Der deutsche Mittelstand ist einer Studie der Sparkassen-Finanzgruppe zufolge besser aufgestellt als oft erwartet. Aber er darf nicht überlastet werden.
Doch die gestiegenen Zinsen sowie die anhaltende Inflation und Rezession beeinflussen die Finanzierungssituation der Unternehmen nachhaltig.
Höhere Finanzierungskosten und eine strengere Kreditvergabe vieler Finanzinstitute erschweren ihre Situation.
Mittelständler können aber auch ihre Finanzstrategie anpassen, um von den aktuellen Bedingungen zu profitieren und sich für die Zukunft zu positionieren.
Seit einem guten Jahr sind die Zinsen wieder da. Das ist keine Neuigkeit. Der Leitzins in der Eurozone stieg bis Mitte September 2023 auf 4,5 Prozent. Doch jetzt treten die Folgen des schnellsten Zinsanstiegs, den die EZB je vorgenommen hat, deutlich zutage. Und die sind sehr zweigeteilt: Unternehmen mit einem komfortablen Finanzpolster haben nach „Handelsblatt“-Berechnungen 259 Milliarden Euro an Bargeld und kurzfristigen Bankeinlagen angehäuft. Sie profitieren deshalb von den rasant steigenden Zinsen. Noch stärker, als die höheren Finanzierungskosten sie belasten.
Anstieg in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
Doch für einen Großteil der Firmen bedeutet der Zinsanstieg vor allem eins: höhere Kreditzinsen und Finanzierungskosten. Noch dazu in schwierigen Zeiten: Denn zum einen belasten Rezession und Inflation, hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie die gesunkene Binnennachfrage und Exporte die Unternehmen. Zum anderen müssen sie jetzt investieren, um mit der Digitalisierung Schritt zu halten und langfristig klimaneutral zu werden.
In diesem Umfeld stiegen dem Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge die Zinsen für neu abgeschlossene Bankkredite mit einem Volumen von bis zu 250.000 Euro für Firmen auf 5,68 Prozent. Ein Jahr zuvor lagen sie noch bei 2,14 Prozent. Kredite von mehr als 1 Million Euro notierten im Mai mit einem Zins von 4,5 Prozent.
Der Mittelstand funktioniert – aber er darf nicht überlastet werden
Der deutsche Mittelstand ist mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 38 Prozent insgesamt stärker aufgestellt, als es oft beschrieben wird. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der Studie „S-Mittelstands-Fitnessindex“ der Sparkassen-Finanzgruppe. Dafür wurden die anonymisierten Unternehmensbilanzen des Jahres 2022 von mehr als 300.000 ihrer Firmenkunden ausgewertet. „Der Mittelstand funktioniert“, sagte Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis bei der Vorstellung der Studie Mitte September in Berlin. Aber er dürfe nicht überlastet werden.
Viele Finanzverantwortliche im Mittelstand haben sich inzwischen mit der Zinswende abgefunden. Dennoch müssen sie mit den höheren Kosten umgehen. Eine Folge: Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten ist deutlich zurückgegangen. Laut einer Studie der Deutschen Bundesbank gaben 15 Prozent der Unternehmen an, im zweiten Quartal 2023 Kreditverhandlungen geführt zu haben, gegenüber 23 Prozent im Vorjahresquartal.
Sparkassen: Traditionell Finanzpartner Nummer 1 des Mittelstands
Die Sparkassen sind in ganz Deutschland vertreten und haben eine starke regionale Präsenz. So sind sie selbst in der Nähe vieler mittelständischer Unternehmen ansässig und gut erreichbar. Sie begleiten die KMU schon seit Jahrzehnten – in der Regel über alle Unternehmensphasen hinweg. Das erleichtert die persönliche Betreuung und Beratung vor Ort.
Darüber hinaus haben die Institute oft tiefgehendes Wissen über die Wirtschaftsstrukturen und Bedürfnisse in ihren jeweiligen Regionen. Das ermöglicht es ihnen, maßgeschneiderte Finanzlösungen anzubieten, die den spezifischen Anforderungen der mittelständischen Unternehmen gerecht werden.
Außerdem sind die Sparkassen oft noch bereit, Mittelständlern Kredite zu gewähren, wenn Privatbanken sich aus der Verantwortung in der Fläche zurückziehen. Aufgrund ihres öffentlichen Auftrags haben sie großes Interesse an der Stärkung der lokalen Wirtschaft. Sie bieten flexible Kreditoptionen und sind in der Regel bereit, individuelle Vereinbarungen zu treffen. So lassen sich gemeinsam auch mal schwierigere Phasen überbrücken.
Diese Finanzprodukte bietet die Sparkassen-Finanzgruppe für Unternehmen an
Neben Krediten bieten sich für Mittelständler verschiedene Finanzprodukte zur Unternehmensfinanzierung an. Die Sparkassen und andere Verbundpartner der Sparkassen-Finanzgruppe bieten eine breite Palette von Produkten, die den unterschiedlichen Bedürfnissen mittelständischer Unternehmen gerecht werden:
- Unternehmenskredite
Sparkassen bieten verschiedene Arten von Unternehmenskrediten, wie beispielsweise Investitionskredite für die Finanzierung von Anlagen und Maschinen oder Betriebsmittelkredite zur Deckung kurzfristiger Liquiditätsbedürfnisse.
- Kontokorrentkredite
Diese kurzfristigen Kredite ermöglichen es Unternehmen, ihre laufenden Ausgaben zu decken, bevor Einnahmen eingehen. Sie bieten Flexibilität, sollten jedoch aufgrund höherer Zinsen mit Vorsicht verwendet werden.
- Leasing
Sparkassen bieten Leasing-Lösungen für Unternehmen an, bei denen Anlagen oder Ausrüstungen gemietet werden können. Dies ermöglicht es Unternehmen, ihre Ressourcen effizienter zu nutzen, ohne große Kapitalausgaben tätigen zu müssen.
- Factoring
Unternehmen können ihre offenen Forderungen an die Sparkasse verkaufen, um sofortige Liquidität zu erhalten, anstatt auf Zahlungen ihrer Kunden warten zu müssen.
- Unternehmensanleihen
Die DekaBank bietet Unternehmen die Möglichkeit, Anleihen aufzulegen, um Kapital von Investoren zu beschaffen.
- Strukturierte Finanzierungen
Die DekaBank entwickelt maßgeschneiderte Finanzierungslösungen für Unternehmen, die über traditionelle Kredite hinausgehen. Diese können komplexe Strukturen wie Asset Backed Securities (ABS) oder spezielle Anleihen umfassen.
- Kapitalmarktberatung
Die DekaBank bietet Unternehmen Beratungsdienstleistungen an, um sie bei der optimalen Gestaltung ihrer Kapitalmarktstrategie zu unterstützen.
Belastungen einerseits – Potenziale für Wettbewerbsvorteile andererseits
Zugleich bietet die aktuelle Situation auch Chancen für Unternehmen: Dazu zählen unter anderem
- die bessere Verzinsung von Einlagen und Anlagen,
- höhere Renditen für Eigenkapitalgeber,
- eine mögliche Neubewertung ihrer Unternehmensanleihen (das führt je nach Ergebnis unter anderem zu niedrigeren Finanzierungskosten, erhöhter Liquidität und mehr Flexibilität bei der Kapitalbeschaffung) und
- die Gelegenheit zur Optimierung der Kapitalstruktur.
Um aber von diesen Chancen profitieren zu können, müssen viele Mittelständler zuvor ihre Finanzstrategie anpassen, ihre Kosten senken, ihre Effizienz steigern und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.
Dabei haben die Unternehmen verschiedene Optionen, die sie in ihrer Finanzstrategie berücksichtigen können: Zum einen können sie ihre Finanzierungskosten minimieren, indem sie ihre Kreditwürdigkeit verbessern, die Verschuldung reduzieren und alternative Finanzierungsquellen nutzen. Zum anderen können sie ihre Erträge maximieren, indem sie ihre Preise an die Inflation anpassen, die Produktivität erhöhen und neue Märkte erschließen.
8 Strategien zur Unternehmensfinanzierung in Zeiten hoher Zinsen, Inflation und Rezession
Eine weitere Möglichkeit, in wirtschaftlich turbulenten Zeiten eine solide Unternehmensfinanzierung auf die Beine zu stellen, ist die Nutzung alternativer Strategien, um Stabilität zu gewährleisten und gleichzeitig Wachstum zu fördern.
- Diversifikation der Finanzierungsquellen
Unternehmen sollten ihre Finanzierungsbasis erweitern, indem sie alternative Optionen wie Bankkredite, Eigenkapital, Anleihen und Venture Capital in Betracht ziehen. Eine ausgewogene Mischung kann das Risiko minimieren.
- Liquiditätsmanagement optimieren
Unternehmen sollten ihre Zahlungsströme genau überwachen, um Engpässe zu vermeiden. Kurzfristige Finanzinstrumente wie Working-Capital-Kredite oder Factoring helfen, die Liquidität aufrechtzuerhalten.
- Kostenkontrolle und Effizienzsteigerung
In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist es unerlässlich, Kostenstrukturen zu analysieren und ineffiziente Prozesse zu optimieren. Einsparungen können die Finanzierungslast reduzieren und die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens stärken.
- Stärkung der Eigenkapitalbasis
Eine Erhöhung des Eigenkapitals durch Aktienemissionen oder interne Kapitalakkumulation kann das Vertrauen der Investoren stärken und die Finanzierungskosten senken.
- Flexibilität in der Kapitalstruktur
Das Umschichten zwischen Fremd- und Eigenkapital kann die Auswirkungen steigender Zinsen mildern.
- Investitionen gezielt steuern
Unternehmen sollten Projekte priorisieren, die langfristiges Wachstum und Rentabilität versprechen, anstatt kurzfristige Gewinne anzustreben.
- Krisenresistente Geschäftsmodelle
Unternehmen mit Geschäftsmodellen, die in rezessiven Phasen widerstandsfähig sind, sind besser positioniert. Dienstleistungen oder Produkte des täglichen Bedarfs oder Nischenmärkte können Stabilität bieten.
- Frühzeitige Risikoerkennung
Eine proaktive Risikoerkennung ermöglicht es Unternehmen, sich frühzeitig auf Herausforderungen vorzubereiten. Szenarioanalysen und Stresstests helfen, potenzielle Auswirkungen auf die Finanzierung zu bewerten.
Vorteile der individuellen Beratung nutzen
Gerade in Zeiten hoher Zinsen sowie anhaltender Inflation und Rezession ist es wichtig, die sich nun bietenden Chancen zu erkennen und zu nutzen. Dafür bietet eine Beratung zur Unternehmensfinanzierung bei der Sparkasse vor Ort zahlreiche Vorteile: Zum einen verfügen die Institute und ihre Verbundpartner als Deutschlands wichtigster Finanzpartner des Mittelstands über jahrzehntelange Erfahrung und Expertise in diesem Bereich. Denn aufgrund ihrer regionalen Präsenz und ihrer engen Verbindung kennen sie die Bedürfnisse und Herausforderungen der Unternehmen.
Zum anderen bieten die Sparkassen Lösungen an, die auf die speziellen Anforderungen jedes Unternehmens zugeschnitten sind. Dies schließt die Diversifikation der Finanzierungsquellen, die Optimierung des Liquiditätsmanagements und die Auswahl geeigneter Finanzprodukte ebenso ein wie Unternehmenskredite, Leasing oder Factoring. Auf diese Weise stehen die Sparkassen den Unternehmen zur Seite, die für sie bestmögliche Strategie zu finden und neue Wettbewerbsvorteile zu schaffen.
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Stand: 20.09.2023