Die EZB legt die Höhe des leitenden Zinssatzes im Euroraum in Prozent fest: Im Oktober 2024 reagiert sie auf die sinkende Inflation und senkt den Einlagenzins um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent.
Ist dieser Zinssatz niedrig, können sich europäische Geschäftsbanken und Sparkassen, die zu Transaktionen mit der EZB zugelassen sind, zu guten Konditionen Geld bei ihr leihen und der Kundschaft Kredite mit entsprechend günstigen Zinsen zur Verfügung stellen.
Die Zinsen bei der Geldanlage orientieren sich ebenfalls an den Vorgaben der Notenbank. Zinsen auf Sparguthaben fallen bei einem niedrigen Leitzins gering aus.
Ziel der EZB ist es, dass sich die Preise im Euroraum stabil
entwickeln. Mittelfristig soll dafür die Inflationsrate im Euroraum bei 2
Prozent liegen. Zwischenzeitlich war sie auf über 8 Prozent gestiegen und so
hoch wie noch nie seit Einführung der Gemeinschaftswährung. Um die
Preissteigerungen abzubremsen, dient der Leitzins – genau genommen sind es drei
verschiedene Leitzinssätze – als Steuerungsinstrument.
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Zinspolitik steuert die Wirtschaft
Üblicherweise steigen die Preise schnell, wenn die Wirtschaft boomt und deswegen viel gekauft wird, also die Nachfrage hoch ist. Dann erhöhen Notenbanken die Zinsen, um die Nachfrage und damit den Anstieg der Preise abzubremsen. Flacht bei langsamerem Wachstum der Preisanstieg ab, können die Zinsen gesenkt werden. Mit niedrigsten Zinsen, so die Argumentation der EZB in den vergangenen Jahren, würden zum Beispiel Finanzierungen für Investitionen günstiger, die Wirtschaft käme in Schwung, die Nachfrage würde anziehen und damit die Inflation steigen.
Historische Niedrigzinsphase und die jüngsten Zinsanhebungen der EZB
In der Finanzkrise, während der Staatsschuldenkrise Griechenlands und in der Corona-Pandemie haben die Notenbanken weltweit die Leitzinsen drastisch gesenkt. Sie hatten Sorge, dass wegen der großen Unsicherheiten niemand mehr Geld verleihen und das Wirtschaftsleben gänzlich zum Stillstand kommen würde. Eine derartig lange Phase des Niedrigzinses gab es jedoch noch nie zuvor. Der Leitzins wurde seit 2008 von 4,25 Prozent kommend wiederholt gesenkt. Im März 2016 erreichte er 0 Prozent und blieb bis Juli 2022 auf diesem Niveau. Der Einlagesatz war zeitweilig sogar negativ.
Die EZB erhöhte im Juli 2022 erstmals nach elf Jahren den Leitzins. Bis Ende des Jahres stieg der Hauptrefinanzierungssatz auf 2,5 Prozent. Dieser Kurs wurde auch 2023 fortgesetzt: Bis September 2023 stieg der Hauptrefinanzierungssatz auf 4,25 Prozent. Der Einlagesatz wurde auf 3,75 Prozent festgelegt. Damit sollte die Inflation auf ihr mittelfristiges 2-Prozent-Ziel gedrückt werden. Denn höhere Zinsen schwächen die Wirtschaft und das führt für die Unternehmen zu weniger Möglichkeiten, die Preise zu erhöhen. Dieser Mechanismus griff auch dieses Mal. Daher senkt die EZB die Leitzinsen seit Sommer 2024 wieder.
Die 3 Leitzinssätze der EZB
In den Medien ist oft vom „Leitzins der EZB“ die Rede. Tatsächlich legt die Zentralbank aber drei verschiedene Leitzinssätze fest:
- den Hauptrefinanzierungssatz
- den Spitzenrefinanzierungssatz
- den Einlagesatz
Der Hauptrefinanzierungssatz
Wenn vom „Leitzins der EZB“ die Rede ist, ist in der Regel der Hauptrefinanzierungssatz gemeint. Der Hauptrefinanzierungssatz sagt aus, zu welchen Konditionen die Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank Geld ab einer Woche Laufzeit leihen können.
Der Spitzenrefinanzierungssatz
Zu diesem Zinssatz können sich Geschäftsbanken bei der EZB sehr kurzfristig (über Nacht) Geld leihen.
Der Einlagesatz
Zu diesem Zinssatz (auch Einlagenzins) können Geschäftsbanken bei der EZB sehr kurzfristig (über Nacht) Geld parken.
Auswirkungen auf das Tagesgeld
Der Spitzenrefinanzierungssatz und der Einlagesatz haben bei den Kreditinstituten vor allem Auswirkungen auf die Zinsen beim Tagesgeld. Denn braucht eine Sparkasse oder Bank sehr kurzfristig Geld, bekommt sie es bei der EZB zum Spitzenrefinanzierungssatz. Sie wird deshalb nicht bereit sein, bei einem Wettbewerber mehr für einen kurzfristigen Kredit auszugeben als diesen Zinssatz. So müssen Banken und Sparkassen also günstiger bleiben, um ein Geschäft abzuschließen. Dadurch ist der Spitzenrefinanzierungssatz faktisch die Obergrenze für Zinsen beim Tagesgeld.
Beim Einlagesatz ist es genau umgekehrt. Die Kreditinstitute können zu diesem Satz kurzfristig Geld bei der EZB anlegen. Sie würden bei ihren Wettbewerbern nicht weniger Zinsen akzeptieren, wenn sie bei der EZB mehr bekommen. Oder in Zeiten negativer Zinsen: Sie würden nicht woanders mehr bezahlen, wenn es bei der EZB günstiger wäre. Die Banken und Sparkassen müssen also mehr Zinsen (beziehungsweise weniger negative) bieten, um ein Geschäft abzuschließen. Dadurch bildet der Einlagesatz faktisch den minimalen Zinssatz für Tagesgeld.
Auswirkung auf Geldanlagen
Zinsentscheidungen der Notenbanken haben Auswirkungen auf Ihre Finanzen. Eine Senkung der Leitzinsen lässt zwar Kredite preiswerter und somit attraktiver werden, sie reduziert aber zugleich die Verzinsung von Anlageprodukten.
Gerade wenn sich der Leitzins langfristig auf einem niedrigen Niveau bewegt, haben Sparende wenig Möglichkeiten ihr Geld auf dem Sparbuch oder auf dem Tagesgeldkonto zu vermehren. Alternative Formen der Geldanlage in Sachwerten wie Fonds, Aktien oder Immobilien helfen beim Vermögensaufbau.
Tipp: Je nachdem, wie langfristig Sie ihr Geld anlegen wollen und wie schnell Sie auf Zinsveränderungen reagieren möchten, lohnt es sich, die Zinsentwicklung im Auge zu behalten und Ihre Anlageform danach zu wählen. Banken, Unternehmen, Verbraucher und Verbraucherinnen haben nun die Möglichkeit, sich auf die neue Situation einzustellen. Die Berater und Beraterinnen der Sparkassen beantworten Ihnen gern Ihre Fragen.
Auswirkungen auf die Baufinanzierung
Der wichtigste Leitzins der EZB ist der Hauptrefinanzierungssatz. Sinkt er, können die Kreditinstitute günstiger Geld bei der Zentralbank leihen; ein Zinsanstieg bedeutet zumeist steigende Kosten für Finanzierungen. Banken und Sparkassen berücksichtigen die Zinsen – und deren Veränderungen - bei neuen Abschlüssen. Möglicherweise reagieren Institute unterschiedlich stark und unterschiedlich schnell, weil sie untereinander in Wettbewerb stehen. In der Niedrigzinsphase konnten viele Kundinnen und Kunden außergewöhnlich günstig Kredite aufnehmen für Kauf oder Umbau von Haus oder Wohnung. Mit steigenden Zinsen werden Preisvergleiche und Förderprogramme wieder wichtiger.
Tipp: In Zeiten günstiger Baufinanzierungen lohnt sich eine lange Zinsbindung. So vermeiden Sie, dass Sie am Ende der Laufzeit über eine hohe Restschuld eine Anschlussfinanzierung zu höheren Zinsen abschließen müssen – wenn die Zinsen für Darlehen bis dahin gestiegen sind. Wer den Immobilienkauf oder eine energetische Sanierung erst in Zukunft plant, kann sich mit einem Bausparvertrag die aktuell niedrigen Zinsen für später sichern, denn diese werden voraussichtlich weiter steigen.
Auswirkungen der aktuellen Zinsänderung
Die aktuelle Zinssenkung ist insbesondere für Kreditnehmer, Sparerinnen und Investorinnen von Bedeutung, da sich Veränderungen des Leitzinses eben auch direkt auf Hypothekenzinsen, Sparangebote und die Entwicklungen an den Finanzmärkten auswirken. Führt die neue Zinspolitik der EZB zu niedrigeren Zinsen auf Sparkonten und Festgeldanlagen, bewegt dies Anlegerinnen und Anleger erfahrungsgemäß dazu, verstärkt in risikoreichere Anlagen wie Aktien oder Immobilien zu investieren. Für Immobilienkäufer bieten sich durch niedrigere Hypothekenzinsen günstigere Finanzierungsmöglichkeiten, was zu steigenden Immobilienpreisen führen kann. Gleichzeitig stimuliert die Zinssenkung die Wirtschaft durch günstigere Kredite, schwächt den Euro und kann Exporte fördern, birgt aber das Risiko von Vermögensblasen und Herausforderungen für die private Altersvorsorge.
Reaktionen aus der Finanzwelt
Die Zinssenkungen sind von Expertinnen und Experten aus der Finanzwelt überwiegend positiv aufgenommen worden. Auch, wenn etwa aus Italien Stimmen kommen, dass die Zinssenkung um 25 Basispunkte zu wenig sei, um das Wachstum wieder anzukurbeln – führende Ökonomen und Bankvertreter bewerteten den Schritt als angemessen und gut getimt. Sie betonten, dass die Zinssenkung im Einklang mit der aktuellen wirtschaftlichen Lage und der Inflationsentwicklung stehe. Insgesamt herrscht die Meinung vor, dass die EZB mit dieser Maßnahme einen ausgewogenen Ansatz verfolgt, um sowohl die Preisstabilität zu wahren als auch das Wirtschaftswachstum zu unterstützen. So reagiere sie flexibel auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Nun sei aber die mehr denn je die Wirtschaftspolitik gefordert. Dr. Reinhold Rickes, Chefvolkswirt des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes: "Insgesamt legt damit die Geldpolitik eine Grundlage für die Überwindung der gegenwärtigen Stagnation. Gefordert bleibt jetzt die Wirtschaftspolitik, mit strukturellen Reformen Wege aus der Stagnationsfalle zu ebnen."
Das sind die Erwartungen
Mittelfristig erwarten Expertinnen und Experten, dass die EZB den Leitzins weiter schrittweise senken könnte. Die Prognosen dafür liegen zwischen 2,25 und 3 Prozent bis Ende 2025. Die Zinssenkungen könnten möglicherweise bei jeder zweiten Sitzung in kleinen Schritten erfolgen, abhängig von der wirtschaftlichen und insbesondere der Inflationsentwicklung. Unsicherheit und datenabhängige Entscheidungen werden jedoch die künftige Zinspolitik prägen.
Angesichts der niedrigen Inflation ist es möglich, dass die Europäische Zentralbank auch in der kommenden Sitzung im Dezember 2024 abermals die Zinsen senkt.
Stand: 17.10.2024
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Häufige Fragen zum Leitzins
1Was ist der Leitzins?
Mit dem Begriff „Leitzins“ ist meist der Hauptrefinanzierungssatz der EZB gemeint. Er ist der wichtigste der drei Leitzinssätze der EZB. Zentrales Ziel der Europäischen Zentralbank ist es, die Inflationsrate im Euroraum mittelfristig stabil bei zwei Prozent zu halten. Die Leitzinsen beeinflussen auch, zu welchen Konditionen Kundinnen und Kunden bei ihrer Sparkasse oder Bank eine Baufinanzierung bekommen – und wie hoch die Zinsen bei der Geldanlage ausfallen.
2Wie hoch ist der Leitzins?
Der Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz) liegt bei 4,25 Prozent. Die aktuellen Werte der drei EZB-Leitzinssätze sowie deren Entwicklung in den vergangenen Jahren können Sie bei der Deutschen Bundesbank herunterladen und einsehen.
3Wann wird der Leitzins erhöht?
Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Ein Termin für eine erneute Pressekonferenz zu geldpolitischen Beschlüssen der EZB findet wieder am 14. September 2023 statt.
4Was bedeutet es, wenn der Leitzins angehoben wird?
Die EZB möchte mit einer Erhöhung des Leitzinses die Inflation in Schach halten. Kredite werden durch die Zinssteigerung teurer. In der Regel investieren Unternehmen dann weniger und Verbraucher und Verbraucherinnen geben weniger Geld aus. Die Nachfrage für Waren aller Art geht zurück. So steigen die Preise nicht weiter und sinken bestenfalls auch wieder.
5Warum erhöht die EZB den Leitzins und warum nicht?
Sind die Zinsen niedrig, regt das dazu an, mehr Geld auszugeben. So steigt die Nachfrage nach Waren und darauffolgend die Preise. Das kann zur Inflation führen. Dann erhöht die EZB in der Regel den Leitzins. Dadurch wird wieder weniger konsumiert und die Preise gehen zurück. Dieser Plan geht jedoch nur auf, wenn die Inflation nachfragebedingt ist. Die Preise steigen aktuell vor allem, weil Energie knapp und teuer ist und dieser Umstand viele Bereiche des Lebens beeinflusst. Aktuell werden die Zinsen von der EZB trotzdem angehoben, damit die hohe Inflationsrate nicht zur Normalität wird. So wird für möglichst stabile Preise gesorgt.
6Wie beeinflusst der Leitzins die Inflation?
Zentralbanken wollen durch die Anpassung des Leitzinses auf Preissteigerungen und die Inflation Einfluss nehmen. Steigt der Leitzins an, sinkt die Nachfrage nach Gütern. Durch höhere Zinsen sollen sich die Preise wieder stabilisieren. Unternehmen investieren weniger, da Kredite teurer sind. Haushalte versuchen im Alltag Kosten zu sparen. Das Angebot ist größer als die Nachfrage, was dazu führt, dass die Preise und die Inflationsrate sinken. Das passiert jedoch nicht sofort, sondern braucht ein paar Monate.
7Wie wirkt sich der Leitzins auf Kredite aus?
Über den Leitzins legt die EZB fest, zu welchen Zinssätzen sich Banken bei ihr Geld leihen können. Das heißt: Ist der Leitzins niedrig, sind die Kredite bei der EZB günstiger. Diese günstigen Kreditzinsen werden von den Banken an Endverbrauchende weitergegeben. Im Gegenzug gibt es jedoch nur sehr geringe oder keine Zinsen auf Geldanlagen. Steigt der Leitzins, müssen Banken mehr Geld bezahlen, um sich etwas von der Zentralbank zu leihen. Um das auszugleichen, steigen die Kosten für Kredite.