Mann schaut sich alte Familienbilder an; parallel dazu ist auf seinem Laptop ein Stammbaum zu sehen.

Das müssen Erben wissen

Von Pflichtteil bis Ehegattenerbrecht
Erbansprüche hängen in erster Linie vom Verwandtschaftsverhältnis zur verstorbenen Person ab. Eheleute, Kinder und Enkel erben zuerst – Nichten und Neffen nur in Ausnahmefällen. Wer sonst noch Ansprüche geltend machen kann und ab wann die Erbschaftsteuer greift: die wichtigsten Fakten zum Erbfall im Überblick.

Eine emotionale Nachricht, die ohne Vorbereitungszeit eintrifft: Erben ist kein einfaches Thema. Denn häufig steht vor der Verteilung des Nachlasses der Abschied von einem geliebten Menschen. Umso wichtiger ist es, die Fakten zum Thema Erbschaft zu kennen. So sinkt die Gefahr, dass Unwissenheit und falsche Erwartungen zu Missverständnissen führen. Denn der Streit um den Nachlass kann selbst ansonsten intakte Beziehungen belasten.


Das Wichtigste in Kürze:

2020 haben die Menschen in Deutschland 50,2 Milliarden Euro geerbt – vor zehn Jahren war es gerade einmal halb so viel. Das ergab eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes. Aber wer hat eigentlich Anspruch auf den Nachlass, wenn das Erbe nicht geregelt ist? Im Grundsatz: Ehepartnerin oder -partner, eingetragene Lebenspartnerin oder -partner sowie die nächsten Verwandten. Aber es gibt Einschränkungen und Sonderfälle.

Grundsätzlich kann jeder Mensch selbst festlegen, was nach dem Tod mit seinem Besitz und Vermögen passiert. Der sogenannte Erblasser oder die Erblasserin hält im Testament seinen oder ihren letzten Willen fest – und bestimmt, wer im Erbfall die wertvolle Uhrensammlung erhält, das Haus oder die Wertpapiere. Was es beim Verfassen des Testaments zu beachten gibt, lesen Sie hier.

Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt was

Gibt es kein rechtsgültiges Testament, greift beim Erbfall die gesetzliche Erbfolge. Sie regelt, wer aus der Verwandtschaft welchen Anteil vom Erbe erhält. Grundsätzlich kommen für die Aufteilung des Erbes nach der gesetzlichen Erbfolge zwei verschiedene Instrumente zum Einsatz, die bestimmen, wer erbt: Das Ehegattenerbrecht ermittelt den Anteil, der dem hinterbliebenen Ehegatten oder der Ehegattin beziehungsweise eingetragenem Lebenspartnerin oder dem -partner zusteht. Das sogenannte Parentel- oder Ordnungssystem legt fest, wer aus dem Verwandtenkreis erbberechtigt ist.

Sonderfall Ehegattenerbrecht

Das Ehegattenerbrecht regelt, welchen Anteil der noch lebende Ehegatte oder die Ehegattin der oder des Verstorbenen erhält. Die Besonderheit: Das Ehegattenerbrecht beschränkt das Erbrecht der Verwandten (§ 1931 BGB). Grundsätzlich steht der überlebenden Ehepartei ein Viertel der Erbschaft zu. Lebten die Eheleute in einer Zugewinngemeinschaft (§§ 1931 Abs. 3, 1371 BGB) erhöht sich dieser Erbanteil in der Regel auf die Hälfte. Dieser Fall greift automatisch, wenn es keinen Ehevertrag gab. Abhängig von der Erbquote des Ehegatten oder der Ehegattin wird der übrige Erbteil nach dem Ordnungssystem an die erbberechtigten Verwandten verteilt.

Die liebe Verwandtschaft: Das Ordnungssystem

Zur Ermittlung der Erbfolge werden die Verwandten in sogenannte Ordnungen eingeteilt. Sie bilden den Verwandtschaftsgrad zum Verstorbenen oder zur Verstorbenen ab – und reichen von sehr engen Verwandten des Erblassers oder der Erblasserin wie den eigenen Kindern (1. Ordnung) bis hin zu sehr weit entfernten wie den Urgroßeltern (4. Ordnung).

Kinder, Enkel – und dann die eigenen Eltern

Nach dem Tod einer Person wird zunächst nach der gesetzlichen Erbfolge geprüft, ob sie Kinder hatte. Wenn ja, erben diese zu gleichen Teilen. Gibt es weder eigene Nachkommen noch Enkel, wird innerhalb der zweiten Ordnung nach Erbinnen und Erben gesucht. In diesem Fall würden zunächst die Eltern erben. Sind diese nicht mehr am Leben, sind die Geschwister erbberechtigt.

Dieses System wird fortgesetzt, bis mindestens eine nachlassberechtigte Person gefunden ist. Grundsätzlich gilt: Nachrangige Ordnungen haben keinen Anspruch auf ein Erbe, wenn die Erbensuche in einer früheren Ordnung erfolgreich war. Erbt eine Gruppe von Personen, bilden sie eine Erbengemeinschaft, die dann möglichst schnell den Nachlass des oder der Verstorbenen unter sich aufteilen sollte.

Ein Beispiel: Die verstorbene Person hat einen Sohn und eine Tochter, von denen nur noch der Sohn lebt – die bereits verstorbene Tochter hat zwei Kinder hinterlassen. Der Sohn erhält eine Hälfte des Erbes. Die zweite Hälfte teilen die beiden Enkelkinder zu gleichen Teilen untereinander auf, da sie an die Stelle der verstorbenen Tochter des Erblassers oder der Erblasserin treten. Der Sohn und die Enkelkinder des Erblassers oder der Erblasserin bilden in diesem Beispiel eine Erbengemeinschaft.

Soll im Erbfall eine bestimmte Person das Vermögen allein erhalten, lässt sich das nur durch ein entsprechendes Testament bestimmen. Somit verhindert der Erblasser oder die Erblasserin, dass die gesetzliche Erbfolge – wie oben beschrieben – greift. Denn das Testament geht der gesetzlichen Erbfolge vor. Es gibt jedoch Einschränkungen durch den sogenannten Pflichtanteil.

Der Pflichtteil: Garantieerbe für die nächsten Angehörigen

Auch wenn das Testament den letzten Willen regelt – und beispielsweise nur einen Alleinerben oder eine Alleinerbin vorsieht: Einige Hinterbliebene aus der nächsten Verwandten lassen sich nicht komplett ausschließen. Erbberechtigten Eheleuten und Kindern des Erblassers oder der Erblasserin sichert der Gesetzgeber im Erbfall einen Pflichtteil zu. Dieser ergibt sich aus dem Ordnungssystem der §§ 1924 bis 1936 BGB, er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Ein Beispiel: Wurde im Testament eines von vier Kindern als Alleinerbe oder Alleinerbin benannt, haben die anderen drei Anrecht auf ihren Pflichtteil. Dieser beträgt dann allerdings nicht – wie bei gesetzlicher Erbfolge – jeweils ein Viertel der Erbschaft, sondern nur die Hälfte dieses gesetzlichen Erbteils, also jeweils ein Achtel. Die Verteilung in diesem Fall wäre so: Der Alleinerbe erhält fünf Achtel des Erbes und die übrigen Kinder jeweils ein Achtel, ihren Pflichtteil.

Erbschaftsteuer, Steuerfreibeträge und Steuerklassen

Steuerrechtlich gilt eine Erbschaft als Einkommen, das vom Staat besteuert wird. Welche Steuerlast im Erbfall anfällt, hängt davon ab, wie eng die Erben mit dem Erblasser oder der Erblasserin verwandt sind. Es gilt der Grundsatz: Je enger verwandt, desto höher der Steuerfreibetrag. Somit gilt für Eheleute und eingetragene Lebenspartnerinnen und -partner der höchste Steuerfreibetrag – sie können bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben. Kinder und Enkelkinder, deren Eltern bereits gestorben sind, erben bis zu 400.000 Euro steuerfrei.

Geerbtes Vermögen, das über diese Freibeträge hinausreicht, muss versteuert werden. Dafür gibt es drei Steuerklassen (von I bis III). Wie bei den Freibeträgen entscheidet auch hier der Verwandtschaftsgrad zum Erblasser oder zur Erblasserin, welcher Steuerklasse die Erben unterliegen – und zu welchen Steuersätzen der Teil des Erbes, der den jeweiligen Freibetrag übersteigt, versteuert werden muss. Die Bandbreite reicht von 7 bis 50 Prozent. Hinzu kommen zahlreiche Ausnahmen wie Steuerbefreiungen beispielsweise für Hausrat und bewegliche Gegenstände.

Auf die Erbschaft verzichten, statt Schulden übernehmen

Nicht immer bringt die Erbschaft Einkünfte und Vermögenswerte. Wer als Erbe infrage kommt, sollte daher den Nachlass direkt und umfassend prüfen, sobald sie oder er davon Kenntnis hat. Wer Schulden und Verbindlichkeiten erbt, kann die Erbschaft beim zuständigen Nachlassgericht ausschlagen. Dafür gilt eine Frist von sechs Wochen – und es gilt der Grundsatz: „Ganz oder gar nicht“. Der Verzicht auf einen Teil des Erbes ist nicht möglich. Gibt es keine gesetzlichen Erben, da entweder keine lebenden Nachfahren existieren oder sie die Erbschaft ausgeschlagen haben, tritt der Staat als Erbe ein. Genauer gesagt, erbt das Bundesland, indem der Verstorbene zuletzt seinen Wohnsitz hatte.

Häufige Fragen zur Erbschaft

Jeder Erbe und jede Erbin hat Anspruch darauf, von anderen erbenden Personen oder Pflichtteilsberechtigten Auskunft zum Nachlass zu erhalten. Ein vollständiges Nachlassverzeichnis listet die komplette Erbschaft auf. Fehlen wichtige Informationen oder werden Auskünfte verweigert, lassen sie sich beim zuständigen Nachlassgericht einklagen.

Das Nachlassgericht informiert die Erben, die aufgrund der gesetzlichen Erbfolge oder des Testaments infrage kommen, über die mögliche Erbschaft. Widersprechen die Erben der Erbschaft nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen, gilt die Erbschaft als angenommen.

Ist kein rechtsgültiges Testament vorhanden, legt die gesetzliche Erbfolge fest, wer aus der Verwandtschaft welchen Anteil vom Nachlass erhält. Dafür werden die Verwandten in sogenannte Ordnungen eingeteilt. Sie bilden den Verwandtschaftsgrad zum Erblasser oder zur Erblasserin ab – und reichen von sehr engen Verwandten der verstorbenen Person wie den eigenen Kindern oder Enkeln (1. Ordnung) über Eltern, Geschwister sowie Nichten und Neffen (2. Ordnung) bis hin zu weiter entfernten wie Großeltern, Onkeln und Tanten sowie Cousins und Cousinen (3. Ordnung).

Wie hoch der Steuerfreibetrag ist, hängt in der Regel vom Verwandtschaftsgrad ab. Als Faustregel gilt: Je enger die Verwandtschaft, desto höher der Steuerfreibetrag. Eheleute können bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben, Kinder bis zu 400.000 Euro. Oberhalb dieser Beträge gelten dann je nach Verwandtschaftsgrad verschiedene Steuerklassen, die festlegen, zu welchem Steuersatz das übrige Erbe versteuert werden muss.

Der gesetzliche Pflichtteil beträgt immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, der sich nach §§ 1924 bis 1936 BGB ergeben würde. Der Gesetzgeber sichert den Pflichtteil erbberechtigten Eheleuten und Kindern des Erblassers oder der Erblasserin zu. Den Pflichtteil können Erblasserinnen und Erblasser selbst durch ein Testament nicht ausschließen, in dem sie beispielsweise verfügen, dass der Ehepartner oder die Ehepartnerin nichts erben soll.

Ohne Testament greift im Erbfall die gesetzliche Erbfolge. Sie regelt, welchen Verwandten welcher Teil der Erbschaft zusteht.

Alleinerbin oder -erbe ist, wer in einem Testament oder Erbvertrag vom Erblasser oder von der Erblasserin als einziger Erbe oder Erbin genannt wird. Der Vorteil: Alleinerbende müssen sich nicht in einer Erbengemeinschaft über die Aufteilung des Nachlasses abstimmen. Der Alleinerbe oder die Alleinerbin tritt als einzige Person die Rechtsnachfolge der verstorbenen Person an. Auch wenn Erblasser oder Erblasserin einen Alleinerben oder eine Alleinerbin bestimmt haben, steht Pflichtteilsberechtigten zu, von der alleinerbenden Person ihren Pflichtteil der Erbschaft zu erhalten.

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