Freiwilliger verteilt Decken und andere Spenden an ukrainische Flüchtlinge in einen Zelt.

Gastfreundschaft: Mit Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine das Zuhause teilen

Mietrecht, Finanzierung, Versicherung
Inzwischen sind Millionen Menschen aufgrund des Krieges in der Ukraine auf der Flucht. Auch in Deutschland kommen derzeit täglich Tausende Kriegsgeflüchtete an. Hilfsorganisationen und Kommunen haben Aufrufe für vorübergehende private Unterkünfte gestartet. Viele Bürgerinnen und Bürger hierzulande wollen helfen. Einige Aspekte sollten Sie beachten, bevor Sie Menschen bei sich aufnehmen.

Darf ich in meiner Mietwohnung geflüchtete Menschen aus der Ukraine aufnehmen?

Ja, das ist grundsätzlich möglich. Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine – dazu gehören ukrainische Staatsbürgerinnen und -bürger sowie alle anderen Menschen, die sich bei Kriegsbeginn in der Ukraine aufgehalten haben, müssen kein Asylverfahren durchlaufen, sondern erhalten bei der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis für bis zu 90 Tage. Sie müssen daher nicht zuerst in eine Erstaufnahmeeinrichtung, sondern können genauso gut privat unterkommen. Nehmen Sie Kriegsgeflüchtete auf, gelten diese in Ihrer Mietwohnung – zeitlich begrenzt – als Ihre Besucherinnen und Besucher.

Muss ich meinen Vermieter oder meine Vermieterin darüber informieren, dass ich Kriegsgeflüchtete aufnehme?

Kurzaufenthalt: Wenn Sie in einer Mietwohnung leben, dürfen Sie Kriegsgeflüchtete in der Regel für bis zu acht Wochen aufnehmen, ohne Ihren Vermieter oder Ihre Vermieterin davon in Kenntnis setzen zu müssen. Dieser Zeitraum gilt in jedem Fall als erlaubnisfreier Besuch, denn Sie allein entscheiden, ob, wann und wen Sie in Ihren vier Wänden empfangen, teilt der Deutsche Mieterbund mit.

Längerer Aufenthalt: Wollen Sie die Kriegsgeflüchtete über diesen Zeitraum hinaus bei sich beherbergen, sollten Sie Ihren Vermieter oder Ihre Vermieterin um Erlaubnis bitten, ansonsten riskieren Sie eine Kündigung des Mietvertrages. Es gibt keine Formvorgabe für diese Anfrage, aus Beweisgründen empfiehlt es sich, diese schriftlich zu stellen.

Liegt kein triftiger Grund für eine Ablehnung vor und gilt die Wohnung durch die Aufnahme von Kriegsgeflüchteten nicht dauerhaft als überbelegt, sollten Vermietende nach Ansicht des Mieterbunds die Erlaubnis erteilen. Humanitäre Interessen der Mieterinnen beziehungsweise Mieter reichten in der Regel aus, um eine Zustimmung zu erhalten, Kriegsgeflüchtete für längere Zeit in einer Mietwohnung aufzunehmen.

Höchstrichterlich sei das allerdings noch nicht entschieden und würde von den Gerichten unterschiedlich bewertet werden, so der Mieterbund.

Darf ich Kinder und Jugendliche aufnehmen?

Für die Aufnahme unbegleiteter Kinder und Jugendlicher ist das örtliche Jugendamt zuständig, da für sie spezielle Schutzvorschriften gelten. Bitte melden Sie sich in einem solchen Fall umgehend bei Ihrem zuständigen Amt.

An wen kann ich mich wenden, wenn ich Wohnraum oder Betten zur Verfügung stellen will?

Die in Deutschland ankommenden Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine, die nicht bei Freunden oder Familie unterkommen, werden bundesweit verteilt. Sie werden zunächst einem Bundesland und dann einem Kreis verbindlich zugewiesen.

Zuständig für die Unterbringung sind neben den Länderaufnahmeeinrichtungen die Kommunen.

Haben Sie ein freies Zimmer oder Wohnraum zur Verfügung, können Sie diese inzwischen für etliche Städte auf deren Websites eintragen. Sie können auch bei der jeweiligen Stadt- oder Kreisverwaltung nachfragen, wer in diesen Fällen zuständig ist.

Oft ist das örtliche Sozialamt des Kreises oder der Stadt für die Unterkünfte der Kriegsgeflüchteten zuständig.

Wie sieht es mit medizinischer Versorgung aus und wer würde die Kosten tragen?

In dringenden gesundheitlichen Fällen können sich Kriegsgeflüchtete an die Rettungsstellen in den Krankenhäusern oder an den ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden.

Ansonsten haben Geflüchtete bei medizinischer Hilfsbedürftigkeit – zum Beispiel bei einer akuten Erkrankung, Schmerzen oder Versorgung für Schwangere – zunächst Anspruch auf die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Basisversorgung einschließlich der notwendigen Arznei- und Verbandmittel nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Auch Unterstützungsangebote bei psychischer Belastung sind vorgesehen.

Kriegsgeflüchtete sollten sich für die Inanspruchnahme von Leistungen als Kriegsgeflüchtete registrieren lassen. Das kann beispielsweise bei der Polizei, einer Ausländerbehörde oder Aufnahmeeinrichtung geschehen. Informationen dazu gibt es auf den Seiten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge  (BAMF).

Bei Fragen zur medizinischen Versorgung können Sie sich an das örtliche Sozialamt, die Ausländerbehörde oder die Bundesärztekammer wenden.

Coronavirus

Testen: Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine haben laut Testverordnung grundsätzlich Anspruch auf einen PoC-Antigen-Test. Für den Bürgertest ist in der Regel ein amtlicher Lichtbildausweis zum Nachweis der Identität vorzulegen.

Da Kriegsgeflüchtete aus den Kriegsgebieten unter Umständen keine Ausweisdokumente besitzen, wird angesichts der aktuellen Situation ein pragmatischer Umgang mit der Identitätsfeststellung – z. B. Dokumente wie Führerschein oder digitale Nachweise – empfohlen.

Für Passersatzpapiere können sich Kriegsgeflüchtete an die zuständige Ausländerbehörde oder Polizei wenden.

Impfen: Ukrainische Kriegsgeflüchtete können sich in Deutschland gegen das Coronavirus impfen lassen. Laut Corona-Impfverordnung (§ 1 Absatz 1) haben auch Personen ohne Krankenversicherung Anspruch auf die Schutzimpfung.

Eine Voraussetzung dafür ist, dass sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben. In den Fällen der ukrainischen Geflüchteten ist von der Voraussetzung des „gewöhnlichen Aufenthalts“ auszugehen.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat einen Leitfaden zur Corona-Schutzimpfung  in ukrainischer Sprache  bereitgestellt. 

Gibt es staatliche Unterstützung, wenn ich Geflüchtete bei mir aufnehme?

Für Menschen, die Kriegsgeflüchtete privat bei sich aufnehmen, gibt es bisher keine staatliche Unterstützung. Die meisten Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind und deren eigene Mittel nicht ausreichen, erhalten grundsätzlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – z. B. für Kosten der Unterbringung, Verpflegung oder medizinische Versorgung. Anträge dafür müssen beim Sozialamt beziehungsweise bei der Ausländerbehörde gestellt werden.

Bin ich gegen mögliche Schäden in meiner Wohnung abgesichert?

Die Gruppe der öffentlichen Versicherer setzt hier ein Zeichen der Unterstützung für alle Kriegsgeflüchteten und ihre freiwilligen Helferinnen und Helfer und hat die Deckung von Privat-Haftpflichtpolicen auf in privaten Wohnungen untergebrachte Kriegsgeflüchtete erweitert. Bei staatlicher Unterbringung kann Versicherungsschutz über den Träger der Einrichtung oder im Rahmen eines Gruppen- oder Rahmenvertrages bereitgestellt werden.

Für Schäden an der Wohneinheit und für alle Personen, die sie aufgenommen haben, würden Sie ansonsten als Mieterin oder Mieter in der Regel gegenüber Ihrem Vermieter oder Ihrer Vermieterin selbst haften, teilt der Mieterbund mit.

Auf was muss ich gegebenenfalls noch achten?

Seien Sie sich dessen bewusst, dass Sie Menschen bei sich aufnehmen, die vor einem Krieg geflohen sind und möglicherweise Traumatisches erlebt haben. Ihr Wohnraum sollte der Situation entsprechen und Möglichkeiten für Ruhe bieten. Die Kriegsgeflüchteten werden unterschiedliche Bedürfnisse haben und darauf hoffen, so schnell wie möglich in ihr Land zurückkehren zu können. Viele suchen kein neues Zuhause, sondern lediglich einen friedlichen Platz zum Wohnen. Erwarten Sie nicht zu viel von diesen Menschen.

Es gibt diverse Vermittlungsplattformen, die dabei helfen, dass Ihre Wohnsituation zu den jeweiligen Kriegsgeflüchteten passt.

Das BAMF empfiehlt für Helfende den Leitfaden „Traumasensibler und empowernder Umgang mit Geflüchteten“ .

Aufgrund von Sprachbarrieren kann es zudem zu Verständigungsproblemen kommen.

Haben Sie im Blick, dass Ihre Nebenkosten durch das Mehr an Personen bei längeren Aufenthalten steigen werden und Sie diese im Zweifel nach wie vor stemmen können.

Wir befinden uns immer noch in einer Pandemie mit sehr hohen Inzidenzzahlen. Denken Sie an die erforderlichen Corona-Schutzmaßnahmen wie Tests, bevor Sie Leute bei sich aufnehmen.

Bestimmte Corona-Impfstoffe sind in Deutschland nicht zugelassen. Darunter können auch solche sein, mit denen Kriegsgeflüchtete geimpft wurden. Das hat hierzulande unter anderem Auswirkungen auf die 3G/2G-Regelungen, da diese Personen als ungeimpft gelten.

An wen kann ich mich wenden, wenn ich Flüchtlinge aufnehmen möchte?

Es gibt zum einen zentrale Stellen bei Ländern und Kommunen. Schauen Sie am besten auf den Webseiten Ihres Bundeslandes oder Ihrer Heimatstadt nach passenden Angeboten. Zum anderen bieten private Hilfsorganisationen und Vermittlungsplattformen Unterstützung an, zum Beispiel #UnterkunftUkraine, Elinor oder Wunderflats.

Auf den Webseiten der Städte und Länder, dem BAMF, auf den Seiten der Bundesregierung, bei den Ärztekammern, Sozialämtern oder Ausländerbehörden finden Sie umfangreiches Infomaterial für Helfende und Kriegsgeflüchtete.

Stand: 16.03.2022

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