Nach dem Abitur konnte ich mich nicht entscheiden, ob ich studieren oder doch zunächst eine Ausbildung machen wollte. Da riet mir ein guter Freund, der bereits seit Jahren bei der Sparkasse beschäftigt war, mich bei der Sparkasse zu bewerben. Ich war immer noch unsicher, weshalb es die einzige Bewerbung war, die ich schrieb – und ich wurde tatsächlich angenommen! Nun wusste ich zwar nicht, ob es das Richtige für mich sein würde, aber eine Ablehnung hätte ich meinen Eltern nur schwerlich erklären können. So begann ich 1983 meine Ausbildung als Bankkauffrau.
Ich war total überrascht, wie gut mir alles gefiel. Es war lebhaft und abwechslungsreich. Ich lernte viele nette, aufgeschlossene Menschen kennen, wurde an allen möglichen Stellen und in verschiedenen Filialen eingesetzt, habe viel gelernt und durfte viel Unterschiedliches machen. Fast überall konnte ich mich direkt einbringen, was mir viel Spaß gemacht hat.
1996 wurde in Krefeld die „Topkundenbetreuung“ installiert und mir wurde eine der beiden neuen Stellen angeboten. Es ging um die Betreuung von Kunden mit einem liquiden Vermögen ab einer Million DM. Dieser Bereich und die Aufgaben waren neu, interessant und auch herausfordernd. Mit zwei Beratern und einem Leiter starteten wir mit viel Engagement und Spannung in unsere neuen Aufgaben.
Obwohl vieles neu war und sicher auch eine anfängliche Nervosität herrschte, hatten wir Erfolg und konnten den Bereich schnell ausbauen. Mir machte es Spaß, hierauf Einfluss zu nehmen, gefordert zu sein und auch wirklich gestalten zu können. Ich habe immer viel Freiraum erlebt und keine Vorgaben bei der Beratung, der Tagesgestaltung oder der Produktauswahl – Regulatorik und gesetzliche Vorgaben natürlich ausgenommen. Wir waren sehr stolz darauf, das Geschäft weiter ausbauen und auch neue Kunden gewinnen zu können.
Im Rahmen angedachter Umstrukturierungen für den Bereich wurde mir allerdings klar, dass ich mich unter den neuen Gegebenheiten nicht mehr weiterentwickeln könnte. Führung war seinerzeit keine Option für mich, denn mein Chef war zu jung, als dass ich auf die Chance warten wollte, seine Stelle übernehmen zu können. Und zu diesem Zeitpunkt wurde ich auf das Finanzdienstleistungsunternehmen Schnigge AG aufmerksam.
Die Schnigge AG war als Börsenmakler bekannt und gründete seinerzeit ein Tochterunternehmen zur Vermögensverwaltung. Das fand ich interessant. Zudem waren in der Finanzbranche bekannte und etablierte Menschen engagiert worden und so wagte ich im September 2001 gemeinsam mit einem Kollegen, den Wechsel dorthin.
Recht schnell wurde mir bewusst, dass die dort gewünschte Einstellung und gelebte Vorgehensweise nicht meinen Vorstellungen und Werten entsprach. Anhand der Punkte, die mir nicht gefielen und mit denen ich mich nicht identifizieren konnte, merkte ich, wie sehr ich die Sparkassen-Idee schätzte. Denn obwohl wir auch in der Sparkasse sehr profitabel gearbeitet haben, stand dabei immer die persönliche Beratung auf Basis der Ziele und Wünsche des Kunden im Fokus. Das Produkt leitete sich erst aus dem ab, was am besten zum Kunden passte. Dieses Vorgehen entsprach meiner Überzeugung.
Mir wurde klar, dass mein neuer Job nicht zu meiner Haltung passte und ich mich deshalb auf Dauer nicht wohlfühlen konnte. Zu diesem Zeitpunkt stellte ich mir die Frage, ob ich überhaupt weiterhin im Bankwesen tätig sein oder mir eine ganz andere Aufgabe suchen wollte. Allerdings erschien es mir falsch, all das, was ich gelernt und an Erfahrungen gesammelt hatte, zu ignorieren und etwas gänzlich Neues zu beginnen.
In dieser Phase entdeckte ich eine Stellenausschreibung der DekaBank Luxembourg, die mir gut gefiel. Zu meiner Zeit in Krefeld hatte ich immer schon sehr gerne und aktiv Investmentfonds eingesetzt und konnte mir gut vorstellen, im Wertpapiergeschäft und für die DekaBank zu arbeiten. Auch der ausgeschriebene Sparkassen-Außendienst reizte mich ausgesprochen. So nahm ich Kontakt auf und wurde zu Gesprächen nach Luxemburg eingeladen.
In beiden Vorstellungsgesprächen erlebte ich eine ausgesprochen positive Atmosphäre und zudem waren die Menschen, auf die ich dort traf, sehr freundlich und offen. Mein zukünftiges Einsatzgebiet konnte, meinem Wunsch entsprechend, das Rheinland sein und so kam es, dass ich nach etwa neun Monaten wieder zurück in der Sparkassen-Finanzgruppe war.
Ich betreute nun Sparkassen zu allen Themen rund um die Fondsgebundene Vermögensverwaltung, entwickelte mit den Verantwortlichen der Häuser Vertriebskonzepte hierzu, führte die entsprechenden Mitarbeiter-Schulungen durch und hielt Vorträge bei Kundenveranstaltungen. In dieser Zeit war ich nahezu täglich in einer anderen Sparkasse und ausgesprochen viel unterwegs, im letzten Jahr waren es 70.000 Kilometer, die sich allerdings durch mittlerweile deutschlandweite Einsätze ergaben.
An vier Abenden pro Woche hielt ich Vorträge bei Veranstaltungen, zu denen Sparkassen ihre Kund/Innen einluden. Meist waren es Ehepaare, aber auch Männer alleine, die sich zu Wertpapierthemen informierten. Als mein Chef in Luxemburg dann von einer Sparkasse als Referent für eine reine Frauenveranstaltung eingeladen wurde, entstanden hieraus viele Diskussionen und Überlegungen.
Noch heute bin ich begeistert, wenn ich davon erzähle. Damals begann ich mit meiner Kollegin Andrea Joost, Sparkassen auf das Thema „Frauen und Finanzen“ anzusprechen. Denn wir fanden das Thema sowohl für die Geldanlage als auch für die Altersvorsorge sehr wichtig.
Tatsächlich hatte ich bereits bei der Beratungstätigkeit in meiner Heimatsparkasse, aber auch bei den Schulungen und Kund/Innenveranstaltungen in Sparkassen festgestellt, dass Frauen eigentlich nie alleine zu Gast waren. Sie erschienen meist als Begleitung und stellten auch so gut wie nie eine Frage. Dieses durchgängig geringe Interesse beschäftigte mich. Ich war (und bin) davon überzeugt, dass Veranstaltungen in Sachen Finanzen sinnvoll sind, um Frauen aufzuklären und zu animieren, sich mit ihren Finanzen zu beschäftigen.
Also begann ich, Veranstaltungen ausschließlich für Frauen durchzuführen. Dafür arbeitete ich mit den Beraterinnen und Beratern bei den Sparkassen eng zusammen. Es war damals ein ganzes Stück Arbeit, Frauen zur Teilnahme zu bewegen – aber in der Durchführung waren diese Veranstaltungen für mich die schönsten. Jede war von den Verantwortlichen in den Sparkassen mit besonderer Aufmerksamkeit und Liebe zum Detail organisiert worden und wurde von den dann anwesenden Kundinnen immer besonders wertgeschätzt.
Nachdem ich einige Jahre für die Deka in Luxemburg aktiv war, machte ich mir Gedanken über meine Zukunft. Mir machte der Job mit all seinen Besonderheiten nach wie vor richtig viel Spaß. Aber ich musste sehr viel reisen und wusste, dass ich das nicht ewig würde weitermachen können oder wollen. Ich war damals 45 Jahre alt und dachte mir, dass ein Wechsel in den nächsten ein bis drei Jahren sinnvoll wäre.
Bei einer Veranstaltung in Ratingen kam ich zufällig mit dem dortigen Vorstand, Herrn Busch, ins Gespräch. Ich kannte seine Sparkasse recht gut, da ich sie seit einigen Jahren betreute. Aufgrund eines Kundengesprächs war mir aufgefallen, dass es dort kein Private Banking gab. Ich fragte ihn nach den Gründen.
Er berichtete, dass es in der Sparkasse Planungen geben würde, einen solchen Bereich aufzubauen. Aufgrund meiner Private-Banking-Tätigkeit in Krefeld hatte ich den Gedanken, wieder gerne in diesem Segment aktiv zu sein. So sagte ich ihm, dass es mich sehr interessieren würde, wenn die Sparkasse die Entscheidung pro Private Banking treffen würde. Wir verblieben so, dass ich Bewerbungsunterlagen zur Verfügung stellen und er sich melden würde, wenn eine Entscheidung getroffen wäre.
Ein paar Monate später war die Entscheidung getroffen. Dann ging alles recht schnell. Ab 1. Mai 2008 startete ich bei der Sparkasse Hilden Ratingen Velbert mit der Aufgabe, ein erfolgreiches Private Banking aufzubauen. Ich hatte das große Glück, dass kurz nach dem Start das Projekt „Update Private Banking“ beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) begann und ich die Chance hatte, daran teilzunehmen. Das brachte mir eine ungeheure positive Begleitung und Unterstützung beim Aufbau des neuen Bereichs, der klein begann und konstant wuchs.
Nach drei Jahren habe ich neben dem Kundengeschäft im Private Banking und den VermögensCentern zusätzlich die Verantwortung für das Wertpapiergeschäft übernommen. Ohne Frage blieb es damit für mich jederzeit herausfordernd, interessant und spannend.
Heute kümmern sich im Private Banking 19 Mitarbeiter um Kundenbetreuung, eigene Vermögensverwaltung, Aktive Depotbetreuung, Testamentsvollstreckung und Stiftungsmanagement.
Die anfängliche Schwierigkeit und größte Herausforderung: Ich hatte keine Führungserfahrung! Und es gab so viel zu tun, dass ich nicht dazu kam, mich in Sachen Führung fortzubilden. Das war nicht einfach und zugegeben, am Anfang wachte ich so manches Mal mit schwierigen Gedanken nachts auf und konnte nur schwer wieder einschlafen.
Ich musste erst lernen, unbedingt auf mich zu vertrauen, bei mir zu bleiben. Ich bin davon überzeugt, dass man Erfolg planen kann, wenn man strukturiert arbeitet. Besonders wichtig finde ich es aber auch, dass der Beruf Spaß macht. Dazu gehört es auch, Mitarbeiter/Innen stetig zu entwickeln. So bin ich stolz darauf, dass sich bisher noch niemand aus meiner Abteilung wegbeworben hat.
Nach 13 Jahren bei der Sparkasse verlasse ich am Jahresende meinen Verantwortungsbereich, in dem ich mich immer sehr wohlgefühlt habe, der mir bis heute viel Freude bereitet, und in dem mir die Menschen sehr ans Herz gewachsen sind. Doch zum Jahresbeginn 2022 werde ich noch einmal einen neuen Schritt gehen. Denn ich werde in den Vorstand der Ökoworld AG wechseln. Ich bin ausgesprochen neugierig, wie meine Reise weitergeht und freue mich auf die neue Aufgabe.
Was ich anderen Frauen raten würde, wenn sie gerne Karriere machen möchten, ist im Grunde dasselbe, was ich auch Männern raten würde: Meiner Erfahrung nach sind Netzwerke eine ungemeine Bereicherung. Ich schätze zum Beispiel den Austausch in meinem Frauennetzwerk der Private Banking Leiterinnen ungemein. Hier wird ein sehr offener, ehrlicher und ausgesprochen vertrauenswürdiger Umgang mit allen dienstlichen, aber auch persönlichen Themen gepflegt. Ich glaube, gerade in Führungspositionen hilft es zu wissen, dass Frau mit ihren Themen nicht allein ist.
Bleiben Sie außerdem authentisch, glauben Sie an sich und lassen Sie sich nicht verunsichern, wenn Sie als Frau in Führungsposition manchmal noch „exotisch“ zu sein scheinen und beispielsweise in Meetings oder bei Veranstaltungen herausstechen. Gehen Sie Ihren Weg, Schritt für Schritt, seien Sie offen, haben Sie Mut, hören Sie dabei auch auf Ihren Bauch und bleiben Sie sich und Ihren Werten treu!
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