Nach der Krise ist vor der Krise: Nachdem die Herausforderungen der Corona-Krise gemeistert waren und auch die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts mit den anschließenden Energiepreissteigerungen dank staatlicher Unterstützung überstanden waren, schienen die größten Herausforderungen bewältigt. Doch dann stieg die Inflationsrate: Die Preise zogen an, die Kauflaune der Verbraucher sank. Und plötzlich gingen namhafte Unternehmen bankrott und meldeten Insolvenz an. Erst am 5. Juli 2023 wurde bekannt, dass die Feinkostkette Schlemmermeyer voraussichtlich 11 von bundesweit 14 Filialen schließen muss. Ende Juli soll das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Besonders hart hat es im Einzelhandel aber vor allem Mode- und Schuhhändler getroffen.
Firmen | Stand Juli 2023 |
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Ahlers | Insolvenzantrag im April 2023 gestellt, Betrieb wird vorerst weitergeführt |
Galeria Karstadt Kaufhof | Insolvenzverfahren im Mai 2023 beendet, jetzt Sanierung |
Gerry Weber | Insolvenz in Eigenverwaltung im April 2023 beantragt, 122 der 171 Geschäfte werden bis September 2023 geschlossen |
Görtz | Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung bereits 2022; Beendigung des Insolvenzverfahrens bis zum 31. Juli 2023 angestrebt mit neuem Investor |
Hallhuber | Insolvenz in Eigenverwaltung im Mai 2023, Online-Shop bereits geschlossen |
Keller Sports | Insolvenz Ende März 2023, Geschäftsbetrieb eingestellt |
Klingel Gruppe | Insolvenz in Eigenverwaltung seit Mai 2023 |
Peek & Cloppenburg Düsseldorf | Schutzschirm-Insolvenzverfahren im März 2023, seit Juni 2023 Sanierung |
Reno | Insolvenz im März 2023 beantragt, infolgedessen 150 der 180 Filialen geschlossen |
TK Fashion | Insolvenz in Eigenverantwortung im Februar 2023, Neuaufstellung im Juli 2023 |
Zapata | Insolvenz im Januar 2023 erneut angemeldet, Betrieb eingestellt |
Krisenjahr 2023: Seit Januar befinden sich deutlich mehr Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten. Mehr als 8.400 Insolvenzanträge wurden bis Juni 2023 gestellt, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum einer Steigerung von rund 16,2 Prozent entspricht. Allein 43 Modeanbieter stellten einen Insolvenzantrag. Kostenexplosionen bei Energie, Rohstoffen, Löhnen und Produktionsmitteln haben die Unternehmen ebenso in die Knie gezwungen wie die Zurückhaltung der Käufer und Käuferinnen.
Experten befürchten, dass sich der negative Trend bei den Firmenpleiten weiter fortsetzt. Hinweis darauf sind die beantragten Regelinsolvenzen, also die Verfahren in Eigenverwaltung: Diese haben sich im Juni 2023 um 13,9 Prozent erhöht; im Mai 2023 hatten sie schon um 3,1 Prozent zugelegt.
Anders bei den Verbrauchern: Die Privatinsolvenzen gingen im Vergleich zum Vorjahr um 5,1 Prozent zurück.
Die Forderungen der Gläubiger bezifferten die Amtsgerichte mit rund 1,3 Milliarden Euro. Auf 10.000 Unternehmen kommen 4 Insolvenzen. Dabei ist die Lage von Branche zu Branche unterschiedlich.
Insbesondere Sorgen macht auch der Gesundheitsbereich: Deutschlands Kliniken werden nach Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) 2023 von einer Pleitewelle erfasst. Trotz geplanter Krankenhausreform könnten bis Inkrafttreten leider noch viele Klinken in die Insolvenz gehen. Jedes fünfte Klinikum soll, laut DKG, durch Kostensteigerungen bedroht sein.
Die Konsumstimmung der Verbraucher und Verbraucherinnen geht zurück, Lieblingsfirmen geraten ins Straucheln, manche können einen Neustart hinlegen, andere kommen nie wieder – der Markt verändert sich. Der Wandel ist herausfordernd: Für die Unternehmen mehr, für die Kundschaft weniger. Am Ende ist jeder Insolvenzfall einzigartig, hat jedes Unternehmen seine Geschichte. Vielleicht aber kommt das eine oder andere Label – im wahrsten Sinne des Wortes – in neuem Gewand auf den Markt zurück?
Eine Unternehmensinsolvenz tritt auf, wenn ein Unternehmen nicht genug Geld hat, um seine Schulden zu bezahlen. Es bedeutet, dass das Unternehmen finanzielle Schwierigkeiten hat und möglicherweise nicht mehr in der Lage ist, seine Rechnungen zu begleichen. Insolvenz ist also eine schwierige Situation für jedes Unternehmen, das nicht mehr genug Geld hat, um seine Verbindlichkeiten zu begleichen. Es ist wichtig zu verstehen, dass Insolvenz nicht bedeutet, dass das Unternehmen für immer geschlossen wird, aber es kann zu großen Veränderungen und Herausforderungen führen.
In Deutschland gibt es verschiedene Arten von Insolvenzverfahren. Die häufigsten sind:
In der Regel nicht. Eine Bestellung kann riskant sein, da die Bestellung möglicherweise nicht erfüllt wird, trotz Zahlung keine Lieferung mehr erfolgt und das Geld verloren gehen kann.
Eine Firmeninsolvenz kann unterschiedliche Auswirkungen auf die Kunden und Kundinnen haben. Hier einige mögliche Szenarien:
Wenn viele Unternehmen gleichzeitig in finanzielle Schwierigkeiten geraten und Insolvenz anmelden, spricht man von einer Insolvenzwelle. Gründe für eine Insolvenzwelle können eine Rezession, eine Inflation oder einer Krise sein – aber auch neue Marktbedingungen, ein starker Wettbewerb oder technologische Veränderungen.
Es gibt keine festgelegte Definition oder spezifischen Prozentsätze, die eine Insolvenzwelle definieren. Die Beurteilung einer Insolvenzwelle hängt beispielsweise vom Zeitraum, von der Branche und regionalen Besonderheiten ab. Kommt es zu einem signifikanten Anstieg ab 20 Prozent oder mehr, würde wohl von einer Insolvenzwelle die Rede sein, weil dies eine bemerkenswerte Abweichung von den normalen Insolvenzraten ist. Zurzeit erwartet der Berufsverband der Insolvenzverwalter (VID) allenfalls einen moderaten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen – also keine Insolvenzwelle. Die letzte Insolvenzwelle erfasste Deutschland in den Jahren 2008 bis 2010 infolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise.
Stand: 17.07.2023