Sparen ist eine Tradition, fast so alt ist wie die Menschheit. Auch heute ist die Geldanlage selbst in den größten Krisen für die Menschen wichtig: Anfang 2022 erreichten die Einlagen deutscher Haushalte mehr als eine halbe Billion Euro. Warum das so ist und welche Rolle ausgerechnet das Schwein beim Sparen spielt? Erfahren Sie hier.
Schon die alten Griechen und Römer taten es. Sie nutzten zum Sparen einfache Tongefäße, um ihre Münzen aufzubewahren. Die älteste bekannte Spardose ist ein kleiner griechischer Schatztempel aus Ton: Thesaurus genannt. Diese frühen Spardosen sind die Vorläufer unserer heutigen Tresore.
Im Mittelalter wurden Tongefäße in Form von Schweinen populär. Sie waren ein Symbol für Glück und Wohlstand, das bis heute in unseren Sparschweinen weiterlebt. Das Sprichwort „Schwein haben“ beschreibt genau das: Nur jemand, der vermögend war, konnte sich eigenes Vieh leisten – und hatte immer etwas zu essen.
Der Weltspartag hat eine fast 100-jährige Tradition: Zum ersten Mal fand er am 31. Oktober 1925 statt. Ein Jahr zuvor hatten Sparkassenvertreter aus aller Welt auf dem ersten Internationalen Sparkassen-Kongress in Mailand die Einführung eines „Weltfeiertags der Sparkassen“ beschlossen.
Das Ziel: In allen Bereichen des Lebens sparsam zu wirtschaften. Und: So gut wie eben möglich Geld auf die hohe Kante zu legen, um für schwierige Zeiten gewappnet zu sein. Zudem wuchs mit der Einführung des Weltspartags das Bewusstsein, dass Sparen nicht nur clever, sondern auch wichtig für die Gemeinschaft ist: Es fördert den gesellschaftlichen Fortschritt.
Heute hat sich das Sparen stark verändert: Spardosen gibt es in allen möglichen Formen – von Sparschweinen über Teddybären bis zu Fußbällen. Mehr als die Hälfte der Deutschen besitzt noch immer eine. Neben der traditionellen Spardose sind Girokonten weit verbreitet. Mehr als 42 Prozent nutzen dieses Konto auch zum Sparen. Auch das Sparbuch ist in Deutschland nach wie vor beliebt. Obwohl es sich ebenso wie das Girokonto in Zeiten einer höheren Inflation nur bedingt zur Aufbewahrung von Geld eignet.
Dank Internet und Digitalisierung lässt sich Geld heutzutage schnell und bequem über das Onlinebanking oder spezialisierte Apps investieren. Das hat die Geldanlage revolutioniert, indem der Zugang zu Finanzmärkten und Anlageprodukten erheblich vereinfacht wurde. So können die Menschen nun jederzeit von zu Hause aus in Echtzeit Transaktionen durchführen, ihre Portfolios überwachen und von einer Vielzahl an Analysetools und automatisierten Sparplänen profitieren. Das macht die Verwaltung und Diversifizierung ihrer Investitionen effizienter und zugänglicher.
Immer mehr Menschen, vor allem junge Anlegerinnen und Anleger (immerhin 77 Prozent), setzen mittlerweile auf Einzelaktien und Investment-Fonds. Insbesondere auch auf ETFs (Exchange Traded Funds; auf Deutsch: börsennotierte Indexfonds), um ihr Geld langfristig anzulegen. Danach folgen Fest- und Tagesgelder und sogar Kryptowährungen.
Auch in Zeiten wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit bleibt das Sparen eine wichtige Tradition in Deutschland: Anfang 2022 betrugen die Einlagen deutscher Haushalte fast 546 Milliarden Euro. Ein Zeichen dafür, dass das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen aufgrund der jüngsten Krisen noch einmal gestiegen ist.
So hat sich das Konsumverhalten der Deutschen in Zeiten von Corona, Ukraine-Krieg, Gas-Krise und Inflation deutlich verändert: Laut einer aktuellen Studie des Forschungsinstituts Yougov planen mehr als ein Drittel (35 Prozent) der Menschen, ihre Konsumausgaben zu reduzieren. Das betrifft sowohl Produkte des täglichen Bedarfs als auch nicht-essenzielle Bereiche wie Unterhaltung, Gastronomie und Reisen. Wer es sich leisten kann, legt Geld zur Sicherheit beiseite, um mehr daraus zu machen.
Welche konkreten Sparziele die meisten Menschen dabei verfolgen, schildert Sparkassen-Historiker Dr. Thorsten Wehber im Interview:
100 Jahre spannende Jahre: Der Historiker des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Dr. Thorsten Wehber, erläutert im Interview, wie sich Sparen und Sparziele seit dem ersten Weltspartag verändert haben. Und was gleichgeblieben ist. Er nimmt uns dabei mit auf eine spannende Reise durch die Geschichte der Sparziele – und was sie über uns verrät.
Ihre Antwort würde vermutlich lauten, dass die Menschen damals vor allem für Zeiten der Not oder finanzieller Engpässe gespart haben. Auch größere und kleinere Anschaffungen und fürs Alter vorzusorgen waren damals schon wichtige Sparmotive.
Die Gründe, aus denen die Menschen sparen, sind im Laufe der Zeit im Wesentlichen die gleichen geblieben. Aber die Reihenfolge hat sich verändert: Heute steht die Altersvorsorge an erster Stelle – gefolgt von den Zielen, Wohneigentum zu erwerben und Konsumwünsche zu erfüllen. Der sprichwörtliche „Notgroschen“ spielt nur noch eine sehr geringe Rolle. Dafür ist die Kapitalanlage, also Investitionen in Fonds, Aktien oder Lebensversicherungen, ein neues wichtiges Motiv.
Die Sparschweine sind heute sicherlich besser gefüllt. Das liegt daran, dass wir in Deutschland trotz aller Krisen großen Wohlstand genießen. Vor 100 Jahren hatten die Deutschen gerade die Zeit der Hyperinflation überstanden. Durch sie hatten sich die privaten Ersparnisse in Luft aufgelöst. Und die Menschen begannen erst allmählich, wieder Geld auf ihre Sparkonten einzuzahlen.
Übrigens ist es keine so gute Nachricht, wenn die Sparschweine besonders gut gefüttert werden. Denn hohe Sparquoten sind in der Regel ein Krisenzeichen: In der Bundesrepublik gab es die höchsten Sparquoten während der Ölpreiskrise Mitte der 1970er Jahre und während der Coronapandemie. Vor 50 Jahren sparten die Menschen aus Sorge um ihre wirtschaftliche Zukunft. Und als COVID-19 grassierte, fehlten schlicht die üblichen Möglichkeiten Geld auszugeben. So landete es auf der hohen Kante.
Für die 1920er-bis 1940er-Jahren waren Heimsparbüchsen typisch, die aus Gusseisen oder Stahl hergestellt und deshalb auch Tresorspardosen genannt wurden. Solche Heimsparbüchsen verliehen Sparkassen an ihre Kunden, damit diese ihre Ersparnisse zuhause sammeln konnten. Der Schlüssel blieb bei der Sparkasse. Wollte der Kunde seine Sparbüchse leeren, ging er dorthin. Sie wurde geöffnet und das gesparte Geld aufs Sparkonto eingezahlt.
Sehr originell waren Sparuhren. Sie funktionierten nur, wenn vor dem Aufziehen eine Münze in einen dafür vorgesehenen Schlitz eingeworfen wurde. War der Münzbehälter voll, hieß es auch hier, zur Sparkasse gehen und das gesparte Geld aufs Konto einzahlen.
Auch in den 1950er- und 1960er-Jahren gab es weiterhin Heimsparbüchsen. Weit verbreitet war ein schlichtes, einfarbiges und an einen Bienenkorb erinnerndes Modell. Daneben existierten auch Spardosen mit verschiedenen Bildmotiven. Sie waren vor allem für Kinder gedacht und wurden im Rahmen des Schulsparens oder am Weltspartag verteilt. Beliebt waren zum Beispiel Spardosen mit Walt Disney-Figuren oder dem damaligen Sparkassen-Maskottchen „Sparefroh“.
Seit den 1960er-Jahren wurden die Sparbehältnisse immer vielfältiger. Sie waren nicht mehr nur aus Metall, sondern oft aus Kunststoff oder zuweilen aus Holz. Sie konnten die verschiedensten Formen haben – etwa die eines Globus, einer Wiege, eines Abakus oder diverser Tiere.
Ab Mitte der 1970er-Jahre tummelten sich dann die Figuren des Comicmagazins „KNAX“ auf den Spardosen der Sparkassen. Und seitdem gibt es so viele verschiedene Varianten, dass es schwierig ist, einzelne konkret zu benennen.
Solch skurrile Sparprodukte wären vermutlich schon aus rechtlichen Gründen nicht zulässig und passen auch nicht zu den Sparkassen als seriöse Kreditinstitute. Sparprodukte, die für einen bestimmten Zweck bestimmt waren, hat es aber in der Vergangenheit immer wieder gegeben: Beispielsweise konnte man mithilfe des „Olympiasparens“ Geld für Eintrittskarten bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin ansparen. Auch verschiedene Formen des Reisesparens wurden immer wieder angeboten – und zwar sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR. Außerdem gab es in den 1950er-Jahren in beiden deutschen Staaten das Heiratssparen, in der DDR das Studiums- und das Schulentlassungssparen sowie in der BRD das Junghandwerkersparen. Das sollte jungen Handwerkern die Existenzgründung erleichtern.
Das erste Jahrzehnt dieser Revue wäre dramaturgisch am dankbarsten, weil dramatischsten:
1920er Jahre – die kurzen „Goldenen Zwanziger“: Neuanfang nach der Hyperinflation und Renaissance des Sparens für Notzeiten.
1930er – 1940er Jahre: Sparen als „nationale Pflicht“ während der Zeit des Nationalsozialismus – vor allem mangels Konsummöglichkeiten. Tatsächlich wurden die Ersparnisse in die Finanzierung von Aufrüstung und Kriegsführung umgelenkt. Und am Ende waren sie nur noch einen Bruchteil wert.
1950er – 1960er: Sparen zunächst für Grundbedarfsgüter und dann für Konsumwünsche wie Waschmaschine, Auto und Urlaubsreisen.
1970er – 1980er: Sparen als Absicherung gegen wirtschaftliche Unsicherheiten – mit einem Höhepunkt der Sparquote im Jahr 1975 von 16,2 Prozent.
1990er Jahre: Die Wiedervereinigung bringt unterschiedliche Spargewohnheiten zusammen. Neue Anlageprodukte wie Geldmarktfonds und Tagesgeldkonten konkurrieren mit dem Klassiker Sparbuch.
2000er Jahre: Die Weltfinanzkrise führt zu Unsicherheit – aber die Bundesregierung garantiert die Sicherheit der Spareinlagen.
2010er Jahre: Die Niedrigzinsphase erschwert traditionelles Sparen, trotzdem pendelt sich die Sparquote bei rund 10 Prozent ein. Und: Neue digitale Anlagemöglichkeiten wie ETFs und Kryptowährungen gewinnen an Bedeutung.
2020er Jahre: Die Coronapandemie führt zunächst zu wachsenden Sparguthaben und der Rückkehr der schon fast totgeglaubten Inflation. Steigende Preise beeinflussen die Sparfähigkeit und den realen Wert des Geldes.
Diese Trends zeigen, dass sich die Sparziele im Laufe der Zeit zwar gewandelt haben. Aber der Grundgedanke bleibt: finanzielle Sicherheit und Vorsorge. Krisenzeiten wie die Hyperinflation, Ölkrise oder die Coronapandemie haben das Sparverhalten im Laufe der vergangenen 100 Jahre immer wieder beeinflusst. Aber die Menschen sind sich bewusst, dass Sparen ein kontinuierlicher und notwendiger Bestandteil unseres Lebens ist.