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Ein Mitarbeiter mit Downsyndrom riecht an einer Blume in einer Gärtnerei.

Diversität am Arbeitsplatz noch zu schwach ausgeprägt

Diversity-Tag 2023
Am 23. Mai 2023 jährt sich der bundesweite Diversity-Tag zum 11. Mal. Der Aktionstag und die dahinterstehende Initiative „Charta der Vielfalt“ stehen für vorurteils- und diskriminierungsfreie Arbeitsumfelder. Gefördert werden sollen die Einbeziehung von Diversität, Wertschätzung und Anerkennung im Berufsalltag. Aber was bedeutet Diversität genau, warum ist sie so wichtig und wann gilt eine Firma als divers?

Charta der Vielfalt

Die Sparkassen gehörten 2008 zu den ersten Unternehmen, die sich zu den Grundsätzen der "Charta der Vielfalt" bekannt und diese mitgezeichnet haben. Sie gehören zur Sparkassen-Finanzgruppe. Das ist die größte kreditwirtschaftliche Gruppe Europas mit rund 291.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Neben den Sparkassen gehören dazu ihre Regionalverbände, Landesbanken und zahlreiche Verbundpartner, die sich die Aufgaben teilen, die geld- und kreditwirtschaftliche Versorgung der Menschen in allen Teilen Deutschlands sicherzustellen.

Die Themen Gleichstellung und Gleichberechtigung betreffen alle Geschlechter und müssen somit von allen gelebt werden.
Margareta Rieck, Gleichstellungsbeauftragte beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband

Diversität geht uns alle an

Um die Diversität in deutschen Unternehmen ist es noch erschreckend bestellt. Das zeigen folgende Erkenntnisse, wovon einige die Ergebnisse der letzten Studie der AllBright Stiftung  sind:

  • Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen (Gender Pay Gap) besteht nach wie vor und liegt unbereinigt derzeit bei 18 Prozent.

  • Der „Gender Gap Arbeitsmarkt“, der neben Unterschieden in Bruttoverdiensten auch Unterschiede in Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung beinhaltet, lag 2022 bei 39 Prozent.

  • In Chefetagen dominiert wenig Vielfalt – das typische Vorstandsmitglied eines Dax-Konzerns ist überwiegend männlich (86 Prozent) und weiß, deutsch (74 Prozent), mit Ausbildung in West-Deutschland (64 Prozent) oder im Ausland (34 Prozent).

  • Viele Beschäftigte haben berufliche Nachteile durch Elternschaft.

  • Bei der Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen ist viel Luft nach oben. Immerhin ist ihre Erwerbsbeteiligung in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und lag 2019 bei 57 Prozent.

  • Auch Benachteiligungen im Berufsalltag aufgrund ethnischer oder sozialer Herkunft sind weit verbreitet. Immerhin sehen sich 95 Prozent der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der „Charta der Vielfalt“ in der Pflicht, gegen die Benachteiligung aufgrund sozialer Herkunft vorzugehen, so die neusten Zahlen der Initiative.

In vielen Bereichen des Arbeitsumfelds finden sich Vorurteile und strukturelle Diskriminierungen, mangelt es nach wie vor an der Anerkennung und Wertschätzung von Diversität: „Vielfalt muss von den Führungsetagen noch stärker vorgelebt und unterstützt werden. Das heißt auch, Räume zu schaffen und weiterhin ein Bewusstsein für Vielfalt am Arbeitsplatz zu fördern, damit auch Mitarbeitende ein Verständnis entwickeln und sich mitgenommen fühlen“, sagt Juliane Schlei, Kommunikationsleiterin bei Charta der Vielfalt e.V.

Diverse Studien zeigen inzwischen, dass vielfältige Teams vom Aufeinandertreffen verschiedener Lebenswelten profitieren: sie sind zufriedener, innovativer, treffen kreativere Entscheidungen und steigern die Toleranz der einzelnen Teammitglieder.

Die Charta der Vielfalt – Selbstverpflichtung für Unternehmen

Der Charta der Vielfalt e. V. ist eine Initiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen  und Institutionen – Schirmherr ist Bundeskanzler Olaf Scholz. Seit 2013 richtet der Verein jährlich den Diversity-Tag mit zahlreichen Aktionen aus und macht somit darauf aufmerksam, wie bunt und vielfältig die Gesellschaft und die Arbeitswelt sind. Ziel der Initiative ist ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld. Alle Beschäftigten sollen Wertschätzung erfahren – unabhängig von ihrem Alter, ihrer ethnischen Herkunft und Nationalität, ihres Geschlechts und ihrer geschlechtlichen Identität, der körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, ihrer sexuellen Orientierung und sozialen Herkunft.

Unternehmen verpflichten sich durch die Unterzeichnung, die wachsende Vielfalt der Gesellschaft anzuerkennen, ihre Personalprozesse dementsprechend zu überprüfen und die Vielfalt für ihr Unternehmen gewinnbringend einzusetzen.  

Das heißt, es sollen zum einen bestehende Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen abgebaut sowie Chancengleichheit hergestellt werden. Zum anderen geht es beim Auflösen veralteter Personalstrukturen und Ansprechen neuer Zielgruppen auch um strategische und wirtschaftliche Aspekte. 4900 Organisationen haben bisher unterzeichnet – Tendenz steigend.

Um als vielfältig zu gelten, müssen Unternehmen erst einmal verstehen, was Vielfalt beziehungsweise Diversität bedeutet und wie man damit umgeht. Eine Charta zu unterzeichnen, reicht allein nicht aus, genauso wenig wie eine inklusive Personalpolitik. Vielfalt muss ganzheitlich gelebt werden, nicht nur an der Oberfläche. Viele Organisationen haben das inzwischen erkannt und dafür eigene Diversity-Managerinnen oder -Manager eingestellt, um mithilfe von individuell auf die Firma abgestimmten Diversity-Strategien Vielfalt einzuführen oder zu stärken.

Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes  bietet Unternehmen Instrumente an, ihre Gleichbehandlungsstandards zu überprüfen. Außerdem unterstützt Sie unter anderem Beschäftigte im Fall einer Diskriminierung oder sexuellen Belästigung.

Studie zeigt Diversitätsstillstand bei Unternehmen

In Sachen Diversity bei deutschen Unternehmen herrschen weitestgehend Stillstand, Versäumnisse und Ignoranz, so die Ergebnisse des „German Diversity Monitor 2021“. Im Gegenzug werden Chancengerechtigkeit, Diversität und Inklusion immer intensiver eingefordert, denn das Thema Diversity sei pandemiebedingt deutlich stärker in den Fokus der breiten Öffentlichkeit gerückt. Zu erkennen seien zudem deutliche Unterschiede zwischen den Diversitätsdimensionen:

Geschlecht und geschlechtliche Identität: Trotz gesetzlicher Mindestanforderung bleiben DAX-Vorstände nach wie vor männlich.  

Sexuelle Orientierung: Die Regenbogenfahnen werden zwar vielerorts fleißig geschwenkt, die tatsächliche Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung – vor allem der Zielgruppe der LGBTQI+-Community – bleibt jedoch weit hinter den Erwartungen zurück.  

Menschen mit Einschränkungen: Menschen mit Behinderung stehen kaum bis gar nicht im Fokus des Diversitätsengagements deutscher Unternehmen und bilden das traurige Schlusslicht bei der Diversity-Relevanz im Jahr 2021.  

Interview mit der Gleichstellungsbeauftragten

Margareta Rieck

seit 1993 beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband (Foto-Credit: Thomas Sievert)

Frau Rieck, das Thema Gleichstellung ist noch nicht in allen Köpfen gleichermaßen verankert. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie in Ihrer Rolle als Gleichstellungsbeauftragte beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband (RSGV)?

Das Thema Gleichstellung findet unterschiedliche Beachtung und stößt nicht immer auf große Euphorie. Dennoch habe ich den Eindruck, dass sich in den letzten Jahren einiges zugunsten der Gleichstellung verändert hat. Weil es gesetzgeberische Impulse, aber auch gesellschaftliche Entwicklungen gegeben hat. Ein Belächeln des Themas nehme ich nicht mehr wahr. Eine Selbstverständlichkeit ist es aber auch noch nicht geworden und das ist eine der Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.

Ich bin der Meinung, dass sich nicht nur Frauen für das Thema einsetzen sollten. Erst dann, wenn sich deutlich mehr Männer öffentlich und überzeugend für Gleichstellung und Gleichberechtigung einsetzen, werden wir einen weiteren Entwicklungsschub beobachten können. Denn diese Themen betreffen alle Geschlechter und müssen somit von allen gelebt werden.

Wo ist der RSGV in den Bereichen Diversität und Chancengleichheit schon gut unterwegs und wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Besser geht natürlich immer, aber über unsere Frauenförderpläne und unseren aktuellen Gleichstellungsplan ist der RSGV in puncto Chancengleichheit gut aufgestellt. Das Thema Diversität hingegen ist noch nicht lange auf unserer Agenda; zurzeit befinden wir uns diesbezüglich in einer Analysephase.

Frauen beruflich zu fördern, ist eine ihrer Aufgaben. Welche Fördermöglichkeiten können Sie anbieten? Welche Anreize gibt es zum Beispiel für Mütter, in Vollzeit zu bleiben?

Der RSGV hat eine flache Hierarchie und eine sehr geringe Fluktuation. Daraus folgt, dass es ausgesprochen wenige Karrierepositionen im Sinne von Leitungsfunktionen gibt, auf die sich Kolleginnen bewerben könnten. Stattdessen haben wir in unserem aktuellen Gleichstellungsplan das Thema der Sichtbarkeit priorisiert. Auch wenn es zum Beispiel keine freie Führungsposition gibt, leiten einige Kolleginnen eigenverantwortlich Projekte. Durch diese Rolle erhalten sie eine andere Sichtbarkeit, sammeln wichtige Erfahrungen und vernetzen sich untereinander ganz anders. In einer Welt des agilen Arbeitens mit wegfallenden Hierarchieebenen ist in dem Zusammenhang nicht zu unterschätzen, welche emanzipatorische Dynamik daraus entstehen kann.

Darüber hinaus wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf / Karriere im RSGV besonders gelebt. Grundsätzlich wird immer versucht, den Müttern die Arbeitszeit zu ermöglichen, die sie sich wünschen. In Vollzeit oder auch vollzeitnah zu arbeiten, wird zunehmend durch mobiles Arbeiten möglich.

Denken schlägt sich auch in der Sprache nieder. Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die sogenannte gendersensible Kommunikation?

Ich halte sie für extrem wichtig. Unsere Sprache ist ein Abbild unseres Denkens und unserer Wahrnehmungen. Sprache beeinflusst die Gesellschaft, gesellschaftliche Entwicklungen schlagen sich wiederum in der Sprache nieder. Frauen sollten nicht mitgemeint, sondern explizit genannt werden, genau wie diverse Menschen. Wo das nicht geht, sollte geschlechtsneutral formuliert werden. Wenn Gleichberechtigung in der Sprache stattfindet, dann kann sie auch in anderen Bereichen des Lebens funktionieren.

Hand aufs Herz, was denken Sie, in welchem Jahr könnten Sie als Gleichstellungsbeauftragte ruhigen Gewissens ihr Büro räumen?

Na ja, das hängt von der Definition eines ruhigen Gewissens ab. Nein, Scherz beiseite. Ich weiß es nicht. Wie ich anfangs sagte, hat sich schon einiges getan. Aber wenn ich mir allein die faktische Zahl der Frauen in Führung anschaue, müssen noch viele Jahre veranschlagt werden.

Häufige Fragen zum Diversity Tag

Der „Deutsche Diversity-Tag“, beziehungsweise der „Tag der Vielfalt“, ist ein jährlich wiederkehrender, bundesweiter Aktionstag, der Organisationen, Mitglieder, Unterzeichner und Unterzeichnerinnen dazu aufruft, sich für vielfältige, vorurteils- und diskriminierungsfreie Arbeitsumfelder einzusetzen sowie gesellschaftliches Bewusstsein für Vielfalt zu schaffen. Er fand erstmals am 11. Juni 2013 statt. Dahinter steht die Initiative „Charta der Vielfalt“.

Der Diversity-Tag findet in Deutschland in diesem Jahr am Dienstag, 23. Mai 2023, statt.

Nach wie vor werden verschiedene Gruppen von Menschen am Arbeitsplatz oder im Bewerbungsverfahren systematisch benachteiligt. Ziel von Diversität ist es, Diskriminierungen jeglicher Art abzubauen und Chancengleichheit – und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt – zu stärken.

Unternehmen, die Vielfalt leben, tragen zum einen dazu bei, bestehende Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen abzubauen sowie Chancengleichheit herzustellen. Zum anderen geht es beim Auflösen veralteter Personalstrukturen und Ansprechen neuer Zielgruppen auch um strategische und wirtschaftliche Aspekte. Diverse Studien zeigen inzwischen, dass Unternehmen, die sich durch einen hohen Grad an Diversität auszeichnen, mit größerer Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich profitabel sind.

Neben der Erhöhung der Vielfalt ihrer Belegschaft erzielen Unternehmen die größte Wirkung, wenn sie ein Diversity Management in ihre Unternehmensstrategie integrieren und dieses Thema ganzheitlich angehen. In der Praxis sind es dann verschiedene diverse Maßnahmen – abhängig von der individuellen Unternehmenskultur –, die Arbeitgebende ergreifen, um die Ziele des Diversity Managements umzusetzen. Als zielführend gelten dabei unter anderem besonders flexible Arbeitszeitmodelle und die Umstrukturierung von Rekrutierungsprozessen, so die Personalberatung PageGroup .

Kurz gesagt geht es bei Diversity darum, die Verschiedenheiten der Menschen anzuerkennen und wertzuschätzen. Diversität im Unternehmen zu leben bedeutet, alle beruflichen Potenziale unabhängig von Geschlecht, geschlechtlicher Identität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion und Weltanschauung, körperlicher Beeinträchtigung oder sexueller Orientierung entfalten zu können.„Wenn Menschen sich am Arbeitsplatz wohlfühlen, sein können, wer sie sind, schaffen wir eine Arbeitsklima, in dem sie kreativer und innovativer sein können. Wirtschaftlich betrachtet, steigert das die Produktivität und damit den Umsatz. Gleichzeitig wird Vielfalt in der Gesellschaft immer wichtiger, gar gefordert: Vielfältige Belegschaften können sich besser auf unterschiedliche Zielgruppen einstellen und Organisationen, die auf Vielfalt setzen, haben weniger Fluktuation und gewinnen nachweisbar erfolgreicher Personal“, so die Kommunikationsleiterin der „Charta der Vielfalt, Juliane Schlei. 

Stand: 19.05.2023

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