Digitale Wertpapiere: Der Kryptomarkt wird vielfältiger
Das bringt Vorteile für Privatanlegerinnen und -anleger mit sich – aber auch Risiken
Viele Menschen denken bei dem Begriff Krypto direkt an digitale Bezahlmittel – wie das erste und mit Abstand bekannteste unter ihnen: den Bitcoin. Doch gut ein Jahrzehnt nach Einführung der Kryptowährungen hat sich auch ein Markt für Kryptowertpapiere entwickelt. Sie basieren ebenfalls auf der Blockchain-Technologie. Finanzprofis gehen davon aus, dass sie die Zukunft im Wertpapiergeschäft deutlich bestimmen werden. Davon sollen auch Privatanlegerinnen und -anleger profitieren, da sie ihnen ganz neue Investmentbereiche eröffnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Finanzbranche wird zunehmend digitaler: Nach den sogenannten Kryptowährungen gewinnen nun Kryptowertpapiere zunehmend an Bedeutung.
- Sie basieren ebenso wie die digitalen Bezahlmittel auf der Blockchain-Technologie.
- Ähnlich wie bei klassischen Wertpapieren beeinflussen externe Faktoren die Kurse der Kryptopapiere. Daher bedarf es bei der Geldanlage nicht nur des nötigen Kapitals, sondern auch einer genauen Beobachtung ihrer Entwicklung.
Digitalisierung: Von der Utopie zum realen Leben
Die digitale Transformation unseres Lebens ist in vollem Gang: SmartPhones, selbstfahrende Autos, computergesteuerte Fabriken sowie zahllose digitale Produkte und Dienstleistungen. Was vor gut zehn Jahren noch wie eine Utopie klang, ist heute gelebte Realität. Das gilt auch für die Finanzwirtschaft: Neben dem Online-Banking und digitalen Apps für den Wertpapierhandel entstanden digitale Bezahlmittel, Kryptowährungen genannt, und nun auch: Kryptowertpapiere.
Im Juni 2021 trat in Deutschland das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG) in Kraft. Seitdem können Wertpapiere wie Firmenanleihen, Inhaberschuldverschreibungen, Optionsscheine und Zertifikate auch als digitale Wertpapiere rein elektronisch ausgegeben werden. Dadurch entstehen neue und vereinfachte Investitionsmöglichkeiten für Privatanlegerinnen und -anleger.
Blockchain-Technologie ermöglicht Emission der Kryptowertpapiere
Durch die Abwicklung einer elektronischen Zeichnungsstrecke erhalten sie beispielsweise über eine Online-Investmentplattform einen vollständig regulierten digitalen Zugang zu institutionellen Investmentstrategien. Auf diese Weise können sie parallel zu Pensionskassen, Staatsfonds und anderen institutionellen Investoren mitinvestieren.
Hinter den Kryptowertpapieren steht ebenso wie hinter den Kryptowährungen die Blockchain-Technologie: Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von Computern, die überall auf der Welt verteilt sind. Sie führen ein gemeinsames Logbuch, Distributed Ledger genannt, über alle Transaktionen – vergleichbar mit einem Archiv, das Daten erfasst. So ermöglichen sie, dass ein digitales Wertpapier emittiert und elektronisch vollständig digital dokumentiert werden kann.
Eigenes Register für Kryptowertpapiere
Seit Anfang 2020 werden Kryptowertpapiere in §1 Abs. 11 Satz 4 des Kreditwesengesetzes (KWG) definiert. Demnach sind sie digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt. Sie können aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert werden oder Anlagezwecken dienen.
Kryptowertpapiere werden dezentral in einem blockchainbasierten Kryptowertpapierregister eingetragen. Damit entfällt das bislang übliche zentrale Wertpapierregister. Anders als bei klassischen Wertpapieren wird für die Ausgabe dieser digitalen Assets keine Urkunde in Papierform mehr benötigt.
Kursrutsch: Weiter runter oder wieder nach oben?
Insgesamt sind die Werte vieler Kryptoassets – Währungen und Wertpapiere – noch sehr volatil: Nach einem Allzeithoch von rund drei Billionen US-Dollar im November 2021 reduzierte sich die Marktkapitalisierung des Kryptomarkts im Juni 2022 auf zeitweise knapp 800 Milliarden US-Dollar, um gegen Ende Juli wieder die Marke von einer Billion US-Dollar zu knacken.
Es gibt generell zahlreiche Faktoren, die die Stimmung am Kryptomarkt belasten. Denn anders als ursprünglich geplant, reagieren Kryptowährungen und -wertpapiere auch auf externe Einflüsse, wie
- die Rekordinflation,
- die Zinswende der Notenbanken sowie
- die geopolitische und weltwirtschaftliche Entwicklung.
Auch die negative Stimmung an den Kapitalmärkten hat in den vergangenen Monaten die Kryptokurse belastet.
Da der Kryptomarkt nach seinem tiefen Sturz wieder etwas zulegt, glauben einige Branchenexpertinnen und -experten, dass er seinen Boden erreicht hat. Sie empfehlen den Einstieg, da die Kurse nun günstig sind. Allerdings hat sich an dem insgesamt schwierigen Marktumfeld bislang nichts geändert. Ob unter diesen Vorzeichen eine Trendwende oder gar eine Erholung gelingt, ist noch offen. Eine gewinnbringende Investition in Kryptowerte bedarf daher neben dem nötigen Kapital auch sehr viel Zeit und Aufmerksamkeit.
NFT: Non Fungible – was?
Ein anderer Teilbereich des Kryptomarkts, der in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, ist der der Non-Fungible-Tokens, kurz NFTs. Auf Deutsch heißt das so viel wie „nicht ersetzbare Zertifikate“. Denn ist etwas „fungible“, kann es mit etwas anderem ersetzt werden, das den gleichen Wert hat – wie etwa Bargeld, Edelmetalle oder Kryptowährungen. Ein NFT ist dagegen ein digitales Unikat. Denn es besitzt einzigartige Eigenschaften, wie etwa eine Handelsmarke, digitale Spielsteine oder auch digitale Kunstwerke.
Während der NFT-Trend im Gaming- und Kunstbereich begann, stieg zuletzt der Wert für Sammlerstücke stark an: So wurde Ende 2021 die erste versendete SMS als digitaler Code und damit als NFT versteigert – und brachte 107.000 Euro ein. Das zurzeit berühmteste Beispiel ist das NFT-Kunstwerk „Everydays: The First 5.000 Days“, das für fast 70 Millionen US-Dollar versteigert wurde.
Im Jahr 2021 erreichte der NFT-Markt laut der Nachrichtenagentur Reuters die Summe von 25 Milliarden US-Dollar. Kritiker bemängeln beim NFT-Handel ebenso wie bei Kryptowährungen die hohe ökologische Belastung: Ihnen zufolge beträgt eine einzige NFT-Transaktion einem Äquivalent von 47 Kilogramm CO2. Und: Beim Investieren in NFTs besteht zudem ebenso das Risiko starker Preisschwankungen.
Die Sparkassen raten vom Handel mit Bitcoin ab
Die Sparkassen-Finanzgruppe warnt Ihre Kundinnen und Kunden davor, auf Bitcoin bei der Geldanlage zu setzen. Deshalb gibt es keine ansprechenden Angebote bei den Sparkassen und deren Partnern. Grund sind die unkalkulierbaren Risiken, Kryptowährungen mit sich bringen. Gleichwohl arbeitet die Sparkassen-Finanzgruppe an Wallet-Lösungen für Krypto-Assets – also zum Beispiel für tokeniserte Aktien oder Immobilien.
"Digitale Werte bieten Anlagemöglichkeiten, die in der traditionellen Welt nicht verfügbar sind"
Die DekaBank, das Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe, hat Ende 2021 ihre ersten Kryptowertpapiere emittiert und damit auch die Geschäftstätigkeit zur Führung eines Kryptowertpapierregisters aufgenommen. Damit gehört die DekaBank zu den First Movern in Deutschland in diesem jungen Markt. Marion Spielmann, Leiterin COO Bankgeschäftsfelder und Verwahrstelle der DekaBank, erklärt im Interview die Hintergründe.

Frau Spielmann, noch ist der Kryptomarkt sehr umstritten. Woran liegt das?
Die Mehrheit der Bevölkerung assoziiert mit Krypto ausschließlich Kryptowährungen. Hier haben wir in den letzten Monaten gesehen, welch große Volatilität diese Werte aufweisen. Das führt natürlich dazu, dass die Verunsicherung und die Vorsicht zunimmt. Das ist aber für den Markt für Kryptowertpapiere so nicht übertragbar.
Hier handelt es sich um eine marktgängige Anlage, die Inhaberschuldverschreibung, die nun elektronisch auf der Blockchain abgebildet wird. Sowohl für Emittenten als auch Investorinnen und Investoren hat diese Form der Registrierung eine Vielzahl von Vorteilen – effiziente Prozesse und geringere Risiken im Settlementprozess sind hier beispielsweise zu nennen.
(Anm. d. Red.: In der Finanzbranche ist Settlement im Allgemeinen der Begriff, der für den Austausch von Zahlungen an den Verkäufer und die Übertragung von Wertpapieren an den Käufer eines Handels verwendet wird. Es ist der letzte Schritt im Lebenszyklus einer Wertpapiertransaktion.)
Warum engagiert sich die DekaBank so stark für die Etablierung digitaler Wertpapiere?
Wir sehen als DekaBank die Chancen, die diese Technologie bietet und mit dem Gesetz über elektronische Wertpapiere haben wir auch den entsprechenden gesetzlichen Handlungsrahmen in Deutschland. Die Digitalisierung von Vermögensgegenständen und Wertpapieren hat in den vergangenen zwei Jahren enorm an Fahrt aufgenommen – sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene.
Emittenten und Investoren beschäftigen sich zunehmend mit digitalen Werten und auch die Infrastruktur für den Handel und die Verwahrung digitaler Werte ist vorhanden bzw. befindet sich im Aufbau. Für Emittenten und Investorinnen beziehungsweise Investoren ist eine funktionierende und sichere Marktinfrastruktur eine wesentliche Voraussetzung. Sobald sich hier ein Marktstandard etabliert hat, werden digitale Wertpapiere zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Welche Chancen beziehungsweise Vorteile sehen Sie speziell für Privatanlegerinnen und Privatanleger in diesem Bereich?
Digitale Vermögensgegenstände und Wertpapiere besitzen besondere Eigenschaften, die diese Anlageklasse auch für Privatanleger attraktiv machen. Neben der hohen Verfügbarkeit, der grundsätzlichen Möglichkeit, digitale Werte an sieben Wochentagen 24 Stunden via Internetzugriff handeln zu können, bieten sie die Möglichkeit in Anlageklassen zu investieren, die in der traditionellen Welt nicht in der Form verfügbar sind.
Durch die Tokenisierung von immateriellen und materiellen Werten werden neue Anlageklassen geschaffen. Ein oft genanntes Beispiel ist hier die Tokenisierung von Immobilien oder Kunst. Aber auch im traditionellen Anlageuniversum ergeben sich durch die Digitalisierung dieser Wert Möglichkeiten, da die Blockchain-Technologie, sowohl den Handel als auch die Prozesse deutlich vereinfacht und damit die Möglichkeit eröffnet, auch auf Angebote des internationalen Kapitalmarkts zugrückzugreifen.
Wie wichtig ist in Ihren Augen eine staatliche Regulierung der Kryptoassets?
Staatliche Regulierung hat für Kryptoassets den gleichen Stellenwert wie für traditionelle Assets. Sie ist unter anderem Grundlage für Vertrauen im Markt – sowohl für Investorinnen und Investoren, aber auch für Emittenten digitaler Werte. Wir brauchen klare Regeln, die sicherstellen, dass zum Beispiel das Eigentum an digitalen Assets vom Verkäufer auf den Käufer übergegangen ist oder welche Anforderungen an die Verwahrung digitaler Assets bestehen.
Hier muss der Ansatz sein, dass wir höchstmögliches Vertrauen schaffen, da die Distributed Ledger Technologie einen Umbruch mit sich bringt. Wir dürfen nicht erwarten, dass jeder Kunde die technologischen Besonderheiten im Detail nachvollziehen kann.
Studien zufolge soll der Markt für digitale Assets allein in Deutschland bis 2024 um mehr als 600 Prozent wachsen. Wird der Wertpapiermarkt in absehbarer Zeit vollends digital sein?
Wir werden einen Transformationsprozess sehen, der durchaus eine gewisse Zeit benötigt, aber letztendlich wird der Wertpapiermarkt digital sein. Wie lange das dauert, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Wir brauchen neben der Regulierung auf nationaler aber auch internationaler Ebene eine funktionierende und vernetzte Marktinfrastruktur. Die befindet sich derzeit im Aufbau.
Es muss sich noch ein anerkannter Standard entwickeln, so wie er heute für klassische Anlageklassen vorhanden ist. Sowohl Investorinnen und Investoren als auch Emittenten setzen sich zunehmend mit der Fragestellung auseinander, welche Voraussetzungen für eine Teilhabe am Markt für digitale Werte bestehen.
Die 5 wichtigsten Fragen zum Kryptomarkt
Aufgrund der hohen Volatilität der Kryptokurse ist eine eindeutige Prognose schwierig. Aber ihre Marktkapitalisierung bietet eine gute Orientierungshilfe. Auch wenn diese sich am hochvolatilen Kryptomarkt täglich ändert, bleibt das Verhältnis in etwa gleich. Derzeit führen Bitcoin und Ethereum gemessen an der Marktkapitalisierung die Top Ten an:
- Bitcoin (BTC)
- Ethereum (ETH)
- Binance Coin (BNB)
- Tether (USDT)
- Solana (SOL)
- USD Coin (XRP)
- Cardano (ADA)
- XRP/Ripple (XRP)
- Terra (LUNA)
- Polkadot (DOT)
Aber auch am Kryptomarkt tut sich ständig etwas und so sind 2022 Stablecoins die Währungen, die den größten Zuwachs haben. Stablecoins sind – ganz ihrem Namen entsprechend – stabil und eng an Regulierungsbehörden gebunden. Diese digitalen Währungen werden durch aktive oder automatische Preisbindungsmechanismen in Bezug auf eine nationale Währung, einen Währungskorb oder andere Vermögenswerte gesteuert.
Neben den täglichen Preisanpassungen durch Angebot und Nachfrage beeinflussen einige weitere Faktoren sowohl kurz- als auch langfristig den Kurs der Kryptowährungen. Dazu zählen
- politische Entscheidungen ebenso
- wie allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen,
- die Stimmung an den Aktienbörsen und
- manchmal sogar die Tweets einzelner Investoren auf Twitter, wie die des Tesla-Gründers und -Inhabers Elon Musk.
Zurzeit gibt es mehr als 16.000 Kryptowährungen.
Die Prognosen zur kurz- bis mittelfristigen Entwicklung des Kryptomarktes sind unterschiedlich. Einigen Analysen zufolge ist der Boden nun erreicht. Andere gehen davon aus, dass es auch in den kommenden Monaten weiter abwärts geht, beziehungsweise dass sich der Markt vorerst seitwärts entwickeln wird. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass die Kurse nach einem Einbruch bald wieder steil nach oben gehen.
Die Ursachen für den Kurssturz vieler Kryptoassets sind vielfältig. Dazu zählen die wieder steigenden Zinsen in Europa, den USA und anderen Ländern ebenso wie der Krieg in der Ukraine, die Rekordinflationsrate von mehr als acht Prozent sowie die Angst vor einer weltweiten Rezession.
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