Die Mehrwertsteuer begegnet uns bei jedem Einkauf. Und in schöner Regelmäßigkeit auch in den Nachrichten. Erst vor wenigen Tagen regte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) an, die Mehrwertsteuer für Fleisch von derzeit 7 Prozent auf einen neuen dritten Steuersatz leicht anzuheben. Damit solle eine bessere Tierhaltung finanziert werden.
Grundlegend gibt es zwei Steuersätze. Den regulären von 19 Prozent und den ermäßigten Satz von 7 Prozent. Die Faustregel dabei: Dinge für den täglichen Bedarf wie Lebensmittel, Bücher und der Eintrittspreis zu Kulturveranstaltungen werden mit 7 Prozent besteuert, alles andere mit 19 Prozent. Deswegen dürften auf Ihrem Kassenbon vom Wochenendeinkauf vor allem Waren auftauchen, die mit dem ermäßigten Steuersatz belegt sind. Wenn Sie shoppen, fallen hingegen in der Regel 19 Prozent an.
Doch gibt es eine ganze Reihe von Ausnahmen. Testen Sie sich zuerst in unserem Quiz und entdecken Sie danach die Antworten in unseren Top 7 der Mehrwertsteuer-Merkwürdigkeiten.
Kaffee oder Latte Macchiato?
Der Mehrwertsteuersatz (MwSt.) für ein einfaches Kaffeepulver beträgt in Deutschland 7 Prozent, weil es als Grundnahrungsmittel gilt. Kaufen Sie Ihren zubereiteten Kaffee aber in einem Café – to go oder nicht – fallen darauf 19 Prozent an. Das gilt für alle Getränke.
Aber es gibt eine Ausnahme. Denn Milch wird nur mit 7 Prozent besteuert. Das hat eine spannende Folge: Denn was passiert, wenn Sie einen Kaffee mit Milch trinken? Die Antwort: Es kommt auf den Milchanteil an.
Besteht Ihr Getränk zu mindestens drei Vierteln aus Milch, gelten 7 Prozent Mehrsteuersatz. Andernfalls 19 Prozent. Die Folge ist ein Riesendurcheinander für alle Gastronomen: Eigentlich gehören in einen Latte Macchiato zwei Drittel Milch und Milchschaum. Wenn der oder die Barkeepende den Anteil aber auf 75 Prozent steigert, dann muss das Café weniger Mehrwertsteuer an den Staat abführen und steigert seine Gewinnmarge.
Dieser Effekt ist jedoch dahin, wenn Sie Ihren Macchiato mit Hafermilch bestellen. Denn für Milchersatzprodukte fallen immer 19 Prozent an.
Zum Mitnehmen oder Hieressen?
Dienstleistungen werden grundsätzlich mit 19 Prozent besteuert. Dazu zählen auch Restaurantbesuche. Deswegen hören Sie an der Kasse von Fastfood-Restaurants regelmäßig die Frage, ob Sie im Restaurant essen oder das Essen mitnehmen wollen. Denn auch wenn Sie für die Bestellung gleich viel zahlen, entscheidet Ihre Antwort darüber, ob Ihre Mahlzeit mit 7 oder 19 Prozent besteuert wird. Nehmen Sie das Essen mit, zählt es als Lebensmittel und wird geringer besteuert. Außer die Getränke natürlich (siehe Punkt 1).
Sie können also entscheiden, wie viel der Staat und wie viel der Restaurantbetreiber an Ihrem Essen verdienen soll.
Babynahrung versus Tierfutter
Es klingt speziell, aber Tierfutter wird in Deutschland mit einem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent besteuert, während Babynahrung mit 19 Prozent besteuert wird. Die Begründung geht ungefähr so: Tierische Lebensmittel wie Fleisch und Milch werden mit 7 Prozent besteuert, sodass es schwierig wäre das entsprechende Futter mit 19 Prozent zu belegen. Warum das für Babynahrung aber nicht gilt, kann auch das Bundesfinanzministerium nicht schlüssig begründen.
So wichtig ist die Mehrwertsteuer
Für den Staat ist die Mehrwertsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Die Umsatzsteuer – inklusive der Einfuhrumsatzsteuer – summierte sich im Jahr 2023 auf 291,4 Milliarden Euro. Das ergibt einen Anteil von 32 Prozent an allen Steuereinnahmen, wie aus Zahlen des Statischen Bundesamts hervorgeht.
Eingeführt wurde sie 1968, damals noch mit einem regulären Steuersatz von 10 Prozent. Der ermäßigte Steuersatz betrug 5 Prozent.
Blumen und Pflanzen
Kraut und Rüben herrscht auch in der Pflanzenwelt. Wenn Sie Pflanzen oder Schnittblumen kaufen, zahlen Sie 7 Prozent Mehrwertsteuer. Getrocknetes Material und Deko wird mit 19 Prozent besteuert. In die Bredouille bringen Sie Ihren Blumenhändler oder Ihre -händlerin mit einem Adventskranz. Hier kommt es darauf an, wie viel Frischware eingebunden ist.
Kunst ist nicht gleich Kunst
Kunstwerke wie Gemälde und Zeichnungen profitieren in Deutschland ebenfalls von einem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Sie müssen aber vollständig mit der Hand geschaffen sein. KI-Kunst dürfte demzufolge mit 19 Prozent Steuer belegt werden.
Mehrwertsteuer richtig berechnen
Die Mehrwertsteuer beträgt 19 Prozent. Doch wie hoch ist der Steueranteil an einem Produkt? Nehmen wir an, Sie kaufen ein Elektrogerät für 100 Euro. Gehen dann 19 Euro davon an den Staat? Nein, nur knapp 16 Euro, denn die Steuer wird auf den Grundwert aufgeschlagen.
Den Begriff kennen Sie vielleicht noch aus dem Mathematikunterricht, Thema Prozentrechnung. Der Grundwert ist in diesem Fall der Nettopreis und mit 100 Prozent gleichzusetzen. Diesen wollen wir herausfinden. Bekannt ist Ihnen der Bruttopreis, den Sie im Laden inklusive Mehrwertsteuer zahlen. Dieser entspricht 119 Prozent (Grundwert + Steuersatz). Für den korrekten Steueranteil müssen Sie also 100 Euro mit 119 Prozent gleichsetzen. Daraus ergibt sich für den Nettopreis folgende Rechnung: 100 Euro : (119 Prozent : 100) = 100 Euro : 1,19 = 84,03 Euro.
Sie zahlen 100 Euro. Davon erhält der Händler 84,03 Euro, der Staat 15,97 Euro. Von 100 Euro gehen also knapp 16 Euro an den Fiskus.
Sie können den Steueranteil auch direkt ausrechnen mit dieser Formel:
Steueranteil = Ladenpreis : 119 x 19.
Für die ermäßigten Steuersatz gilt analog:
Ladenpreis : 107 x 7.
Kaufen Sie für 100 Euro Waren zum ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent, fließen 6,54 Euro in die Staatskasse und 93,46 Euro bleiben beim Händler.
Schauen Sie auf Ihren nächsten Kassenbon. Dort werden die Steuerabgaben meist nochmal zusammengefasst. Wenn Sie die Werte richtig dividieren, werden Ihnen die Zahlen 0,8403 und 0,9346 wieder begegnen.
Pferd 19 Prozent, Maultier 7 Prozent
Die Mehrwertsteuer ist seit 2012 um eine Kuriosität reicher. Denn ein Jahr zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) sich eine Sache näher besehen und entschieden: Sport- und Freizeitpferde dürfen nicht länger mit dem ermäßigten Steuersatz verkauft werden. Die Bundesregierung handelte daraufhin und strich kurzerhand alle Pferde aus Anlage 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Seither fallen 19 Prozent Mehrwertsteuer an – auch für Arbeits- und Schlachtpferde. Maultiere, Rinder und Co. werden weiterhin mit 7 Prozent Steueraufschlag verkauft. Schwein gehabt.
Der falsche Name
Die Mehrwertsteuer heißt in Gesetzestexten übrigens gar nicht so. Da wird Sie Umsatzsteuer genannt. Diese wird nach dem sogenannte Mehrwertprinzip erhoben. Denn die Umsatzsteuer zahlen Unternehmen und Selbstständige nur auf den von ihnen geschaffenen Mehrwert, also auf das, was sie nach Abzug der Kosten für ein Produkt oder eine Dienstleistung einnehmen. Dadurch hat sich kurioserweise der Begriff Mehrwertsteuer im Alltag durchgesetzt.
Stand: 09. Juli 2024