Getrieben von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen kletterte die Inflation im Euro-Raum im Oktober auf die Rekordhöhe.
Die Teuerungsraten seien „nach wie vor deutlich zu hoch“, erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde.
Für Sparerinnen und Sparer steigt der Einlagensatz. Das hört sich zwar gut an, ist aber angesichts der Inflation nicht genug.
Seit März 2016 lag der Leitzins im Euroraum bei null Prozent. Nach langem Zögern hob die EZB im Juli 2022 die Zinsen erstmals wieder an. Nun hat sie mit einer erneuten Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte nochmals nachgelegt. Damit steigt der Leitzins, zu dem sich Banken und Sparkassen frisches Geld bei der EZB leihen können, auf 2,0 Prozent.
Mit diesem Schritt reagiert die EZB auf die anhaltend hohe Inflation. Die Teuerungsraten seien „nach wie vor deutlich zu hoch“, erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Höhere Zinsen machen den Euro attraktiver für Anleger und Anlegerinnen, was dessen Kurs anschieben und damit Importe von Rohstoffen und Energie billiger machen kann. Das wiederum kann die Inflation dämpfen. Die EZB stellte zudem weitere Zinserhöhungen in den nächsten Monaten in Aussicht.
Getrieben von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen kletterte die Inflation im Euro-Raum im Oktober auf die Rekordhöhe von 10,7 Prozent. Angestrebt ist mittelfristig ein Preisniveau mit einer Jahresteuerung von 2,0 Prozent. Die Inflation werde aber „voraussichtlich für längere Zeit über dem Zielwert bleiben“, so die EZB.
Die Inflation wird nach Einschätzung der Währungshüter deutlich höher ausfallen als vor drei Monaten erwartet: Für das laufende Jahr gehen die EZB-Volkswirte von einer durchschnittlichen Teuerungsrate in der Euro-Zone von 8,1 Prozent aus. Noch im Juni lautete die Prognose auf 6,8 Prozent. 2023 werde die Inflation dann voraussichtlich bei 5,5 Prozent liegen – wobei sie laut Ifo-Institut im ersten Vierteljahr 2023 wegen der Strom- und Gaspreise sogar auf etwa 11 Prozent hochgetrieben wird. Im Jahr 2024 soll sie der EZB zufolge dann wieder auf 2,3 Prozent sinken.
Was das genau für Menschen und Unternehmen in Deutschland heißt, erklärt Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank.
Die privaten Haushalte in Deutschland leiden vor allem unter der Inflation. Höhere Zinsen sollen die Inflation stoppen. Grundsätzlich wird das wohl klappen. Allerdings werden bis ins kommende Jahr hinein noch die hohen Energiepreise weitergegeben werden, bevor die Rohstoffpreise dann wieder sinken.
Gegen diese Knappheiten und Preisanstiege bei Energie kann die Notenbank mit ihrer Zinspolitik nicht viel ausrichten. Ihr geht es eher um die Kerninflation, also den breiten Preisauftrieb. Der ist mit drei bis vier Prozent zurzeit auch zu hoch. Bis die Inflation dann wieder dauerhaft bei zwei Prozent liegen wird, ist es noch ein langer Weg. Das dürfte Jahre dauern.
Der für die Banken wesentliche Leitzins ist zurzeit der so genannte Einlagensatz, also die Verzinsung, die die Banken und Sparkassen selber für ihre eigenen Einlagen bei der EZB erhalten. Dieser Einlagensatz liegt zurzeit bei 1,50 Prozent. Daran orientieren sich die Kreditinstitute bei ihren Konditionen für Giro- und Sparkonten. Dieser Zinssatz wird im kommenden Jahr auf mehr als zwei Prozent steigen. Das bedeutet, dass es auch wieder zwei Prozent auf dem Sparkonto geben sollte.
Das hört sich zwar gut an, ist aber angesichts einer Inflation, die wir bei zwei bis vier Prozent in den kommenden Jahren erwarten, nicht genug. Denn es hat zur Folge, dass sich das Geldvermögen weiterhin entwertet. Dagegen helfen nur Aktien und Immobilienanteile im Vermögen.
Die Unternehmen haben jetzt vor allem den Konjunkturwinter vor Augen mit Rezession und Energieknappheit. Um ähnlich wie zu Coronazeiten die schlimmsten Auswirkungen auf die Unternehmen abzufedern, ist weniger die EZB gefragt als das Finanzministerium. Grundsätzlich sind auch die Unternehmen an einer stabilen Währung interessiert, und die nun eingetretene moderate Verschlechterung der Kreditbedingungen sind noch verkraftbar.
Stand: 31.10.2022