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Schlaflose Frau aufrecht im Bett, die einen Wecker auf dem Kopf hält, während ihr Partner schläft

Wie sinnvoll ist die Zeitumstellung?

Sommer- oder Winterzeit
Die Tage werden wieder dunkler: Am 29. Oktober 2023 wird nachts die Uhr von 3 Uhr auf 2 Uhr zurückgestellt. Das ist dann die natürliche Zeit – bis am 31. März 2024 wieder die Uhren auf Sommerzeit vorgedreht werden. Lohnt der Aufwand? Ist die Zeitumstellung überhaupt noch sinnvoll?

Die Zeitumstellung wurde schon vor mehr als hundert Jahren eingeführt, um Energie zu sparen. Die Idee war: Das Tageslicht sollte besser genutzt werden können. Tatsächlich wird

  • im Sommer (wenn die Uhr eine Stunde vorgestellt wird) auch weniger Strom, insbesondere weniger Licht verbraucht,
  • dafür jedoch ab Herbst (wenn die Uhr eine Stunde zurückgestellt wird) mehr geheizt.

Der Energiespareffekt der Zeitumstellung ist deshalb seit vielen Jahren hochumstritten.

Die Zeitumstellung spart weder Strom noch Energie

Die Energiepolitik beeinflusst schon immer unser Leben – nicht erst seit 2023. Schon die Zeitumstellung war eine energiepolitische Maßnahme zum Stromsparen: erstmals im Jahre 1916. Dann wurde sie 1919 wieder abgeschafft, 1940 wieder eingeführt, 1945 wieder abgeschafft und seit 1973 in Europa allmählich wieder eingeführt. Zuletzt gab die internationale Ölkrise, der eine herbe Rezession folgte, Anlass, Energie zu sparen. Seit 1980 (damalige DDR) und 1981 (BRD) kann der Effekt der Zeitumstellung auch in Deutschland nachvollzogen werden. Bittere Erkenntnis nach mehr als vier Jahrzehnten: Die Zeitumstellung ist laut Umweltbundesamt  sinnlos. Sie „spart im Saldo keine Energie“.

Viel Aufwand für nix? Weniger Strom im Sommer, mehr Heizen im Herbst

Und auch das TAB (Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag) kam schon 2016 in seinem Bericht zu dem Schluss, dass die „Effekte für den Energieverbrauch sehr gering bzw. zu vernachlässigen sind“. Weder für Heizkosten noch für den Stromverbrauch gibt es bis heute relevante Belege. Das, was im Sommer an Strom gespart wird (laut Forschungsausschuss im Bundestag 0,2 Prozent), wird im Frühjahr und Herbst mehr verheizt. Dennoch werden Jahr für Jahr am letzten Sonntag im März (Beginn Sommerzeit) und am letzten Sonntag im Oktober (Winterzeit) die Uhren umgestellt.

  • Für das Arbeitsleben bedeutet das: Fahr- und Schichtpläne müssen umgestellt und Arbeitsabläufe angepasst werden – sei es bei der Bahn, in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder in Betrieben mit durchgehender Produktion.
  • Für private Haushalte bringt die Sommerzeit maximal dies: Ein Zwei-Personen-Haushalt kann knapp 7 Euro, ein Vier-Personen-Haushalt knapp 12 Euro Stromkosten im Jahr sparen.

Der sinkende Energieverbrauch durch weniger Strom und der wirtschaftliche Nutzen durch die Umstellung der Zeit bleiben zweifelhaft.

Unser Rat: Wie Sie im Alltag wirklich effektiv Stromkosten und den Energieverbrauch senken können, erfahren Sie in unseren Energiespartipps.

Ursprünglich: Die Normalzeit ist die Winterzeit

Die Winterzeit ist die „normale“ Zeit, die Sommerzeit ist ein Beschluss. Da es im Winter weniger Sonne und Licht gibt, produziert der Körper mehr vom Müdigkeitshormon Melatonin. Im Sommer dagegen – bei mehr Sonne und Licht – wirkt das Gute-Laune-Hormon Serotonin stärker. Dieser Hormonumschwung bringt uns schneller zum Strahlen. Deshalb (und wegen der längeren, hellen Abende) mag die Mehrheit der Deutschen die Sommerzeit – und würde am liebsten für immer das ganze Jahr über auf Sommerzeit umstellen. Bedacht werden aber sollte: Eine immerwährende Sommerzeit bringt das ganze Jahr über weniger Licht am Morgen und mehr Licht am Abend. So müssten Kinder und Jugendliche etwa sechs Wochen länger im Dunkeln zur Schule oder Erwachsene zur Arbeit gehen.

Die Sommerzeit bringt einen Mini-Jetlag

Im Grunde ist die Zeitumstellung eher eine Lichtumstellung. Nicht mehr. Der Chronobiologe Till Roenneberg spricht bei der alljährlichen Umstellung auf die Sommerzeit deshalb auch von einer „Zwangsbeglückung“ und warnt, wie andere Mediziner auch, vor den gesundheitlichen Folgen: Der Schlaf-Wach-Rhythmus wird gestört, es gibt mehr Konzentrationsstörungen, sogar eine größere Tendenz zu Stoffwechselstörungen. Weil die Menschen gegen ihre innere Uhr Leben – und viele aus dem natürlichen Takt geraten. Denn der Biorhythmus lässt sich nicht auf Knopfdruck umstellen, sondern richtet sich brav nach dem Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Ist so eine Sache, die seit Menschheitsbeginn in uns steckt. Die Folge: der soziale Jetlag (Mini-Jetlag); das ist sozusagen die Diskrepanz zwischen biologischer Innenzeit und sozialer Außenzeit.

Wir leben zu „früh“

Nirgendwo in Europa ist der soziale Jetlag so groß wie in Deutschland, wo 80 Prozent gegen ihre innere Uhr leben. Nirgendwo starten so viele Menschen übermüdet in den Tag. Das hängt unter anderem mit dem frühen Arbeits- und Schulbeginn hierzulande zusammen. Mediziner plädieren nach einem einjährigen Feldversuch an einer Schule in Bayern dafür, dass der Unterricht erst um 9 Uhr beginnt – dort hatten sich die Schüler im Durchschnitt um eine Note verbessert. So setzt zum Beispiel in der Pubertät generell ein Time-Shifting ein, das bedeutet: Jugendliche werden in dieser Phase zu Spättypen. Und daraus folgt, dass Schüler und Schülerinnen morgens in ihrer „geistigen Mitternacht“ unterrichtet werden. Laut Deutscher Gesellschaft für Schlafforschung (DGSM) gehören allgemein nicht einmal 30 Prozent der Menschen zu den Frühtypen, den sogenannten Lerchen.

Doch in Deutschland tickt der Alltag immer noch wie vor 100 Jahren, als die Landwirtschaft den Takt vorgab und die Bürozeiten den Frühtypen angepasst waren. Erbarmungslos schlägt die soziale Uhr. Ungeachtet dessen, dass heute die Geschäfte viel länger geöffnet haben, die Erreichbarkeit sich völlig verschoben hat und wir längst eine 24-Stunden-Gesellschaft sind.

Europa kann sich nicht einigen

Pro Längengrad ändert sich die Ortszeit um 4 Minuten.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts gab es hierzulande fünf verschiedene Zeitzonen:

  • War es beispielsweise in Berlin 12.27 Uhr, 
  • war es in München erst 12.20 Uhr, 
  • in Stuttgart erst 12.10 Uhr
  •  und in Düsseldorf schlug es sogar erst 12.00 Uhr.

Noch größere Unterschiede gibt es in Europa mit den deutlich unterschiedlichen Zeitzonen: von westeuropäischer bis osteuropäischer Zeit.

Zwar beschloss das EU-Parlament 2019, dass die Zeitumstellung bis 2021 endgültig abgeschafft werden soll, aber die 28 Mitgliedsländer mit ihren Zeitzonen können keine faire Lösung für alle Staaten ausmachen:

  • So würde bei ewiger Sommerzeit die Sonne in Spanien im Winter erst gegen 9.30 Uhr aufgehen,
  • während in Polen bei ewiger Winterzeit die Sonne im Sommer schon um 3 Uhr aufgehen würde.

Das macht es so schwierig, eine einheitliche Regelung für Europa zu finden, die jedem Land gerecht wird.

Wird die Zeitumstellung abgeschafft?

Allein in Deutschland sprachen sich im März 2022 laut DAK-Umfrage, 72 Prozent dafür aus, dass die Umstellung abgeschafft wird. Sie finden sie überflüssig. Das bedeutet nicht, dass sie sich gegen die mitteleuropäische Sommerzeit oder für die normale Winterzeit entschieden haben – aber es zeigt deutlich, wie leid es die Menschen sind, alljährlich ihren Rhythmus ändern zu müssen.

Uhren umstellen – die gleiche Prozedur wie jedes Jahr

Zweimal im Jahr wird uns einiges im Haushalt abverlangt, dann ist Uhrenumstellungsmarathon – jedenfalls für alle Geräte, die das Impulssignal der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) aus Braunschweig nicht erreicht. Per Hand geht es dann an analoge Armbanduhren, Wanduhren, Wecker – manchmal noch an Backöfen, Mikrowellen, DVD-Player, Fußbodenheizungen, Telefone, Alarmanlagen, Videokameras, Bewegungsmelder, Zeitschaltuhren und vorm Haus ins Auto.

36 Minuten Sonnenunterschied in Deutschland

Und die Sonne? Geht auf und unter wie immer. In Deutschland geht sie bis heute im östlichsten Osten (wie in Görlitz) immer noch 36 Minuten früher unter als im westlichsten Westen (wie in Aachen). Deshalb gehen die Menschen in Ostdeutschland im Durchschnitt eine halbe Stunde  früher ins Bett als im Westen . Daran kann auch die regulierungsfreudige EU-Kommission nichts ändern.

Nur in einem sind sich alle einig: Es ist Ende Oktober – und die ersten fühlen sich schon jetzt völlig untersommert. Die Tage werden kürzer, die Abende länger. Aber, Hand aufs Herz: Manchmal kann der Abend auch der bessere Tag sein.

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Stand: 23.10.2023

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