterbung mit Pflichtteil, für die Sie keine Gründe angeben müssen.

Mögliche Gründe für eine Enterbung mit Pflichtteilsentzug:

Ein Pflichtteilsentzug wird nur wirksam, wenn er ausreichend und korrekt begründet wird und der Erblasser oder die Erblasserin dem oder der Pflichtteilsberechtigten vor dem Tod nicht verziehen hat.

Zusammengefasst in 3 Schritten: Wie Sie jemanden enterben können

  1. Prüfen Sie, wer laut gesetzlicher Erbfolge automatisch Ihr Erbe antreten würde. Wenn Sie damit einverstanden sind, brauchen Sie nichts weiter zu unternehmen.

  2. Soll eine Person aus Ihrer Erbfolge enterbt werden, sollten Sie sich zunächst beraten lassen. Infrage kommt dafür etwa ein Erbrechtsanwalt oder eine Erbrechtsanwältin oder ein Notarbüro.

  3. Passen Sie Ihr Testament entsprechend an – händisch oder notariell, allein oder in Form eines Ehegattentestaments (zum Beispiel Berliner Testament) gemeinsam mit Ihrem Ehepartner oder Ihrer -partnerin.

Häufige Fragen zur Enterbung

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Ist es möglich, Kinder zu enterben?

Grundsätzlich können Sie Ihre Kinder enterben. Trotz Enterbung steht diesen jedoch in der Regel ein Pflichtteil zu. Dieser hat eine Höhe des halben gesetzlichen Erbteils. Den Pflichtteil können Sie Ihren Kindern nur bei schweren Vergehen mit Begründung entziehen, zum Beispiel wenn das enterbte Kind versucht hat, Sie zu töten.

Sie können grundsätzlich selbst entscheiden, wen Sie gegebenenfalls enterben möchten. Sie müssen dafür keine Gründe angeben. Bestimmte Verwandte, etwa die eigenen Kinder, haben trotz Enterbung Anspruch auf einen Pflichtteil. Dieser ist halb so hoch wie der Erbteil nach der gesetzlichen Erbfolge. Bitte bedenken Sie, dass eine Enterbung ein schwerwiegender Schritt ist, den Sie nicht leichtfertig gehen sollten.

Den Pflichtteil können Sie nur bei schweren Vergehen entziehen. Das müssen Sie dann auch im Testament begründen. Als Gründe für eine solche Enterbung mit Pflichtteilsentzug gelten:

  • ein Tötungsversuch oder anderes schweres Vergehen an einer dem Erblasser oder der Erblasserin nahestehenden Person, zum Beispiel dem Ehegatten oder der Ehegattin, den Kindern oder Enkeln
  • eine böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblassenden
  • eine Verurteilung für eine schwere Straftat mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung
  • eine gesetzliche Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer schweren Straftat

Das ist nur bei schweren Vergehen des oder der Pflichtteilsberechtigten möglich, etwa wenn diese oder dieser wegen einer Straftat zu einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde. Die Gründe, aus denen Sie im Testament den Pflichtteil ausschließen können, stehen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) § 2333.

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