Blick durch ein Supermarktregal mit Gläschen mit gelben Deckeln. Man sieht den Kopf einer Frau, die sich ein Gläschen anguckt was sie in der Hand hält.

Shrinkflation: Da ist weniger für Sie drin

Mogelpackungen
Raffiniert ist im Supermarkt nicht nur der Zucker: Auch einige Hersteller nutzen die Inflation geschickt. Statt die Preise zu erhöhen, verkleinern sie die Packungsgrößen. Oder machen beides. Wie das geht, was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können.
Das Wichtigste in Kürze:

Endlich wieder Nudeln kochen. Das Wasser brodelt, die Farfalle stürzen hinein. Wie lange sollen die drinbleiben? Ah ja, „10 Minuten“ steht auf der Packung. Aber nanu? Da steht auch „450 Gramm“. Da waren doch sonst 500 Gramm Nudeln in der Packung. Gut möglich, dass Ihnen das am Wochenende auch so gehen wird – der Shrinkflation sei Undank.

Der Trick fällt kaum auf. Alles sieht aus wie gewohnt. Jedoch: Alles ist etwas kleiner. Nicht Jeder oder Jede kann auf den ersten Blick und ohne direkten Vergleich, einem Becher, Karton oder Säckchen sehen, dass er nun 10 Prozent weniger Volumen hat als noch vergangene Woche. Und selbst wenn: Machen können Sie ja doch nichts – oder? Wir schauen uns das Phänomen Shrinkflation und dessen Partner in Crime, der Skimpflation, näher an. Und wir haben Tipps für Sie. Sogar zum gleichen Preis wie immer: kostenfrei.

Shrinkflation: Wenn weniger drin ist, aber der Preis gleichbleibt

In den Supermarktregalen begegnen uns nach den offensichtlichen, nun auch die versteckten Preiserhöhungen. Hersteller reduzieren die Packungsgrößen ihrer Produkte, halten den Preis jedoch konstant. Für den Verbraucher bedeutet das: Sie bekommen weniger für ihr Geld.

Die Shrinkflation ist ein Kofferwort aus dem Englischen. „Shrink“ steht für „schrumpfen“ und „flation“ ein Teil von „Inflation". Man könnte also auch Schrumpflation sagen. Klar wird zumindest direkt angesichts des englischen Wortes, dass das Phänomen nicht auf Deutschland beschränkt ist.

Warum Unternehmen Shrinkflation betreiben

Mit dieser Methode gleichen Hersteller steigende Produktionskosten aus oder erhöhen ihre Gewinnmarge, ohne den Preis direkt zu erhöhen. Für den Konsumenten und die Konsumentin ist diese Maßnahme nicht unmittelbar zu erkennen.

Es gibt verschiedene Gründe, warum Unternehmen zu dieser Methode greifen:

  1. Steigende Produktionskosten: Rohstoffpreise, Löhne oder Transportkosten können steigen. Anstatt den Preis zu erhöhen, reduzieren Unternehmen die Produktgröße.
  2. Psychologie: Viele Verbraucher reagieren empfindlich auf Preiserhöhungen. Eine kleinere Packung fällt oft weniger auf als ein höherer Preis. Zudem hilft ein mathematischer Effekt, dass beispielsweise eine Preiserhöhung um 25 Prozent das gleiche ist wie eine Mengenreduzierung um 20 Prozent. Letzteres klingt aber weniger dramatisch.
  3. Wettbewerb: In einem hart umkämpften Markt kann es riskant sein, Preise zu erhöhen. Shrinkflation ermöglicht es, Margen zu erhalten, ohne Kunden direkt zu verprellen.

Rechenbeispiele: So stark steigt der Preis

Kleinere Produktgrößen sind bei gleichem Preis eine indirekte Preiserhöhung. Wie hoch diese ausfällt, zeigen wir Ihnen anhand folgender Rechenbeispiele:

Vorher: 500 g Nudeln, jetzt: 450 g, macht 10 Prozent weniger, ergibt eine indirekte Preiserhöhung von 11 Prozent (=1/(1-0,1))

Vorher: 100 g Schokolade, jetzt: 80 g, macht 20 Prozent weniger, indirekte Preiserhöhung = 25 Prozent (=1/(1-0,2)).

Sind die kleineren Packungen gerecht(fertigt)?

Entscheidend ist also, wie sich die Kosten für die Hersteller entwickelt haben. Blicken wir zunächst auf die Löhne: Im zweiten Quartal 2023 sind diese gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,8 Prozent gestiegen. Energie wie Strom und Gas war zeitweilig ebenfalls sehr teuer, auch wenn die Preise dafür schon seit Ende 2022 wieder deutlich gefallen sind.

Hinzukommen die Produktionskosten. Die sind natürlich sehr produktabhängig. Hier lässt sich nur verallgemeinernd sagen, dass viele Rohstoffe ihren Höhepunkt etwa Mitte des Jahres 2022 hatten und oftmals auf die Ausgangswerte zurückgefallen sind. Das gilt beispielsweise für Getreide. Eine Dezitonne (100 kg) Weizen war im Mai 2022 mit 440 Euro besonders teuer. Im September 2023 kostete sie mit 220 Euro nur die Hälfte und damit in etwa so viel wie im langjährigen Durchschnitt.

17 Prozent höhere Produktionskosten

Breiter gefasst ist der Erzeugerpreisindex, den das Statistische Bundesamt  veröffentlicht. Der Erzeugerpreisindex erfasst die Verkaufspreise von Vorprodukten. Die größten Steigerungsraten gab es hier im Frühjahr 2022. Um knapp 17 Prozent hatten sich die Preise gegenüber 2021 für Waren und Dienstleistungen erhöht, die Unternehmen für ihre Produktion benötigen. Seitdem stiegen die Preise weniger schnell. Im August 2023 lag die Rate bei moderaten 1 Prozent. Die kommen allerdings nochmal auf die hohen Werte von 2022 obendrauf.

Gesunken ist hingegen erheblich der Index für Energieträger. Für Energieträger und alle anderen Vorerzeugnisse zusammen mussten Unternehmen im August 2023 knapp 13 Prozent weniger ausgeben als ein Jahr zuvor. Da lag der Preisanstieg allerdings bei sehr hohen 46 Prozent.

In der Summe ist es also seit Anfang 2022 für viele Unternehmen deutlich teurer geworden, Waren zu produzieren. Deswegen stiegen schon damals viele Preise im Supermarkt. Ob nun auch noch kleinere Packungsgrößen gerechtfertigt sind, weil die höheren Kosten erst mit Verzug weitergegeben werden können oder ob hier die Gewinnmarge erhöht wird, lässt sich pauschal nicht sagen.

Etliche Fälle von geschrumpften Verpackungen

Dass das Phänomen nicht nur Einbildung ist, beweisen Untersuchungen der Stiftung Warentest  und der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie haben etliche Fälle gelistet , bei denen der Kunde durch kleinere Packungsgrößen nun weniger Menge pro Euro bekommt. Zwar gab es solche Praktiken schon immer, doch haben sie zuletzt stark zugenommen. Ina Bockholt von der Stiftung Warentest sagt dazu: „Die meisten der von uns gezeigten Beispiele übertreffen bei weitem die Inflationsrate.“

Was ist Skimpflation?

Die Inflation lässt Unternehmen noch zu einer anderen Maßnahme greifen: die Qualität zu mindern. Wenn sich die Preise nicht direkt erhöhen lassen und auch kleinere Verpackungen nicht in Frage kommen, gibt es in der Auswahl der Zutaten noch einen dritten Hebel. „Skimp“ heißt auf Deutsch so viel wie „knausern“. Und so wird dann in der Margarine Rapsöl durch Wasser ersetzt, in den Frühstückscerealien Sonnenblumenöl durch Palmöl, in der Süßigkeit der Kakao- oder Marzipananteil reduziert oder die teure Kaffeesorte „Arabica“ mit einer günstigeren verschnitten.

So erkennen Sie die Shrinkflation

Bleibt die Frage, wie Sie Mogelpackungen erkennen können. Dazu drei Tipps:

  1. Vergleichen Sie die Produktgröße: Oftmals ist die Veränderung der Produktgröße auf der Verpackung nicht sofort ersichtlich. Ein genauer Blick auf das Gewicht oder das Volumen kann jedoch Aufschluss geben.
  2. Achten Sie auf „neues Design“: Manchmal nutzen Hersteller Produktrelaunches, um Größenänderungen einzuführen. Ein „neues Design“ oder eine „verbesserte Rezeptur“ können Hinweise auf Shrinkflation oder Skimpflation sein.
  3. Bleiben Sie informiert: Es gibt viele Verbraucherportale und -foren, in denen Shrinkflation thematisiert wird. Ein regelmäßiger Besuch auf den Webseiten kann helfen, informiert zu bleiben.

Lebensmittelriese markiert versteckte Preiserhöhung

Einen interessanten Weg hat dabei die französische Supermarktkette Carrefour eingeschlagen. Sie hat Produkte, die nun in verkleinerten Packungen verkauft werden, mit auffälligen Hinweisen beklebt. Denn die Supermärkte und Produkthersteller sitzen nicht per se in einem Boot. Die Einkaufsläden stehen in Konkurrenz mit anderen Märkten und wollen möglichst viele Kunden locken.

Gleichzeitig hängt ihre Marge von den Preisen ab, die die Produkthersteller von ihnen verlangen, und denen, die die Kunden noch zu zahlen bereit sind. Daher verhandeln die Supermarktketten häufig hart mit den Herstellern und greifen mitunter zu drastischen Maßnahmen. Deswegen nehmen in Deutschland beispielsweise Rewe, Edeka, Aldi und andere Läden zuletzt häufiger einige Markenprodukte aus dem Sortiment.

Rechtlich erlaubt

Gesetzlich erlaubt sind die vermeintlichen Mogelpackungen mit ihren versteckten Preiserhöhungen übrigens. Das Verpackungsgesetz regelt sehr viel, aber kleinere Verpackungen bei gleichem Preis einzuführen, ist gestattet. Eine Tafel Schokolade muss nicht 100 Gramm wiegen. Es muss nur klar sichtbar sein, wie viel Inhalt in der Packung steckt. Der muss dann aber auch abgefüllt sein. Die erlaubte Toleranzgrenze für zu wenig Inhalt beträgt meist zwischen 4,5 und 1,5 Prozent. Als Faustregel gilt: Je kleiner die Packung, desto größer darf die prozentuale Abweichung sein.

Vielleicht meinen die Hersteller es aber auch nur gut mit uns – und wollen indirekt beim Abnehmen helfen. Das schlechte Gewissen darf künftig nach einer gewichtsreduzierten Tafel Schokolade oder der geschrumpften Tüte Chips auch etwas kleiner ausfallen.

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Stand: 18.09.2023

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