Wenn sich abzeichnet, dass jemand Pflege benötigt, ergeben sich zunächst oft viele Fragen und Ungewissheiten. Schließlich kann diese neue Lebensphase für einige Veränderungen im Leben sorgen. Gut zu wissen ist, dass die Pflege individuell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Person zugeschnitten wird. Dabei soll deren Selbstständigkeit, so weit wie möglich, gefördert und erhalten bleiben. Einen Anhaltspunkt dafür, wie selbstständig eine Person ist, gibt der Pflegegrad.
Es gibt in Deutschland derzeit 5 Pflegegrade, von 1 für eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit bis hin zu 5 für die schwerste Beeinträchtigung mit zusätzlichen besonderen Anforderungen.
Der Pflegegrad entscheidet unter anderem über die Höhe des Pflegegelds beziehungsweise der Pflegesachleistungen: Je höher er ist, desto höher der von der Pflegekasse übernommene Betrag.
Welcher Pflegegrad vorliegt, wird auf Antrag bei der Pflegekasse im Rahmen einer Pflegebegutachtung geprüft und regelmäßig kontrolliert.
Diese 5 Pflegegrade gibt es
Pflegegrad 1:
Dieser Grad ist für Personen vorgesehen, die eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit haben. Die betroffenen Menschen benötigen möglicherweise gelegentlich Unterstützung bei alltäglichen Aktivitäten, sind jedoch überwiegend noch selbstständig.
Pflegegrad 2:
Hiermit ist bereits eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit verbunden. Die Pflegebedürftigen benötigen regelmäßige Unterstützung im Alltag, zum Beispiel beim Anziehen, der Körperpflege oder Ernährung. Sie können jedoch viele andere Dinge selbstständig bewältigen.
Pflegegrad 3:
Dieser Grad betrifft Personen mit einer schweren Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Sie sind auf umfangreiche Hilfe angewiesen, sowohl bei grundlegenden täglichen Aktivitäten als auch im Rahmen einer Betreuung und Unterstützung über den Tag verteilt.
Pflegegrad 4:
Menschen mit der schwersten Beeinträchtigung der Selbstständigkeit fallen in diesen Pflegegrad. Sie benötigen eine intensive Pflege und Betreuung, da sie viele grundlegende tägliche Aktivitäten nicht mehr eigenständig durchführen können.
Pflegegrad 5:
Dies ist der höchste Pflegegrad. Er betrifft Personen mit der schwersten Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, die zusätzlich besondere Anforderungen an die pflegerische Versorgung stellen. Sie benötigen eine besonders intensive, oft ständige und spezialisierte Betreuung und Pflege.
Tipp: Lesen Sie auch unseren Artikel „Was Pflege beinhaltet“.
So wird beurteilt, welchen Pflegegrad ein Mensch hat
Die pflegebedürftige Person selbst oder eine bevollmächtigte Person, zum Beispiel Angehörige, Freundinnen oder Freunde, können den Pflegeantrag bei der Pflegekasse stellen. Diese ist bei der jeweiligen Krankenkasse angesiedelt.
Die Pflegekasse lässt daraufhin neben anderen Maßnahmen vom Medizinischen Dienst oder einem anderen speziellen Gutachter beziehungsweise einer speziellen Gutachterin eine Pflegebegutachtung durchführen. Bei dieser wird der Pflegegrad (früher: Pflegestufe) berechnet. Außerdem bekommen die Pflegebedürftigen und gegebenenfalls deren Angehörige Empfehlungen für die weitere Versorgung.
Für pflegebedürftige Kinder gelten bei der Einstufung in einen Pflegegrad andere Regeln, da ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten altersabhängig betrachtet werden. Die Begutachtung berücksichtigt das Alter, den Entwicklungsstand des Kindes und wie gut es mit nötigen Hilfsmitteln umgehen kann.
Weitere Informationen und individuelle Beratungen erhalten Sie von der Pflegekasse oder einer Pflegeberatung.
So verteilen sich die Pflegebereiche prozentual
Die prozentuale Verteilung zeigt, welche Lebensbereiche im Mittelpunkt stehen und wie stark sie die Pflegegradeinstufung beeinflussen. Das hilft, die Entscheidungen der Pflegekasse besser nachzuvollziehen.
Wie die Punktzahl bei der Bewertung entsteht
Eine Gutachterin oder ein Gutachter bewertet jede der oben genannten Fähigkeiten. Dabei gilt: Je mehr Punkte eine Person in einem Bereich erhält, desto mehr Hilfe braucht sie dort.
Die vergebenen Punkte haben eine unterschiedlich starke Relevanz: Die Spalte „Gewichtung“ zeigt, welche Bereiche höher priorisiert sind. Zum Beispiel ist die Selbstversorgung am zentralsten und zählt daher am meisten. Aus den gewichteten Punkten wird eine Gesamtpunktzahl berechnet.
Diese Punktzahl bestimmt dann, welchen Pflegegrad die Person erhält.
Sie sind mit der Einschätzung in Ihrem Pflegegrad-Bescheid nicht einverstanden? Innerhalb von 30 Tagen können Sie Widerspruch gegen die Pflegegrad-Entscheidung einlegen.
Was passiert nach der Begutachtung?
Die Bewertung wird an die Pflegekasse weitergeleitet.
- Die Pflegekasse entscheidet auf Basis des Gutachtens und schickt die Entscheidung als Pflegegrad-Bescheid an die pflegebedürftige beziehungsweise antragstellende Person.
- Das Gutachten wird ebenfalls per Post zugestellt – hieraus geht genau hervor, wie viele Punkte in jedem Bereich vergeben wurden.
- Sind Sie mit der Einschätzung im Pflegegrad-Bescheid nicht einverstanden, können Sie innerhalb von 30 Tagen Widerspruch gegen die Pflegegrad-Entscheidung einlegen.
· Die Pflegekasse entscheidet auf Basis des Gutachtens und schickt die Entscheidung als Pflegegrad-Bescheid .
Hinweis für Privatversicherte: Wenn Sie privat krankenversichert sind, wenden Sie sich an Ihre private Pflegeversicherung. Diese arbeitet in der Regel mit der Medicproof GmbH, die die Begutachtung durchführt. Der Ablauf ist vergleichbar mit dem bei gesetzlich Versicherten: Die Punktevergabe und Gewichtung erfolgen ebenfalls nach den oben genannten Kriterien. Auch Privatversicherte erhalten einen Bescheid und das Gutachten per Post.
Monatlich, jährlich, einmalig: Ihr Wegweiser zu den Pflegeansprüchen
Pflegebedürftige, die zu Hause von Angehörigen, Freunden oder Ehrenamtlichen betreut werden, können monatliches Pflegegeld erhalten. Alternativ oder ergänzend können sie Pflegesachleistungen nutzen, die von einem ambulanten Pflegedienst erbracht und direkt mit der Pflegekasse abgerechnet werden. Beide Leistungen lassen sich anteilig kombinieren, zum Beispiel 50 Prozent Pflegegeld und 50 Prozent Sachleistungen.
Einen monatlichen Entlastungsbetrag von 125 Euro erhalten Pflegebedürftige zusätzlich für Haushaltshilfen oder andere Unterstützungsleistungen. Für einen Hausnotruf übernimmt die Pflegekasse bis zu 25,50 Euro im Monat. Für teilstationäre Pflege, wie Tages- oder Nachtpflege, sowie für vollstationäre Pflege im Heim stehen monatliche Zuschüsse zur Verfügung, deren Höhe abhängig vom jeweiligen Pflegegrad ist. Ebenfalls monatlich werden Pflegehilfsmittel wie Einmalhandschuhe oder Desinfektionsmittel bis zu einem Betrag von 42 Euro erstattet. Wer in einer Pflege-Wohngruppe lebt, erhält zusätzlich einen monatlichen Zuschuss von 224 Euro.
Einmal jährlich können Zuschüsse für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege beantragt werden. Diese Leistungen greifen, wenn die Pflegeperson ausfällt oder eine vorübergehende stationäre Betreuung notwendig ist.
Einmalige Zuschüsse gibt es darüber hinaus für Wohnraumanpassungen wie den Einbau eines Treppenlifts oder den Umbau eines Badezimmers. Hier übernimmt die Pflegekasse bis zu 4.180 Euro pro Maßnahme.
Info: Die Pflegeberatung hilft Ihnen bei individuellen Fragen mit detaillierten Informationen weiter.
Pflegegeld beantragen: So gehen Sie vor
Stellen Sie (beziehungsweise die betroffene Person) einen Pflegeantrag bei Ihrer Pflegekasse, um den Pflegegrad feststellen zu lassen. Die Pflegekasse ist dieselbe Stelle, bei der Sie Ihre Krankenversicherung abgeschlossen haben. Ist der Pflegegrad bereits beantragt, können Sie auch einen Antrag auf Überprüfung und gegebenenfalls Erhöhung stellen. Beides geht formlos bei der Pflegekasse.
Daraufhin erhalten Sie ein Formular, das Sie ausfüllen, unterschreiben und einreichen müssen. Im Anschluss bekommen Sie einen Termin für die Pflegebegutachtung. Bereiten Sie sich gut auf diese Begutachtung vor, indem Sie alle relevanten Informationen und Dokumente bereithalten. Dabei prüft der Medizinische Dienst oder ein anderer Gutachter beziehungsweise eine Gutachterin anhand der obigen Kriterien, welcher Grad vorliegt – und spricht der Pflegekasse eine Empfehlung aus. Anhand dieser entscheidet die Pflegekasse über den Leistungsanspruch.
Hinweis: In bestimmten, besonders zeitdringlichen Fällen können Sie auch einen Eilantrag stellen und eine vorläufige Begutachtung erhalten.
Häufige Fragen zum Pflegegrad
2Welche Pflegegrade gibt es?
Es gibt folgende 5 Pflegegrade:
- Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung
3Welche Voraussetzungen müssen für einen Pflegegrad erreicht sein?
Um einen Pflegegrad zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Diese beinhalten:
Selbstständigkeitsverlust: Es muss eine Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vorliegen, die voraussichtlich länger als sechs Monate beziehungsweise auf Dauer besteht. Bei weniger als sechs Monaten ist die Krankenversicherung zuständig.
Unterstützungsbedarf: Die betroffene Person muss in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens Unterstützung benötigen, etwa in
- ihrer Mobilität,
- ihren kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten,
- Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen,
- im Grad ihrer Selbstversorgung,
- dem Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen oder
- in der Gestaltung des Alltagslebens und sozialen Kontakten.
Prüfung: Eine Begutachtung durch den jeweils zuständigen Medizinischen Dienst oder andere zugelassene Gutachterinnen beziehungsweise Gutachter muss durchgeführt werden, um den Grad der Beeinträchtigung festzustellen. Hierbei wird anhand eines Punktesystems bewertet, wie stark die Selbstständigkeit eingeschränkt ist.
Bewertungssystem: Abhängig von der Anzahl der erreichten Punkte kann der entsprechende Grad zugewiesen werden. Die Entscheidung darüber liegt bei der Pflegekasse.
4Wie beantrage ich einen Pflegegrad?
Die Feststellung des Pflegegrads beantragen Sie einfach bei der Pflegekasse. Diese befindet sich bei der Krankenkasse. Die Beantragung ist formlos möglich. Sie erhalten daraufhin ein Formular, das Sie ausfüllen, unterschreiben und zurückschicken müssen.
Im Anschluss an die Antragstellung plant die Pflegekasse die Pflegebegutachtung. Bei dieser prüft der Medizinische Dienst oder ein spezieller Gutachter beziehungsweise eine Gutachterin, ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Daraus ergibt sich eine Empfehlung für einen bestimmten Pflegegrad. Die Pflegekasse entscheidet daraufhin und teilt dem Antragsteller oder der Antragstellerin per Brief das Ergebnis mit.
5Was passiert nach der Pflegebegutachtung?
In einem Gutachten erfolgt eine entsprechende Empfehlung an die jeweilige Pflegekasse. Diese entscheidet auf der Basis des Gutachtens über den Antrag. Der Antragsteller oder die Antragstellerin bekommt das Gutachten zusammen mit dem jeweiligen Pflegegrad-Bescheid von der Pflegekasse zugeschickt.
6Hat der Pflegegrad Auswirkungen auf die Leistungen einer Pflegezusatzversicherung?
Ja, auch die Leistungen einer Pflegezusatzversicherung hängen meist vom Pflegegrad ab. Prüfen Sie für genauere Details Ihren Versicherungsvertrag.