Ende Juli 2023 ist der Dax auf ein neues Rekordhoch geklettert: 16.528 Punkte. Nur zehn Monate vorher lag er noch bei 12.114 Zählern. Nach dieser Rallye von 36 Prozent tendiert der deutsche Leitindex zwar wieder etwas tiefer, um die Marke von 15.800 Punkten. Dennoch bewegt er sich damit weiterhin deutlich oberhalb seines achtprozentigen Anstiegs pro Jahr, den er seit seiner Gründung vor mehr als 30 Jahren im Durchschnitt vollzogen hat. Darüber, wie es in den kommenden Monaten weitergeht, gibt es aktuell sehr unterschiedliche Einschätzungen.
3 Fragen zu Geld an
Dr. Ulrich Kater
Herr Dr. Kater, vom Bullenmarkt zum Rekordhoch – der Dax hat sich in weniger als einem Jahr in rasanter Geschwindigkeit entwickelt. Was sind die Gründe für dieses außergewöhnliche Wachstum gewesen?
Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hatte die Kurse im Jahr 2022 stark einbrechen lassen. Denn mit dem zu erwartenden Engpass in der Energieversorgung waren Sorgen vor einem tiefen Einbruch der deutschen Wirtschaft im Winterhalbjahr verbunden. Eine Energie-Mangellage und damit einhergehende Rationierungen konnten verhindert werden, und der Rückgang der Wirtschaftsleistung war entsprechend weniger stark ausgeprägt als zwischenzeitlich befürchtet. Auch hat sich die globale Wirtschaft stabiler entwickelt als gedacht.
Diese veränderten Perspektiven haben den Ausverkauf am Aktienmarkt im September 2022 gestoppt und zu einer Trendumkehr geführt. Dass die Aufholbewegung dann im Jahr 2023 weiter angehalten und sogar auf neue Kursrekorde geführt hat, liegt auch an der Widerstandsfähigkeit der Unternehmen. Diese sind mit dem schwierigen Umfeld besser zurechtkommen als zunächst angenommen. So ist die starke Kurserholung von einer soliden Gewinnentwicklung der Unternehmen fundamental untermauert. Trotz der Kursgewinne sind die Unternehmensbewertungen am deutschen Aktienmarkt moderat geblieben.
Aktuell bewegt sich der deutsche Leitindex um einige 100 Punkte unter dem Rekordhoch von Ende Juli. War der Anstieg ein Ausbrecher oder kann man ihn als nachhaltig betrachten?
Nach einer derart rasanten Aufholbewegung, so wie sie seit September 2022 stattgefunden hat, ist es normal, dass die Kurse auch wieder ein Stück weit korrigieren. Wir stufen die aktuelle Phase als technische Korrektur ein. Das heißt, eine zunehmend positive Kurs- und Stimmungsdynamik wird bereinigt, ohne dass dies den grundsätzlich intakten Aufwärtstrend des Marktes gefährden würde.
Im Gegenteil: Derartige Zwischenkorrekturen sind wichtige gesundende Elemente und legen die Basis für eine nachhaltige Aufwärtsbewegung der Kurse. Die mittel- und langfristigen Perspektiven für den Markt sind intakt. Konjunktur und Unternehmensgewinne stabilisieren sich im laufenden Jahr und wir werden 2024 wieder moderate Zuwächse sehen. Das ist nicht nur eine gute fundamentale Basis für Kurszuwächse, sondern auch für Dividendenausschüttungen.
Lohnt sich jetzt der Einstieg für die Privatanlegerinnen und -anleger? Oder sollten sie besser warten, bis es noch weiter aufwärts geht?
Vor der Suche nach dem perfekten Einstiegszeitpunkt kann nur gewarnt werden. Vielmehr sollten sich die Menschen mit den grundsätzlichen Perspektiven des Aktienmarktes auseinandersetzen. Und diese lassen nur einen Schluss zu: In einem gut diversifizierten Portfolio mit einem mittel- bis langfristigen Anlagehorizont sollte der Großanteil Aktien beinhalten. Nur die Partizipation an der Realwirtschaft wird langfristig einen realen Wertzuwachs ermöglichen, der also nach Abzug der Inflation noch positiv ausfällt. Stabile Gewinnperspektiven der Unternehmen bei einer nur unterdurchschnittlichen Bewertung sprechen gerade in der aktuellen Konsolidierungsphase für einen Einstieg. Daneben ist es aber vor allem wichtig, einen regelmäßigen und automatisierten Einstieg in die Aktienmärkte zu verfolgen, beispielsweise über Sparpläne.
Stand: 18.08.2023