Zwei Personen umarmen sich und schauen zusammen auf's Meer.

Macht Geld glücklich?

Vermögen und Zufriedenheit
„Geld allein macht nicht glücklich“. Aber Vermögen und Zufriedenheit stehen zweifelsohne im Kontext. Denn Geld ist wichtig, um die eigene Existenz zu sichern, Grundbedürfnisse zu stillen und das Leben nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Aber ab wann ist es genug? Warum spielen Menschen Lotto und hoffen auf den Hauptgewinn? Und was hat der Staat, in dem wir leben, damit zu tun? Diesen und weiteren Fragen sind wir auf den Grund gegangen.
Das Wichtigste in Kürze

Was ist Glück?

Der eine schätzt ein schönes Auto und Luxuskleidung, die andere freut sich über ein gemeinsames Abendessen mit Freunden oder ein gutes Buch. Und das eine ist nicht besser als das andere, obwohl es sich vielleicht so lesen mag. Denn das Glücksgefühl ist so individuell, wie die Menschen es sind.

Nach dem Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen setzt sich Glück oder Zufriedenheit als anhaltendes Gefühl aus vier „Gs“ zusammen: Geld, Gemeinschaft, Gesundheit und genetische Disposition, also Veranlagung. Befinden sich diese vier Faktoren in Balance, kann man sich glücklich schätzen und es auch sein.

Darum wollen wir viel Geld besitzen

Geld allein macht also nicht glücklich. Kurz gesagt: Ein Haus lässt sich kaufen, ein Zuhause nicht. Haben die Menschen wenig Geld, quälen Sorgen über alltägliche Kosten oder die Altersvorsorge. Verdienen sie viel Geld, haben sie womöglich einen anspruchsvollen, stressigen Beruf und können nur wenig Freizeit genießen.

Geld löst bei den meisten Emotionen aus. Hitlisten mit den reichsten Personen der Welt befeuern unrealistische Vergleiche, während einige Universitäten damit locken, dass ihre Studiengänge Tür und Tor in Branchen mit hohen Einstiegsgehältern öffnen. Diese und weitere Beispiele verleiten zu dem Gedanken: Je mehr Geld ich verdiene, desto glücklicher bin ich. Aber entspricht das der Wahrheit?

Money may not buy happiness, but I'd rather cry in a Jaguar than on a bus.” ― „Mit Geld kann man sich kein Glück kaufen, aber ich weine lieber in einem Jaguar als in einem Bus.
Françoise Sagan, französische Schriftstellerin

Das sagt die Wissenschaft

Laut Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahnemann und Ökonom Angus Deaton besteht zwischen Einkommen und Glück eine nicht linear verlaufende Beziehung. Verdienen Sie beispielsweise jährlich 15.000 Euro, würden Sie einen starken Glückszuwachs verspüren, wenn Sie ab jetzt 30.000 Euro verdienen würden. Steigern Sie dieses Gehalt noch einmal auf 60.000 Euro, freuen Sie sich ebenfalls – aber weniger als bei der vorherigen Verdopplung. Zwischen 80.000 und 100.000 Euro Jahreseinkommen wird der Zusammenhang zwischen Geld und Glück trivial. Ökonomen nennen diesen Effekt einen „abnehmenden Grenznutzen“. Millionäre und Millionärinnen sind zwar glücklicher als Menschen mit einem guten Einkommen. Dieser Unterschied ist jedoch nicht so groß wie bei Gut- und Geringverdienenden.

In den vergangenen Jahren galten diese Studienergebnisse aus dem Jahr 2010 als erwiesen. Der amerikanische Glücksforscher Matthew Killingsworth stellt im Fachjournal PNAS  eine andere Theorie auf: In seiner Forschung zum Zusammenhang zwischen Wohlstand und Zufriedenheit analysierte er mehr als 1,7 Millionen Echtzeitangaben über das erlebte Wohlbefinden von mehr als 30.000 erwerbstätigen US-Bürgern und Bürgerinnen. Über eine App wurden diese zufällig über den Tag verteilt gefragt, wie sie sich gerade fühlen. Mit dem Ergebnis, dass das Glücksempfinden und die Zufriedenheit proportional mit dem Vermögen steigen – und das ohne Limit. Prof. Dr. Elmar Brähler, Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig, kommt in seiner Studie  ebenfalls zu dem Schluss, dass Menschen, die mehr Geld verdienen, eine höhere Lebenszufriedenheit spüren. Beleuchtet wurden hier Freundschaften, Familie, Partnerschaft, Gesundheit und Freizeit.    

Neue Erkenntnisse: Akademische Gegner arbeiteten zusammen

Die Forscher Kahneman und Killingsworth gingen nach ihren kontroversen Studienergebnissen in den Austausch. In ihrer Re-Analyse  kamen sie zu dem Schluss, dass ein höheres Einkommen in der Regel die meisten Menschen glücklicher macht. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme: Wenn Menschen bereits wohlhabend sind, aber dennoch unglücklich, wird kein Geld der Welt sie wieder glücklich machen. Die Studie ergab, dass in jeder Einkommensgruppe etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung chronisch unzufrieden sind.

Es zeigt sich zudem, dass ab einem Jahreseinkommen von 100.000 US-Dollar ein Plateau erreicht wird, bei dem eine weitere Einkommenssteigerung nicht mehr zur Verbesserung des Wohlbefindens führt. Dies gilt insbesondere für Menschen, bei denen keine materielle Notlage mehr besteht. Maßnahmen wie Steuerreduzierungen, Gehaltserhöhungen oder ein Wechsel zu besser bezahlten Jobs können zwar das persönliche Wohlbefinden steigern, aber auch in dieser neuen Studie gab es einen Punkt, an dem das Glückswachstum sein Limit erreichte: nämlich ab einem Jahreseinkommen von 500.000 Dollar.

Die Forschungsergebnisse zeigen somit, dass ein höheres Einkommen für die Mehrheit der Menschen mit einem Anstieg des Glücksgefühls einhergeht. Allerdings gibt es individuelle Unterschiede, und es ist nicht für jeden gleichermaßen zutreffend. Dies verdeutlicht, dass das Verhältnis zwischen Einkommen und Glück komplex ist und von verschiedenen Faktoren abhängt, einschließlich des allgemeinen emotionalen Wohlbefindens einer Person.


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Bruttojahresgehalt entsprechen der durchschnittlichen Glücksobergrenze in Deutschland

In Deutschland sieht die Situation laut des Soziologen Jan Delhey jedoch insgesamt etwas anders aus. Amerikaner und Amerikanerinnen pflegen ein größeres Bestreben, finanziellen Erfolg nach außen zu zeigen, während in Deutschland finanzielle Sicherheit einen hohen Stellenwert hat und das Glücksempfinden positiv beeinflusst.

Der Psychologe Andrew T. Jebb von der Purdue University teilt Glück in „Lebenszufriedenheit“ als langfristigen und das „emotionale Wohlbefinden“ als kurzfristige Variable ein. Auch er nennt eine Summe ähnlich der aus früheren Studien: Rund 81.000 Euro Bruttogehalt  müssen Menschen jährlich verdienen, um glücklich zu sein. Dieser Wert scheint langfristig einen Mittelwert zwischen finanzieller Zufriedenheit und Freizeit darzustellen.  

Intrinsische vs. extrinsische Motivation

Eine weitere Studie besagt, dass sich das reine Streben nach Geld negativ auf die Zufriedenheit auswirkt. Sind finanzielle Ziele der Ansporn für das eigene Handeln, handelt es sich dabei um eine extrinsische Motivation. Ein hohes Einkommen erfordert Zeit, Arbeitsbelastung und Verantwortung. Die Möglichkeit, positive Erfahrungen in der Freizeit zu sammeln, wird dadurch reduziert. Die Selbstdeterminationstheorie geht hingegen davon aus, dass der Mensch nach Bindung zu anderen Menschen, Kompetenzerleben und Selbstwirksamkeit sowie nach Autonomie strebt. Spricht eine Tätigkeit diese psychologischen Grundbedürfnisse an, erleben Sie eine intrinsische Motivation. Und dieser innere Antrieb fördert die Zufriedenheit.

Glück ist relativ

Glück ist ein sehr individuelles Gefühl, das sich auch mit den Umständen ändert. Ebenso kann der ermittelte Wert von 81.000 Euro durch schwankende Inflationsraten immer eine andere Kaufkraft annehmen. Es geht in den genannten Studien und in diesem Text nicht darum, eine Antwort für alle Menschen, sondern lediglich einen Richtwert zu finden.

Das Geld muss weg! Aber wohin?

Die gute Nachricht: Kaufen Sie sich etwas Neues, setzt der Prozess Glückshormone frei. Die schlechte: Diese Gefühle halten in der Regel eher Stunden als Tage und auf keinen Fall langfristig an. Das gilt vor allem für Gegenstände. Es gibt jedoch Dinge, die das Glücksgefühl verlängern oder immer wieder hervorrufen.

Erlebnisse

Ein einzigartiger Kaschmirpullover ganz nach ihrem Geschmack oder ein Wochenendurlaub in ein paar Monaten – wofür würden Sie sich entscheiden? Viele Menschen tendieren zu Ersterem, dem Materiellen. Der Pullover unterliegt jedoch dem Gewöhnungseffekt und die Freude lässt schnell nach. Von Psychologen und Psychologinnen wird dieses Phänomen hedonistische Tretmühle genannt. Entscheiden Sie sich für den Wochenendurlaub, können Sie sich aktiv an diesen zurückerinnern, Fotos anschauen, Mitbringsel wie einen kitschigen Schlüsselanhänger in den Alltag integrieren. So werden die guten Gefühle, die mit der Auszeit einhergingen, am Leben erhalten. Das gilt beispielsweise auch für kulturelle Erlebnisse wie ein lang ersehntes Konzert oder eine inspirierende Ausstellung. Nehmen Sie ein Bildungsangebot in Anspruch, beispielsweise einen Sprach- oder VHS-Kurs, können Sie sich einerseits über das Erlebnis und andererseits über den Erfolg freuen.

Soziales

Ein warmes Gefühl im Bauch, wenn Sie etwas Gutes tun oder geben, ist nichts Ungewöhnliches. Nehmen Sie sich beim Beteiligen an wohltätigen Zwecken oder durch eine Spende als großzügig und fürsorglich wahr, bestärkt das Ihr Selbstkonzept. Sogenannte prosoziale Investitionen können das Glücksgefühl demnach länger bestehen lassen. Kaufen Sie den Pullover also lieber für eine Person, die ihn wirklich braucht.

Im Hier und Jetzt sein

Pflegen Sie die Fähigkeit, den Moment ohne Ablenkung zu genießen – und kommen Sie in der Gegenwart an. Kein Traumstrand, Eigenheim und keine Vintage-Uhr wird Sie nachhaltig glücklich machen, wenn Ihre Gedanken nur in der Vergangenheit oder Zukunft hängen und Sie sich viel über Medien definieren oder mit Personen in Ihrem Umfeld vergleichen.

 Dienstleistungen

Ein Forschungsteam der Harvard Business School  kam bereits 2017 zu dem Schluss, dass Zeit ein wichtiger Faktor für das Zufriedenheitslevel ist. Eine größere Lebenszufriedenheit setzte bei den Befragten dann ein, wenn sie Geld für zeitsparende Dienstleistungen ausgaben und so mehr Zeit für Hobbys oder Freizeitaktivitäten übrigblieb. Das ist in vielen Fällen natürlich ein kostspieliges Unterfangen oder Luxus. Aber auch kleine Dinge wie eine Essensbestellung oder das Lieblingskleid in die Reinigung zu bringen, kann einen ähnlichen Effekt haben.  

Altersvorsorge

Mit der richtigen Strategie schließt sie die Rentenlücke und schützt vor Altersarmut: die Altersvorsorge. Egal, ob ETF-Sparplan, betriebliche Altersvorsorge, Aktien oder Anleihen – ein Investment in die Zukunft steigert das Sicherheitsgefühl und somit die persönliche Zufriedenheit.

Erst bezahlen, dann konsumieren

Die „Heute kaufen, später zahlen“-Zahlungsmöglichkeit – auch „Buy now, pay later“ – wird von vielen Online-Shops angeboten. Sie können Dinge erwerben, diese später oder in kleinen Raten zurückzahlen, ohne einen Kreditantrag stellen zu müssen. Mit wenigen Klicks ist der Kauf getätigt und die Raten werden monatlich eingezogen. Greifen Sie häufig auf Services dieser Art zurück, können Sie leicht den Überblick verlieren und schnell Schulden anhäufen. Stehen dann ständig Zahlungen aus, ist das ohnehin nur kurz anhaltende Glücksgefühl nach einem Kauf gleich doppelt so schnell verflogen.  

Auch der Staat spielt eine Rolle

Die Zufriedenheit von Bürgern und Bürgerinnen hängt auch davon ab, wie fair der Wohlstand in dem Land verteilt wird , in dem sie leben. Der sogenannte Gini-Koeffizient, ein Näherungswert für die Gleichförmigkeit der Wohlstandsverteilung innerhalb einer Volkswirtschaft, beeinflusst das Zufriedenheitslevel der Bevölkerung. Der Wohlstand steigt, wenn bereits ein kleiner Teil der Bevölkerung zum Zugewinn des Landes beiträgt. Wird dieses Geld jedoch noch nicht oder nur in verhältnismäßig kleinen Teilen in das Allgemeinwohl reinvestiert, verschlechtert sich das Wohlbefinden des einzelnen Menschen.

Nicht wahrscheinlich, aber möglich: Der Lottogewinn

„Jetzt das große Geld gewinnen, dann wäre alles besser!“ Sicher denkt das der eine oder die andere beim Ankreuzen der Zahlen. Aber Lottogewinner und -gewinnerinnen sind nicht automatisch die glücklicheren Menschen. Einige geben die ungewohnt hohe Summe Geld in kurzer Zeit aus, andere verschulden sich danach sogar. Ebenfalls eintreten kann eine Last des Geldes: Soziale Ausgrenzung oder das Gefühl, wegen des Geldes vom eigenen Umfeld ausgenutzt zu werden, sind keine Seltenheit. Ein Investment in sich selbst und die eigenen Träume kann ebenfalls von Dritten mit Argwohn und Egoismus betrachtet werden.

Zudem sind der Psychologe Paul Gain und die Psychologin Renata Bongiorno in einer Studie zu dem Schluss gekommen, dass Menschen bei einem variablen Lottogewinn nur selten die höchste Summe wählen würden. Ist mehr gar nicht mehr? Anscheinend nicht. Rund 8.000 Menschen aus 33 Ländern wurden befragt. Gewählt werden konnte zwischen 10.000 US-Dollar bis hin zum Höchstbetrag von 100 Millionen US-Dollar. Das Ergebnis: In keinem Land entschied sich eine Mehrheit für den Hauptgewinn.

Der Wunsch nach Reichtum hängt den Forschern und Forscherinnen zufolge auch von den Werten und der kulturellen Prägung ab. Es ist keine universelle Eigenschaft. Menschen mit nahezu grenzenlosen finanziellen Wünschen leben eher in Ländern mit einer hohen Akzeptanz gegenüber sozialer Ungleichheit.

Stand: 27.12.2023

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