Ältere Frau sitzt vor einem Laptop in der Küche. Sie hält einen Stift in der rechten Hand, Papier liegt auf dem Tisch.

Aktienrente, Kinderrente, Staatsfonds: 200.000 Euro nach 67 Jahren sind rechnerisch möglich

Neue Reformvorschläge
Nach dem Vorstoß der FDP fordern nun auch immer mehr Stimmen in der CDU eine Reform unseres Rentensystems. Politiker und Verbraucherschützer empfehlen eine Ergänzung der gesetzlichen Rente durch staatliche Aktieninvestments. Als Vorbild gilt das schwedische Rentenmodell.

Das Wichtigste in Kürze:

Die gesetzliche Altersversorgung in Deutschland steht seit Jahrzehnten in der Kritik. Nachdem zu Beginn des Jahres bereits die FDP einen Reformvorschlag gemacht hatte, legte die CDU Mitte Juni einen eigenen Entwurf vor.

Demnach soll die öffentliche Hand in Zukunft durch Aktienanlagen für Startkapital zum Renteneintritt sorgen: „Der Staat legt bei Geburt eines Kindes 4.000 Euro in einen Staatsfonds an. Das Geld bleibt bis zum Renteneintritt im Staatsfonds. Erst dann kann es ausgezahlt werden.“ So erklärt der CDU-Rentenexperte Kai Whittaker die neue Idee vom sogenannten Kinderrentengeld.

Sechs Prozent reale Rendite?

Eine öffentlich-rechtliche Körperschaft solle den Staatsfonds unter dem Dach der gesetzlichen Rentenversicherung verwalten, so Whittaker. Das dort eingezahlte Geld werde dann breitgefächert am Kapitalmarkt angelegt.

Nach derzeitigem Renteneintrittsalter wäre das Geld somit insgesamt 67 Jahre am Kapitalmarkt angelegt, so der CDU-Politiker weiter. Gemessen an der Rendite des deutschen Aktienleitindex Dax von durchschnittlich acht Prozent pro Jahr, ergebe das – abzüglich der Inflation – eine Rendite von sechs Prozent jährlich. Damit würden aus den bei der Geburt eingezahlten 4.000 Euro 200.000 Euro.

Renteneintrittsalter stark umstritten

Das Thema Rente beschäftigt die deutsche Politik aufgrund der höheren Lebenserwartung mehr denn je: Immer mehr Rentnerinnen und Rentner werden von immer weniger Beitragszahlenden finanziert. Erst vor kurzem sorgte ein Vorschlag für Aufruhr, deswegen das Renteneintrittsalter auf 68 zu erhöhen.

Das Eintrittsalter könne nicht mehr von der steigenden Lebenserwartung abgekoppelt werden, erklärte ein Expertenrat des Bundeswirtschaftsministeriums. Stattdessen müssten die Lebensjahre zwischen Mehrarbeit und längerer Rente aufgeteilt werden.

Nicht nur das ungünstige Verhältnis von Rentnern und Rentnerinnen zu Beitragszahlerinnen und -zahlern macht dem deutschen Rentensystem zu schaffen. Auch der anhaltende Niedrigzins und die Versteuerung trägt dazu bei, dass die Rente real sinkt. Jahr für Jahr muss die Rentenkasse mit Steuermitteln bezuschusst werden. Allein 2020 sollen dieser Betrag rund 100 Milliarden Euro betragen haben.

FDP-Vorstoß Aktienrente

Bereits Anfang 2021 empfahlen Politiker der FDP, die Rentenkassen stärker in die Aktienmärkte investieren zu lassen. So könnten höhere Renditen erzielt und damit das staatliche System entlastet werden, argumentieren sie. Der Vorstoß zur Einführung einer „gesetzlichen Aktienrente“ solle das bisherige Drei-Säulen-Modell aus gesetzlicher Rente, betrieblicher und privater Vorsorge erweitern.

Für die gesetzliche Aktienrente sollen ihrem Vorschlag zufolge zwei Prozent des Bruttoeinkommens in die Aktienmärkte fließen. Je zur Hälfte getragen von Arbeitgeberinnen und -gebern sowie Arbeitnehmerinnen und -nehmern. Dafür solle der Beitrag zur gesetzlichen Rente um diesen Anteil gesenkt werden.

Der Staatsfonds von Schweden macht es vor

Schweden zeigt seit Jahren, wie erfolgreich die Aktienrente sein kann: Das schwedische Rentenmodell enthält eine staatliche Grundrente, die durch eine Betriebsrente und eine private Altersvorsorge ergänzt wird. Dafür müssen die Schweden 2,5 Prozent ihres Bruttoeinkommens in Vorsorgefonds abführen.

Sie können zwischen einem staatlichen Fonds und anderen Fondslösungen wählen. Der staatliche Fonds gehört laut der Fondsrating-Agentur Morningstar zu den besten Aktienfonds in Europa. In den vergangenen zehn Jahren erwirtschaftete er eine durchschnittliche jährliche Rendite von mehr als 14 Prozent. Dabei bevorzugt der Fonds Aktien von Unternehmen, die ethischer und umweltfreundlicher als der Durchschnitt agieren.

Kritik an neuen Modellen

Es gibt allerdings kritische Stimmen zu Staatsfonds und Aktienrente: Die Professorin am Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung an der Universität Speyer, Gisela Färber, sagt: Das Staatsfonds-Modell sei nicht umsetzbar, ohne dass die Renten massiv beschädigt würden. Hohe Renditen könnten Rentnerinnen und Rentner nur in Verbindung mit hoher Risikobereitschaft erzielen.

Außerdem bezweifelt der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), dass der Staat ein guter Vermögensverwalter sei. Es gebe „jede Menge Gefahren“: zu hohe Risiken, fehlende Kapitalstreuung oder zweckentfremdete Gelder.

Bereits 2016 hatte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisch geäußert: Deutsche Sparerinnen und Sparer vertrauten nicht einem Staatsfonds, der ihr Geld in riskante Investitionen am Kapitalmarkt steckt.

Verbraucherschützer unterstützen den Vorstoß

Der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV), Klaus Müller, befürwortet indes das Modell einer Aktienrente: „Die Altersvorsorge in Deutschland braucht einen Neustart. Deswegen ist es gut, dass sich die FDP mit einem erfrischend undogmatischen Reformvorschlag positioniert.“

Dabei verweist Müller auf eine Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung im Auftrag des VZBV. Demnach erzielen Aktienanlagen im Mittelwert eine rund dreimal so hohe Rente wie eine risikolose Anlage in Anleihen. Der Vorschlag eines staatlich organisierten Vorsorgefonds nach schwedischem Vorbild gehe daher in seinen Augen in die richtige Richtung.

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